Beteiligte

Klägerin und Revisionsbeklagte

Beklagte und Revisionsklägerin

1.… Revisionsklägerin, 2.…3.…4.…

 

Tatbestand

I

Streitig ist die Vergütung für Beratungsleistungen bei ambulanten Notfallbehandlungen in Krankenhäusern.

Die klagende Stadt ist Trägerin des Städtischen Klinikums, in dem im Rahmen der ambulanten Notfallbehandlung Leistungen gegenüber Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen erbracht werden. Ermächtigungen zur ambulanten Versorgung der Versicherten bestehen hierfür nicht.

Die beklagte Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) berichtigte die Honoraranforderungen der Klägerin für die Notfallbehandlungen der Quartale IV/88 bis IV/89 u.a. insoweit, als sie die angesetzten Leistungen nach Nrn. 5 und 6 des Bewertungsmaßstabes für kassenärztliche Leistungen (BMÄ) in solche nach Nr. 4 BMÄ und die Leistungen nach Nrn. 2 und 3 BMÄ in solche nach Nr. 1 BMÄ umwandelte. Sie berief sich dabei auf die mit den Landesverbänden der Primärkassen geschlossenen Gesamtverträge, wonach bei Notfallbehandlungen durch Krankenhäuser die - höher bewerteten - Beratungsgebühren nach den Nrn. 2, 3, 5 und 6 BMÄ nicht berechnet werden könnten (Bescheide der Beklagten vom 17. April, 14. Juli und 23. Oktober 1989, jeweils in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 30. Januar 1990, Bescheid vom 15. Januar 1990 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Mai 1990 und Bescheid vom 27. April 1990 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Juli 1990).

Während das Sozialgericht (SG) die Klage abgewiesen hat (Urteil vom 30. Oktober 1993), hat das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen auf die Berufung der Klägerin das Urteil des SG und die angefochtenen Bescheide aufgehoben (Urteil vom 7. Dezember 1994). Zur Begründung hat es ausgeführt, die Bestimmungen in § 2 Abs. 2 der zwischen der Beklagten und den Landesverbänden der Primärkassen geschlossenen Gesamtverträge über den Ausschluß der Abrechenbarkeit bestimmter Beratungsgebühren bei Notfallbehandlungen in Krankenhäusern verstießen gegen höherrangiges Recht. Die Vorschriften über die Regelung der Gesamtvergütung durch Gesamtverträge (§ 368f Abs. 2 Reichsversicherungsordnung [RVO]; § 85 Abs. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB V]) gestatteten es den Parteien des Gesamtvertrages nicht, in das für die Berechnung der Vergütung von Notfallbehandlungen maßgebliche Regelungssystem des BMÄ einzugreifen. Sie könnten sich zwar für eines der vorgegebenen Vergütungssysteme zur Berechnung der Gesamtvergütung entscheiden, seien aber nicht berechtigt, das Vergütungssystem - hier den BMÄ - als solches zu verändern. Für diese Beschränkung ihrer Befugnis spreche auch das Verhältnis zwischen den Gesamtverträgen einerseits und dem dem BMÄ zugrundeliegenden Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM), der kraft gesetzlicher Regelung Bestandteil des Bundesmantelvertrages-Ärzte (BMV-Ä) sei. Den Parteien der Gesamtverträge stünde eine eigenständige Regelungskompetenz jedoch nur für diejenigen Sachverhalte zu, die in dem BMV-Ä nicht abschließend geregelt worden sei. Das treffe auf die Vergütung von Notfallbehandlungen nicht zu. Im übrigen schlössen weder die Allgemeinen Bestimmungen des BMÄ noch die Leistungsdefinitionen der fraglichen Leistungen ihre Abrechenbarkeit bei in Krankenhäusern erbrachten ambulanten Notfallbehandlungen aus.

Die Beklagte und die zu 1) beigeladene AOK Niedersachsen haben die vom LSG zugelassene Revision eingelegt.

