Entscheidungsstichwort (Thema)

Kündigung nach Einigungsvertrag. mangelnde Eignung

 

Normenkette

Einigungsvertrag Anl. I Kap. XIX Sachgeb. A Abschn. III Nr. 1 Abs. 4 Ziff. 1

 

Verfahrensgang

Thüringer LAG (Urteil vom 23.08.1994; Aktenzeichen 5 Sa 698/93)

ArbG Suhl (Urteil vom 26.01.1993; Aktenzeichen 4 Ca 2763/92)

 

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Thüringer Landesarbeitsgerichts vom 23. August 1994 – 5 Sa 698/93 – wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer auf Anlage I Kapitel XIX Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 1 Abs. 4 Ziff. 1 Einigungsvertrag (fortan: Abs. 4 Ziff. 1 EV) gestützten ordentlichen Kündigung.

Der 1948 geborene Kläger war seit 1973 als Lehrer im Schuldienst der ehemaligen DDR beschäftigt. Er unterrichtete in den Fächern Geschichte und Staatsbürgerkunde. Von 1979 bis 1982 war er stellvertretender Direktor der Oberschule W.. Von 1980 bis 1982 übte er gleichzeitig das Amt des Parteisekretärs an dieser Schule aus. Von 1982 bis 1986 war er hauptamtlicher Mitarbeiter der SED-Kreisleitung. Im April oder Mai 1986 wurde dem Kläger in einer Kaderaussprache mitgeteilt, daß er aus der Kreisleitung ausscheide. Danach war er an der 6. POS M. wieder als Lehrer tätig, wurde aber nicht mehr als Staatsbürgerkundelehrer eingesetzt.

Im Rahmen der Überprüfung der persönlichen Eignung aller im Landesdienst beschäftigten Lehrer wurde der Kläger am 18. November 1991 vor der „Weimarkommission” angehört. Die Kommission empfahl die Kündigung des Klägers.

Mit Schreiben des Kultusministeriums vom 22. Mai 1992 kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zum 30. September 1992 wegen mangelnder persönlicher Eignung unter Hinweis auf die Tätigkeiten als Parteisekretär, Mitarbeiter der Kreisleitung, stellvertretender Direktor und als Staatsbürgerkundelehrer.

Der Kläger hat geltend gemacht, die Kündigung sei unwirksam. Er hat die Auffassung vertreten, aus den von ihm ausgeübten Funktionen lasse sich nicht herleiten, daß er für den Lehrerberuf persönlich ungeeignet sei.

Im Jahre 1985 habe bei ihm mit der „Ära Gorbatschow” ein Umdenkungsprozeß eingesetzt. Er sei zu der Überzeugung gelangt, daß in der Partei und den Medien eine offene Diskussion über Mängel und Schwierigkeiten geführt werden und die Jugend von heimlicher Bevormundung und Beaufsichtigung befreit werden müsse und daß national und international ein neues politisches Denken erforderlich sei. Diese Auffassungen habe er in der Folgezeit mit dem Ziel angewendet, durch seine Tätigkeit in der Kreisleitung Veränderungen in der Volksbildung herbeizuführen. So habe er u.a. die Meinung vertreten, in Staatsbürgerkunde müsse die tatsächliche ökonomische Realität dargestellt werden. Mehrfach habe er auf die lückenhafte Geschichtsdarstellung, z.B. Nichterwähnung des Hitler-Stalin-Paktes hingewiesen. Er habe seine unterschiedliche Auffassung bei der militärischen Nachwuchsgewinnung deutlich gemacht und hierzu vertreten, daß niemand gegen seinen Willen dienen sollte. Auch die besondere Förderung der militärischen Laufbahnbewerber habe er kritisiert. Aufgrund dieser Ansichten und seiner Kritik sei ihm in Dienstberatungen vorgehalten worden, daß er sich nicht ausreichend für die Partei eingesetzt habe. Da er seine Ansichten auch offen in den Mitgliederversammlungen der Kreisleitung vertreten habe, sei es 1985 auf einer Versammlung zu der Frage des ersten Kreissekretärs gekommen, was der Kläger für ein Mitarbeiter der Volksbildung sei, er sei ja untragbar. In der Folgezeit sei er fast vollständig von seinen Aufgaben enthoben und festgelegt worden, daß er jeden Redebeitrag bei entsprechenden Versammlungen und Besprechungen vorher dem Abteilungsleiter vorlegen und mit ihm durchsprechen müsse. Dies alles habe dazu geführt, daß er immer offener seinen Wunsch geäußert habe, aus der Kreisleitung auszuscheiden. Von der Kreisleitung sei ihm hierzu aber immer nur mitgeteilt worden, „man scheidet nicht aus der Kreisleitung aus”. Daß er 1986 letztlich doch von seiner Tätigkeit in der Kreisleitung entbunden worden sei, sei darauf zurückzuführen, daß er für die Partei nicht mehr die richtige politische Gesinnung gehabt habe. Dies gelte auch für den Umstand, daß er nicht mehr als Staatsbürgerkundelehrer eingesetzt worden sei.

