Die Vertretung erkrankter Mitarbeiter stellt einen anerkannten Befristungsgrund dar, für den die Ausführungen unter Punkt 5.2.4.1 gelten. In einer Entscheidung vom 29.6.2011 hat das BAG die Krankheitsvertretung als Fall einer "auflösenden Bedingung" betrachtet, für die jedoch die gleichen Grundsätze wie für die Zweckbefristung gelten.[107a]

Folgende Besonderheiten sind jedoch zu beachten:

Auch bei wiederholten Befristungen kann der Arbeitgeber im Regelfall von der Rückkehr der Stammkraft auf seinen Arbeitsplatz ausgehen. Dies gilt insbesondere im Fall einer Krankheitsvertretung.[2]

Eine wiederholte Befristung zur Vertretung kann ausnahmsweise sachwidrig sein, wenn sich dem Arbeitgeber nach dem objektiven Geschehensablauf im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses "erhebliche" Zweifel daran aufdrängen müssen, ob der zu vertretende Mitarbeiter seine Tätigkeit überhaupt wieder aufnehmen wird.[3]

Nur dann, wenn der Arbeitgeber positiv weiß oder aufgrund besonderer Umstände erhebliche Zweifel hat, ob der Vertretene auf seinen Arbeitsplatz zurückkehren wird, kann dies dafür sprechen, dass der Sachgrund der Vertretung für die Befristung des Arbeitsverhältnisses nur vorgeschoben ist.[4]

Zuletzt hat das BAG die Rechtsprechung dahingehend präzisiert, dass der Arbeitgeber grundsätzlich mit der Rückkehr der Stammkraft rechnen muss und darf. Etwas anderes gelte nur, wenn der zu vertretende Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitnehmer bereits vor dem Abschluss des Arbeitsvertrags mit der Vertretungskraft "verbindlich erklärt" hat, dass er die Arbeit nicht wieder aufnehmen werde. Eine unverbindliche Ankündigung reicht nicht.[5]

 
Praxis-Tipp

Im Regelfall wird sich bei einer nicht unerheblichen Erkrankung eines fest angestellten Arbeitnehmers nicht absehen lassen, welche Dauer die Krankheit haben wird. Grundsätzlich ist es demnach angemessen, eine Zweckbefristung zu vereinbaren. Meldet sich der erkrankte Mitarbeiter kurzfristig beim Arbeitgeber zurück, so muss der Arbeitgeber die Vertretung für die Dauer der Auslauffrist weiterbeschäftigen, obwohl der Vertretungsbedarf nicht mehr besteht.

Vereinbart der Arbeitgeber mit einem zur Vertretung eingestellten Arbeitnehmer, dass das Arbeitsverhältnis mit der Wiederaufnahme der Arbeit durch den vertretenen Mitarbeiter enden soll, so liegt hierin in aller Regel nicht zugleich die Vereinbarung, dass das Arbeitsverhältnis auch dann enden soll, wenn der vertretene Mitarbeiter vor Wiederaufnahme seiner Tätigkeit aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet.[6]

Der Sachgrund der Vertretung rechtfertigt für sich allein in aller Regel nicht die Befristung des Arbeitsvertrags mit dem Vertreter bis zum Ausscheiden des Vertretenen aus seinem Beschäftigungsverhältnis. Denn allein durch das Ausscheiden wird der Bedarf des Arbeitgebers an der Verrichtung der früher vom Vertretenen und jetzt vom Vertreter ausgeübten Tätigkeiten nicht zeitlich begrenzt.[7]

Anders kann es indes bei Hinzutreten weiterer Umstände sein, etwa wenn sich der Arbeitgeber bereits im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses entschlossen hatte, den Arbeitsplatz des Vertretenen nach dessen Ausscheiden nicht mehr zu besetzen oder (im öffentlichen Dienst) schon zu diesem Zeitpunkt die Streichung der Stelle für den Fall des Ausscheidens des Vertretenen haushaltsrechtlich verbindlich vorgeschrieben bzw. aufgrund konkreter Anhaltspunkte zu erwarten war.[8]

In Betracht kommt auch, dass der Arbeitgeber den Vertreter aufgrund konkreter beim Vertragsschluss vorliegender Anhaltspunkte zwar als zeitweilige Aushilfe, nicht aber als Dauerbesetzung des Arbeitsplatzes für geeignet hält und deshalb den Arbeitsplatz im Falle des Ausscheidens des eigentlichen Inhabers anderweitig besetzen will.[9]

Befristet man den Vertrag lediglich mit der Formulierung "… bis zur Rückkehr des Erkrankten an seinen Arbeitsplatz …", so entstehen Probleme für den Fall, in dem der vertretene Mitarbeiter aufgrund der Krankheit ausscheidet. Für die Besetzung eines Dauerarbeitsplatzes ist möglicherweise eine intensivere Personalauswahl als bei einer nur vorübergehend tätig werdenden Vertretung nötig.

 
Praxis-Tipp

Um dem Problem aus dem Weg zu gehen, wird formuliert: Die Zeitarbeitskraft wird eingestellt zur Vertretung des erkrankten Arbeitnehmers XY. Das Arbeitsverhältnis endet an dem Tag, an dem der Arbeitnehmer XY an seinen Arbeitsplatz zurückkehrt bzw. ausscheidet, automatisch, ohne dass es einer Kündigung bedarf. Im Fall der dauerhaften Besetzung des Arbeitsplatzes behält sich der Arbeitgeber eine Ausschreibung der Stelle zum Zweck der Eignungsprüfung vor.

Sinnvoll ist es, in Fällen der Vertretung eines erkrankten Beschäftigten, eine Zweckbefristung/auflösende Bedingung mit einer Zeitbefristung zu kombinieren.

 
Praxis-Beispiel

Das Arbeitsverhältnis ist befristet für die Dauer der Erkrankung des Beschäftigten …, längstens bis 30.6.2012.

Auch wenn der Erkrankte vor Erreichen des 30.6.2012 verstirbt, kann der Arbeitnehmer zulässig bis 30.6.2012 beschäftigt werden (näher unten Ziffer 6.6).

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