Die Beklagte macht geltend, das LSG habe verkannt, daß eine absolute Bindung der Gesamtvertragsparteien an den EBM nicht bestehe. Dies ergebe sich schon daraus, daß es sich bei der vereinbarten Vergütung wegen der vertraglich vorgesehenen Quotierung nicht um eine reine Einzelleistungsvergütung, sondern um eine Vergütung nach einem Mischsystem handele. Darüber hinaus sei der EBM lediglich "zu berücksichtigen" (§ 368f Abs. 2 RVO) bzw. "als Grundlage" (§ 85 Abs. 2 SGB V) heranzuziehen, so daß die Parteien des Gesamtvertrages nicht gehindert seien, bestimmte Leistungspositionen von der Abrechnungsfähigkeit auszuschließen. Weiter hätte beachtet werden müssen, daß die gesamtvertraglichen Regelungen durch eine Bezugnahme im Honorarverteilungsmaßstab (HVM) zu dessen Bestandteil geworden seien, der HVM aber nicht an die Vorgaben des § 85 Abs. 2 SGB V gebunden sei. Die Klägerin hätte im übrigen gegen die von ihr behauptete Rechtswidrigkeit der angesprochenen gesamtvertraglichen Regelung im Wege der Feststellungsklage vorgehen müssen. Die Vergütung der erhöhten Beratungsgebühren würde eine entsprechende HVM-Ergänzung durch Beschluß der Vertreterversammlung erforderlich machen. Es sei nicht zu erwarten, daß die Vertreterversammlung nachträglich eine HVM-Ergänzung zugunsten der Klägerin vornehmen werde. In diesem Zusammenhang sei zu berücksichtigen, daß im Ersatzkassenbereich eine einschlägige gesamtvertragliche Regelung nicht habe erreicht werden können. Da sie, die Beklagte, jedoch von der Notwendigkeit und Sachgemäßheit des Ausschlusses der erhöhten Beratungsgebühren ausgehe, habe sie hier den Abrechnungsausschluß durch § 3 Abs. 2 des HVM-Ersatzkassen bei der Honorarverteilung festgelegt. Die getroffene Regelung stelle sich als eine sachlich gerechtfertigte Differenzierung im Verhältnis zur Praxis des niedergelassenen Vertragsarztes dar. Bei den Krankenhäusern handele es sich um stationäre Einrichtungen mit der regulären Aufgabe, für die stationären Fälle einen ärztlichen Bereitschaftsdienst vorzuhalten. Dieser sei somit ohnehin vorhanden und rechtfertige im Gegensatz zur Tätigkeit des niedergelassenen Arztes mit seiner regulären Trennung zwischen Praxis- und Freizeit nicht den Ansatz der erhöhten Beratungsgebühren. Schließlich ergebe sich aus einer Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 1. Februar 1995 - 6 RKa 27/93 -, daß Regelungen in einem HVM, durch die die Abrechnungsfähigkeit bestimmter Leistungen für Vertragsärzte ausgeschlossen werde, nicht gegen den EBM verstießen.

Die Beigeladene zu 1) teilt die Auffassung der Beklagten und trägt ergänzend vor: Entgegen der Auffassung des LSG verletze § 2 Abs. 2 der Gesamtverträge nicht § 85 Abs. 2 SGB V. Die Vorschrift enthalte eine Öffnungsklausel für weitere Berechnungsarten der Gesamtvergütung, die es gestatte, auch Differenzmodelle der vorliegenden Art zu verwenden. Des weiteren regele der BMV-Ä nicht, wie Notfalleistungen bei Krankenhäusern abzurechnen seien. Diese Regelungslücke habe von den Parteien des Gesamtvertrages ausgefüllt werden können. Schließlich verkenne das Berufungsurteil den Zusammenhang zwischen Gesamtvergütung und Honorarverteilung. Insoweit bestehe ein Abhängigkeitsverhältnis, das dazu führe, daß die Beklagte nur den Betrag verteilen könne, den sie von den Krankenkassen erhalten habe. Die Klägerin könne daher keine Vergütung für die von ihr angesetzten Leistungen nach den Nrn. 2, 3, 5 und 6 BMÄ verlangen.