Nach dem 3. Oktober 1990 habe er sich ausführlich mit dem Geschichtsbild und der freiheitlichen demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Gemeinschaft auseinandergesetzt. So habe er im Dezember 1991 und Ende April 1992 jeweils an einwöchigen Seminaren der Europäischen Akademie in Otzenhausen teilgenommen. Themenschwerpunkte seien das Geschichtsbild der Bundesrepublik Deutschland und die Rolle des geteilten Deutschlands gewesen sowie verfassungsrechtliche Fragen über Staatsaufbau und Grundrechte der Bundesrepublik Deutschland und der Regierungssysteme Europas.

Der Kläger hat beantragt

festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 22. Mai 1992 nicht beendet sei, sondern fortbestehe;

ferner, für den Fall des Obsiegens mit dem Feststellungsantrag, den Beklagten zu verurteilen, ihn zu unveränderten Bedingungen weiterzubeschäftigen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat die Auffassung vertreten, der Werdegang des Klägers belege seine besondere Identifikation mit den Zielsetzungen des Herrschaftssystems der DDR. Der Kläger sei kein einfacher Mitarbeiter der Kreisleitung gewesen, sondern Bindeglied zwischen dem hauptamtlichen SED-Apparat und dem Rat des Kreises, Abteilung Volksbildung. Er sei politischer Zuträger für den von ihm betreuten Bereich in der Abteilung Agitation und Propaganda gewesen. Der Vortrag des Klägers lasse die praktische Umsetzung seines angeblichen Umdenkungsprozesses vermissen, zumal nicht er selbst, sondern die Kreisleitung sein Ausscheiden aus dieser Organisation veranlaßt habe. Es seien auch keine sonstigen Umstände hervorgetreten, die durch die ausgeübten Funktionen und Tätigkeiten begründeten Eignungszweifel entkräften könnten.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Beklagten ist nicht begründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die Kündigung vom 22. Mai 1992 nicht aufgelöst worden.

I. Das Landesarbeitsgericht hat im wesentlichen ausgeführt:

Dem Kläger könne eine ausreichende persönliche Eignung für die Tätigkeit als Lehrer im staatlichen Schuldienst nicht abgesprochen werden. Zwar seien bei einer Tätigkeit eines Lehrers als Schulparteisekretär, Staatsbürgerkundelehrer und hauptamtlicher Mitarbeiter der SED-Kreisleitung Zweifel an seiner Eignung für den Lehrerberuf begründet. Den Kläger entlaste jedoch sein ab 1985 gegen die Zielvorstellungen der SED gerichtetes Verhalten. Es sei unstreitig, daß der Kläger im April oder Mai 1986 von seiner Funktion in der SED-Kreisleitung entbunden worden sei und danach keinerlei Funktionen mit kündigungsrelevantem Gewicht mehr wahrgenommen habe. Der Vortrag des Klägers, er sei aus der Kreisleitung abberufen worden, um einen politisch mißliebigen Mitarbeiter loszuwerden, sei glaubhaft. Dafür spreche, daß der Kläger 1986 aus der Kreisleitung nicht in eine – aus der Sicht der SED – gleichwertige oder höherwertige Position entlassen worden sei, wie es bei einem politisch linientreuen Mitarbeiter der Fall gewesen wäre. Das mangelnde Vertrauen der Kreisleitung in die politische Zuverlässigkeit des Klägers zeige sich auch darin, daß der Kläger nicht mehr als Staatsbürgerkundelehrer eingesetzt worden sei, obwohl er ein entsprechendes Studium absolviert habe.

II. Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

1. Nach Abs. 4 Ziff. 1 EV ist die ordentliche Kündigung eines Arbeitsverhältnisses in der öffentlichen Verwaltung auch zulässig, wenn der Arbeitnehmer wegen mangelnder persönlicher Eignung den Anforderungen nicht entspricht. Der Senat hat in seinen Entscheidungen vom 18. März 1993 und 4. November 1993 (– 8 AZR 356/92 – BAGE 72, 361 = AP Nr. 12 zu Einigungsvertrag Anlage I Kap. XIX und – 8 AZR 127/93 – BAGE 75, 46 = AP Nr. 18, a.a.O., m.w.N.) die Wirksamkeit der Kündigung nach einer auf den Kündigungszeitpunkt bezogenen Einzelfallprüfung beurteilt und hierzu im einzelnen folgende Grundsätze entwickelt:

a) Die mangelnde persönliche Eignung im Sinne von Abs. 4 Ziff. 1 EV ist eine der Person des Arbeitnehmers anhaftende Eigenschaft, die sich auch aus der bisherigen Lebensführung herausgebildet haben kann. Die persönliche Eignung eines Angestellten des öffentlichen Dienstes erfordert, daß er sich durch sein gesamtes Verhalten zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen muß. Zu den grundlegenden Prinzipien dieser Ordnung sind mindestens zu rechnen: die Achtung vor den im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten, vor allem vor dem Recht der Persönlichkeit auf Leben und freie Entfaltung, die Volkssouveränität, die Gewaltenteilung, die Verantwortlichkeit der Regierung, die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, die Unabhängigkeit der Gerichte, das Mehrparteienprinzip und die Chancengleichheit für alle politischen Parteien mit dem Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition.

Die hiernach zu stellenden Anforderungen haben sich an den Aufgaben des Angestellten auszurichten. Ein Lehrer muß den ihm anvertrauten Schülern glaubwürdig die Grundwerte des Grundgesetzes vermitteln. Er muß insbesondere die Gewähr dafür bieten, daß er in Krisenzeiten und ernsthaften Konfliktsituationen zu den Grundwerten der Verfassung steht.

Abs. 4 Ziff. 1 EV zwingt den öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber nicht, gleichsam die rechtsstaatliche Einstellung eines Arbeitnehmers zunächst zu erproben. Ein gerichtlich nur beschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum hinsichtlich der gesetzlichen Voraussetzungen des Abs. 4 EV ist damit nicht verbunden. Es gelten nicht die Grundsätze für Einstellungen in den öffentlichen Dienst, sondern die für Kündigungen; denn durch eine auf Abs. 4 Ziff. 1 EV gestützte Kündigung wird in besonderer Weise in das Grundrecht der Berufsfreiheit des einzelnen Beschäftigten eingegriffen. Ein Beurteilungsspielraum kann sich nur im Rahmen der vorzunehmenden Einzelfallprüfung auf eine Abwägung besonders belastender Umstände bei der Identifikation mit den Staats- und Parteizielen in der ehemaligen DDR gegenüber spezifisch entlastenden Tatsachen zur persönlichen Eignung des Arbeitnehmers beziehen.