Die Beklagte und die Beigeladene zu 1) beantragen,

das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 7. Dezember 1994 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 20. Oktober 1993 zurückzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Revisionen zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Ergänzend weist sie darauf hin, daß entgegen der Auffassung der Beklagten die Abrechnung der Leistungen nach Einzelleistungen erfolge, wobei nur die Höhe der Vergütungssätze streitig sei. Die von der Beklagten angesprochene Entscheidung des BSG vom 1. Februar 1995 stütze die Revision nicht, da - anders als für die belegärztliche Tätigkeit - für die Vergütung der Notfallbehandlung in Krankenhäusern ein gesetzlicher Auftrag an die Gesamtvertragsparteien nicht vorhanden sei. Nach der Rechtsprechung des BSG sei die Notfallbehandlung von Versicherten der Primär- und Ersatzkassen als Bestandteil der kassen-/vertragsärztlichen Versorgung grundsätzlich mit 100% der maßgeblichen Gebührensätze für die jeweilige Leistung zu vergüten, wobei im Bereich der institutionellen Leistungserbringer ein 10%iger Investitionskostenabschlag analog § 120 Abs. 3 SGB V in Abzug gebracht werden könne. Gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 SGB V sei in den dreiseitigen Verträgen zwischen Krankenkassen, Krankenhäusern und Vertragsärzten auch die Zusammenarbeit bei der Gestaltung und Durchführung eines ständig einsatzbereiten Notdienstes zu regeln. Im Rahmen dieser Verträge könnten auch Vergütungsregelungen getroffen werden, die sich nur auf die zugelassenen Krankenhäuser als Teil der Nothelfer bezögen. Wenn der Selbstverwaltung der Krankenkassen, Krankenhäuser und Vertragsärzte eine derartige Kompetenz eingeräumt sei, sei daraus zu schließen, daß der Bereich der Notfallbehandlung durch Krankenhäuser der Regelung durch die Partner der Gesamtverträge entzogen sei. Die fraglichen Bestimmungen der Gesamtverträge erwiesen sich somit als rechtswidrig, einerseits als Verträge zu Lasten Dritter, andererseits wegen der Umgehung des § 115 SGB V. Ungeachtet dessen fehle es für den Ausschluß der Berechnungsfähigkeit der erhöhten Beratungsleistungen an sachlichen Gründen. So habe das LSG zutreffend dargelegt, daß der Dienst in der Krankenhausambulanz zur Nachtzeit keine Sprechstunde darstelle und es nicht darauf ankomme, daß der Krankenhausarzt an Samstagen, Sonntagen und Feiertagen schon für die Versorgung der stationären Patienten zur Verfügung stehe.

Der Beigeladene zu 3) schließt sich den Ausführungen der Beklagten sowie der Beigeladenen zu 1) an. Die Beigeladene zu 4) bezieht sich auf die Begründung der Beklagten.

II

Die Revisionen der Beklagten und der Beigeladenen zu 1) sind nicht begründet. Die Entscheidung des Berufungsgerichts hält der Überprüfung stand.

Der Zulässigkeit der Klage steht nicht entgegen, daß die Klägerin gegen die einen Teil der Vergütung versagenden Bescheide der Beklagten allein die Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]) erhoben hat. Das Begehren der Klägerin war, wie ihrem gesamten Vorbringen zu entnehmen ist, von Beginn an nicht nur auf Aufhebung der belastenden Teile der Honorarbescheide gerichtet; sie erstrebt vielmehr die Vergütung der von ihr als vergütungsfähig geltend gemachten Leistungen, so daß an sich die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage die zutreffende Klageart gewesen wäre. Demgegenüber haben das SG - und ihm folgend das LSG - den schriftsätzlich gestellten Antrag der Klägerin auf Verurteilung zur Zahlung der streitigen Vergütungen nicht berücksichtigt und die Klage als reine Anfechtungsklage aufgefaßt, ohne zu beachten, daß der Klägerin gegenüber zuvor noch kein (begünstigender) Verwaltungsakt über ihre Honoraranforderung erteilt worden war, mithin die Stellung eines Leistungsantrags geboten gewesen wäre. Einer ausdrücklichen Verurteilung der Beklagten zur Leistung bedarf es indessen nicht. Die Beklagte ist gehalten, dem Anspruch der Klägerin, der einem für sie positiven Anfechtungsurteil zugrunde liegt, Rechnung zu tragen.

Die Beklagte hat ihre Entscheidung über die sachlich-rechnerische Berichtigung bezüglich der erhöhten Beratungsleistungen allein auf die Bestimmung des § 2 Abs. 2 der insoweit übereinstimmenden Gesamtverträge gestützt, die sie mit Wirkung vom 1. Oktober 1987 mit den zu 1) bis 4) beigeladenen Landesverbänden der Krankenkassen bzw. Krankenkassen geschlossen hat. Diese Vorschrift ist jedoch wegen eines Verstoßes gegen höherrangiges Recht nichtig, so daß die darauf beruhenden Bescheide rechtswidrig sind.

§ 2 Abs. 2 a.a.O. regelt zum einen in Satz 1, daß die von Nichtkassenärzten in Notfällen ausgeführten Leistungen nach den Bestimmungen des Gesamtvertrages berechnet werden. Zum anderen wird in Satz 2 a.a.O. die Berechnungsfähigkeit der Beratungsgebühren nach den Nrn. 2, 3, 5 oder 6 BMÄ ausgeschlossen, soweit es sich um Notfallbehandlungen durch Krankenhäuser handelt.

Die Partner der Gesamtverträge sind grundsätzlich befugt, auch Regelungen über die Vergütung von Notfallbehandlungen durch nicht an der kassenärztlichen (ab 1. Januar 1993 einheitlich: vertragsärztlichen) Versorgung teilnehmende Ärzte bzw. Krankenhäuser zu treffen; denn die Vergütung der an der kassenärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und ärztlich geleiteten Einrichtungen sind von den Landesverbänden der Krankenkassen mit den KÄVen durch Gesamtverträge zu regeln (für den Rechtszustand bis zum 31. Dezember 1988 vgl. § 368f Abs. 1, 2 RVO; für den Rechtszustand ab 1. Januar 1989: § 82 Abs. 2 SGB V i.d.F. des Gesundheits-Reformgesetzes [GRG] vom 20. Dezember 1988 - BGBl. I 2477). Der kassenärztlichen Versorgung in diesem Sinne zuzurechnen ist auch die Versorgung der Versicherten in den Fällen des § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V - also bei Notfällen - durch Nichtkassenärzte bzw. nicht zur Teilnahme an der kassenärztlichen Versorgung ermächtigte Krankenhäuser. Die Vergütung der ambulanten Notfallbehandlungen in Krankenhäusern fällt dagegen nicht in den Bereich, der gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 SGB V der Regelung durch dreiseitige Verträge zwischen Krankenkassen, Krankenhäusern und Vertragsärzten zugewiesen ist. Die Vorschrift bestimmt, daß die zwischen den in § 115 Abs. 1 SGB V genannten Institutionen zu schließenden Verträge auch die Zusammenarbeit bei der Gestaltung und Durchführung eines ständig einsatzbereiten Notdienstes regeln. § 115 Abs. 2 Nr. 3 SGB V bezieht sich seinem Sinn und Zweck nach auf die organisatorische Ausgestaltung eines Notdienstes unter Einbeziehung der Krankenhäuser (Hess in Kasseler Komm, § 115 SGB V Rdnr. 7), nicht jedoch auf die Vergütung der hierbei anfallenden Leistungen.

Da die durch die genannten Ärzte bzw. Einrichtungen vorgenommenen Notfallbehandlungen Bestandteil der kassenärztlichen Versorgung sind, ergibt sich auch der Vergütungsanspruch dem Grunde und der Höhe nach aus diesem System. Er bemißt sich regelmäßig nach den vollen Sätzen der jeweils maßgebenden Gebührenordnung. Der Senat hat es dabei im Hinblick auf die Systembesonderheiten der Krankenhausfinanzierung in entsprechender Anwendung des § 120 Abs. 3 Satz 2 SGB V als gerechtfertigt angesehen, daß bei in Krankenhäusern erbrachten ambulanten Notfallbehandlungen der Vergütungsanspruch in Höhe von 100 v.H. der maßgeblichen Gebührensätze um einen Investitionskostenabschlag in Höhe von 10 v.H. gemindert wird (vgl. zu allem BSGE 75, 184, 185 = SozR 3-2500 § 120 Nr. 4, m.w.N.).