b) Ein Lehrer ist nicht schon deshalb ungeeignet, weil er nach den früheren gesetzlichen Bestimmungen bei der Verwirklichung der Staatsziele der DDR mitzuwirken hatte. Eine mangelnde persönliche Eignung ist aber indiziert, wenn er sich in der Vergangenheit in besonderer Weise mit dem SED-Staat identifiziert hat. Dies ist anzunehmen, wenn der Arbeitnehmer nicht nur kurzfristig Funktionen wahrgenommen hat, aufgrund derer er in hervorgehobener Position oder überwiegend an der ideologischen Umsetzung der Ziele der SED mitzuwirken hatte. Der kündigende Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes hat die vom Arbeitnehmer wahrgenommene Funktion einschließlich ihrer Grundlagen und ihrer Bedeutung in der Verfassungswirklichkeit der DDR darzulegen und ggf. zu beweisen. Der Arbeitnehmer hat die Möglichkeit, die Annahme der besonderen Identifikation durch substantiierten Sachvortrag zu entkräften. Dabei können neben den Umständen der früheren Tätigkeit auch sonstige die Eignung des Arbeitnehmers begründende Tatsachen berücksichtigt werden. Liegt ein dahingehender schlüssiger und nachprüfbarer Vortrag vor, hat der Arbeitgeber darzutun, daß die behaupteten erheblichen nachprüfbaren Tatsachen nicht vorliegen oder daß trotz dieser Umstände aus weiteren Tatsachen auf eine Ungeeignetheit zu schließen ist. Eine Umkehr der im Kündigungsschutzprozeß allgemein bestehenden Beweislast findet nicht statt (vgl. Senatsurteil vom 28. April 1994 – 8 AZR 57/93BAGE 76, 323, 332 = AP Nr. 22, a.a.O., zu B II 3 b der Gründe).

c) Bei der Auslegung und Anwendung des Abs. 4 Ziff. 1 EV ist der Bedeutung und Tragweite von Art. 12 Abs. 1 und Art. 33 Abs. 2 GG Rechnung zu tragen. Danach begründet die für Verbleib und Aufstieg im öffentlichen Dienst der DDR notwendige und übliche Loyalität und Kooperation für sich allein keine mangelnde Eignung. Die Kündigung erfordert – auf der Grundlage des Parteivortrags – eine konkrete und einzelfallbezogene Würdigung der Persönlichkeit des Arbeitnehmers nach seinem gesamten Verhalten vor und nach dem Beitritt. Abs. 4 Ziff. 1 EV eröffnet nicht die Möglichkeit, die Tragbarkeit eines Arbeitnehmers für den öffentlichen Dienst allein nach seiner Stellung in der Hierarchie der DDR und seiner früheren Identifikation mit dem SED-Regime pauschal zu beurteilen. Die innere Einstellung eines Menschen kann sich ändern, und die Erfahrungen und Einsichten, die gerade Bürger der DDR nach 1989 gemacht haben, können eine solche Änderung herbeigeführt haben (BVerfG Beschluß vom 21. Februar 1995 – 1 BvR 1397/93 – BVerfGE 92, 140 = AP Nr. 44 zu Einigungsvertrag Anlage I Kap. XIX, zu C I 3 b aa der Gründe). Der besondere Kündigungstatbestand des Abs. 4 Ziff. 1 EV ist in dieser – der dargestellten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts entsprechenden – Auslegung verfassungsgemäß (BVerfG, a.a.O., zu C I der Gründe).

d) Eine solche Anwendung von Abs. 4 Ziff. 1 EV verstößt nicht gegen das ILO-Übereinkommen Nr. 111 über die Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf vom 25. Juni 1958 (BGBl. 1961 II S. 98).