Eine darüber hinausgehende Begrenzung des sich auf bundesrechtlicher Grundlage ergebenden Vergütungsanspruchs für Notfallbehandlungen von nicht an der kassenärztlichen Versorgung beteiligten Krankenhäusern durch Regelungen in Gesamtverträgen, sei es im Wege prozentualer Abschläge oder durch Ausschluß der Abrechnungsfähigkeit bestimmter Leistungen, ist nur zulässig, soweit sie durch sachliche Gründe gerechtfertigt ist. Solche sind indessen für den hier getroffenen Ausschluß der Abrechnungsfähigkeit für Beratungsgebühren nach den Nrn. 2, 3, 5 und 6 BMÄ weder von der Beklagten noch von den Beigeladenen substantiiert dargelegt worden noch ansonsten zu erkennen. Die genannten Beratungsleistungen sind insbesondere nicht so wesensmäßig mit der kassenärztlichen Tätigkeit des niedergelassenen Arztes verbunden, daß ihre Abrechnung bei der Behandlung von ambulanten Notfallpatienten in Krankenhäusern ausgeschlossen werden kann. Die Beratungsleistungen der Nrn. 2, 3, 5 und 6 BMÄ mit ihren gegenüber der jeweiligen "Grundgebühr" nach Nr. 1 bzw. Nr. 4 BMÄ höheren Punktzahlen berücksichtigten den Umstand, daß Beratungen bzw. Beratungen mit Untersuchungen außerhalb des Zeitraumes zwischen 8.00 Uhr und 19.00 Uhr und außerhalb der Sprechstunde für den die Leistung erbringenden Arzt eine erhöhte Beeinträchtigung darstellt, mithin zu ihrer Wahrnehmung ein erhöhter persönlicher Aufwand erforderlich ist. Unter diesem Gesichtspunkt ist die Situation des niedergelassenen Kassenarztes mit der in Krankenhäusern vergleichbar. Auch hier erfordert die Wahrnehmung von Notfallbehandlungen in der Zeit nach 19.00 Uhr bis morgens 8.00 Uhr einen erhöhten Aufwand in mehrfacher Hinsicht. Das Krankenhaus hat einerseits Personal für die Sicherstellung der ambulanten Notfallbehandlung vorzuhalten. Andererseits bedeutet die - im Verhältnis zur üblichen Dienstbereitschaft des Krankenhauspersonals zusätzliche - Inanspruchnahme zur Nachtzeit auch für das diensttuende Personal einen erhöhten Aufwand. Entgegen der Auffassung der Revisionsklägerin kann dabei der Bereitschaftsdienst nicht mit dem Abhalten einer Sprechstunde, während der die erhöhten Beratungsleistungen nicht abgerechnet werden können, gleichgestellt werden. Die Vorhaltung des ärztlichen Bereitschaftsdienstes in den Krankenhäusern ist auf die Bedürfnisse des Krankenhauses abgestellt und dient - anders als die Sprechstunde des niedergelassenen Arztes - der Versorgung der stationären Patienten, mithin gerade nicht der ambulanten Versorgung von Notfallpatienten. Hinzu kommt, daß die bei der ambulanten Notfallbehandlung in Krankenhäusern anfallenden erhöhten Beratungsgebühren auch zu vergüten wären, wenn die Beratungsleistungen von zugelassenen Kassenärzten erbracht würden, somit zusätzliche Kosten nicht entstehen, und diese Leistungen im Krankenhaus auch nicht systembedingt gehäuft anfallen.

Der vorliegende Sachverhalt ist insoweit nicht mit den Fallgestaltungen vergleichbar, für die es der Senat als zulässig angesehen hat, daß durch Regelungen im BMÄ bzw. der E-GO die Abrechnungsfähigkeit bestimmter Besuchsleistungen, die im Rahmen des organisierten Notfalldienstes erbracht wurden, für Nichtkassenärzte ausgeschlossen wurde (BSGE 70, 240, 244 = SozR 3-5533 Allg Nr. 1; Urteile vom 1. Februar 1995 - 6 RKa 32/94 - nicht veröffentlicht - und vom 18. Oktober 1995 - 6 RKa 59/94 -, zur Veröffentlichung vorgesehen). Schließlich kann sich die Revision für die Rechtmäßigkeit der gesamtvertraglichen Regelungen nicht auf das Urteil des Senats vom 1. Februar 1995 - 6 RKa 27/93 (SozR 3-2500 § 121 Nr. 1) berufen. Im Unterschied zur hier zu entscheidenden Fragestellung beruht die rechtliche Zulässigkeit gesamtvertraglicher Regelungen der belegärztlichen Vergütung darauf, daß hierfür wegen der Besonderheiten der belegärztlichen Tätigkeit sachliche Gründe gegeben waren.

Die Klägerin hat nach allem einen Anspruch auf Vergütung der von ihr insoweit zu Recht angesetzten Leistungen. Soweit die Beklagte demgegenüber geltend machen will, daß ihr für die nachträgliche Vergütung der von der Klägerin erbrachten Leistungen keine Mittel mehr zur Verfügung stünden, ist dies rechtlich nicht erheblich. Die Beklagte verkennt, daß sie das Risiko rechtswidriger Normsetzung durch Abschluß der Gesamtverträge mit den Krankenkassen bzw. Landesverbänden der Krankenkassen nicht auf die betroffenen Leistungserbringer abwälzen kann.

Nach allem waren die Revisionen der Beklagten und der Beigeladenen zu 1) zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.6 RKa 25/95

BUNDESSOZIALGERICHT

 

Fundstellen

Dokument-Index HI518830

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