Die Kündigung wegen Nichteignung eines Lehrers knüpft nicht an die politische Meinung des einzelnen Lehrers an, sondern an die durch seine in der ehemaligen DDR wahrgenommenen Funktionen begründete mangelnde persönliche Eignung, als Lehrer gemäß seiner arbeitsvertraglichen Verpflichtung die Grundwerte unserer Verfassung den Schülern glaubwürdig zu vermitteln. Wer über längere Zeit aufgrund seiner Funktion eine verfassungsmäßige Ordnung als revanchistisch und imperialistisch zu bekämpfen hatte, kann nun nicht glaubhaft eine gegenteilige Auffassung vertreten, wenn er sich nicht durch konkretes Verhalten von dem ideologischen Auftrag distanziert hat.

2. Bei Anwendung dieser Grundsätze ist eine mangelnde persönliche Eignung des Klägers nach Abs. 4 Ziff. 1 EV nicht anzunehmen. Eine mögliche Indizwirkung hat der Kläger jedenfalls entkräftet.

a) Der Senat kann es offen lassen, ob die vom Kläger ausgeübten Funktionen seine besondere Identifikation mit den Zielsetzungen der SED indizieren. Das Landesarbeitsgericht hat eine solche Indizwirkung angenommen und dies mit der Tätigkeit des Klägers als Schulparteisekretär, Staatsbürgerkundelehrer und hauptamtlicher Mitarbeiter der SED-Kreisleitung begründet. Nach der Rechtsprechung des Senats spricht die wiederholte Ausübung des Schulparteisekretäramtes für die persönliche Ungeeignetheit als Lehrer (vgl. z.B. Urteil vom 28. April 1994 – 8 AZR 57/93BAGE 76, 323, 331 = AP Nr. 22 zu Einigungsvertrag Anlage I Kap. XIX, zu B II 3 b aa der Gründe). Der Kläger war jedoch nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts lediglich zwei Jahre als ehrenamtlicher Parteisekretär tätig. Die bloße langjährige Tätigkeit als Staatsbürgerkundelehrer hat der Senat nicht als ausreichend für die Indizwirkung angesehen (vgl. Urteil vom 28. April 1994 – 8 AZR 710/92 – n.v., zu B II 2 a der Gründe). Hinsichtlich der vierjährigen hauptamtlichen Tätigkeit des Klägers in der SED-Kreisleitung machen die Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht genügend deutlich, ob der Kläger auch Aufgaben der politischen Überwachung oder lediglich verwaltungsmäßige Aufgaben zu erfüllen hatte.

b) Der Kläger hat eine mögliche Indizwirkung jedenfalls durch substantiierten Entlastungsvortrag entkräftet.

Das Landesarbeitsgericht hat ohne Rechtsfehler den Entlastungsvortrag des Klägers, seit 1985 habe bei ihm ein „Umdenkungsvorgang” stattgefunden, als glaubhaft angesehen. Dabei hat das Landesarbeitsgericht die Entbindung von der hauptamtlichen Tätigkeit in der SED-Kreisleitung im Jahre 1986, den damit verbundenen „Karriereknick” und den Umstand bewertet, daß der Kläger trotz entsprechender Ausbildung nicht mehr als Staatsbürgerkundelehrer eingesetzt wurde. Es ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn das Landesarbeitsgericht daraus schließt, der Kläger sei als politisch mißliebiger Mitarbeiter aus der SED-Kreisleitung abberufen worden. Der Kläger war damit schon vor der Wende nicht mehr in besonderer Weise mit den Zielsetzungen der SED verbunden. Dies begründet seine Glaubwürdigkeit, nunmehr als Lehrer den ihm anvertrauten Schülern die Grundwerte des Grundgesetzes zu vermitteln.

Es wäre Sache des Beklagten gewesen, darzulegen und zu beweisen, daß der Entlastungsvortrag des Klägers nicht zutrifft oder daß sich aus anderen Gründen eine persönliche Ungeeignetheit des Klägers für den Lehrerberuf ergibt.

III. Der Beklagte hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels zu tragen.

 

Unterschriften

Ascheid, Dr. Wittek, Müller-Glöge, Ma. Schallmeyer, Dr. E. Vesper

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1092976

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