Entscheidungsstichwort (Thema)

Anwartschaftsberechnung bei vorzeitigem Ruhegeldanspruch

 

Leitsatz (redaktionell)

Parallelfall zu 3 AZR 102/90

 

Normenkette

BetrAVG § 2 Abs. 1-2, § 7 Abs. 2, 6, § 1 Besitzstand

 

Verfahrensgang

LAG Köln (Urteil vom 15.01.1990; Aktenzeichen 5 Sa 96/89)

ArbG Köln (Urteil vom 22.11.1988; Aktenzeichen 5 Ca 5671/88)

 

Tenor

1. Die Revisionen der Kläger gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 15. Januar 1990 – 5 Sa 96/89 – werden zurückgewiesen.

2. Die Kläger haben die Kosten des Revisionsverfahrens zu je 1/9 zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, wie der Rentenanteil zu berechnen ist, für den der beklagte PSV einzustehen hat, nachdem die A AG (A) zunächst ihre Versorgungsordnung durch eine Betriebsvereinbarung abgelöst hatte und später über ihr Vermögen das gerichtliche Vergleichsverfahren eröffnet wurde.

Der Kläger zu 1) war vom 1. Juni 1950 bis zum 31. August 1985 bei der Firma A AG beschäftigt. Seit dem 1. September 1985 bezieht er vorgezogenes Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung; der Beklagte zahlt ihm einen monatlichen Rentenbetrag von 599,30 DM. Demgegenüber hat der Kläger zu 1) eine monatliche Rente von 668,70 DM, das heißt, einen monatlichen Mehrbetrag von 69,40 DM gefordert.

Die Klägerin zu 2) ist am 10. März 1927 geboren. Sie war bis März 1987 (23 Dienstjahre) bei der A AG beschäftigt und bezieht seit dem 1. April 1987 vorgezogenes Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Ihrer Auffassung nach ist der Beklagte zur Zahlung eines monatlichen Mehrbetrages von 31,17 DM verpflichtet.

Der Kläger zu 3) ist am 9. März 1926 geboren; er war vom 27. März 1951 bis zum 31. März 1986 bei der A AG beschäftigt. Er bezieht seit dem 1. April 1986 vorgezogenes Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Er macht dem Beklagten gegenüber einen Anspruch mit einem monatlichen Rentenmehrbetrag von 66,80 DM geltend.

Der Kläger zu 4) ist am 22. Mai 1926 geboren. Er war bis Mai 1986 bei der A AG (26 Dienstjahre) beschäftigt; seit dem 1. Juni 1986 bezieht er vorgezogenes Altersruhegeld. Seiner Auffassung nach schuldet der Beklagte eine um 84,55 DM höhere Monatsrente.

Die am 31. Dezember 1948 geborene Klägerin zu 5) (K) ist Witwe eines Arbeitnehmers, der nach 28 Dienstjahren bei der A AG am 21. Dezember 1985 verstorben ist. Ihrer Auffassung nach schuldet der Beklagte ihr eine um 43,58 DM höhere Monatsrente.

Der Kläger zu 6) ist am 16. Juni 1925 geboren. Er war vom 1. Januar 1965 bis zum 31. Juli 1988 bei der A AG beschäftigt und bezieht seit dem 1. August 1988 vorgezogenes Altersruhegeld. Seiner Auffassung nach ist der Beklagte verpflichtet, ihm einen monatlichen Mehrbetrag von 11,06 DM zu zahlen.

Die Klägerin zu 7) ist am 20. Juni 1926 geboren. Sie war in der Zeit vom 17. März 1969 bis zum 30. Juni 1986 bei der A AG beschäftigt und bezieht seit dem 1. Juli 1986 vorgezogenes Altersruhegeld. Sie fordert von dem Beklagten Zahlung eines monatlichen Mehrbetrages von 38,28 DM.

Der Kläger zu 8) ist am 8. April 1927 geboren. Er war bis zum 30. April 1987 (29 Dienstjahre) bei der A AG beschäftigt und bezieht seit dem 1. Mai 1987 vorgezogenes Altersruhegeld. Seiner Auffassung nach hat er einen um 71,64 DM höheren Rentenanspruch gegen den Beklagten.

Der Kläger zu 9) war vom 5. August 1963 bis zum 30. Juni 1986 bei der A AG beschäftigt und bezieht seit dem 1. Juli 1986 vorgezogenes Altersruhegeld. Er nimmt den Beklagten auf Zahlung eines monatlichen Mehrbetrages von 139,65 DM in Anspruch.

Die Meinungsverschiedenheiten über die Berechnung der vom Träger der Insolvenzsicherung zu übernehmenden Anteile beruhen auf folgendem:

Die betriebliche Altersversorgung der A war seit 1951 in einer Betriebsvereinbarung geregelt (RGE). Vorgesehen waren endgehalts- und dienstzeitabhängige Leistungen. Die Arbeitnehmer erhielten je nach der Anzahl ihrer Dienstjahre ein Ruhegeld in Höhe von 15/120 bis zu 45/120, ausnahmsweise 50/120 des ruhegeldfähigen Einkommens. Altersrente war für die Zeit ab Vollendung des 65. Lebensjahres zugesagt. Außerdem waren Erwerbsunfähigkeits-und Hinterbliebenenrenten zugesagt. Die RGE wurden mit Wirkung vom 1. Juni 1981 durch eine neue Betriebsvereinbarung mit einer für die Arbeitnehmer ungünstigeren Regelung ersetzt (VB). Die neue Regelung enthält besitzstandswahrende Bestimmungen. Die RGE gelten fort, wenn der Versorgungsfall vor dem 31. Dezember 1985 eingetreten ist. Ferner wurde unter Hinweis auf § 2 Abs. 1 BetrAVG vorgesehen, daß den Arbeitnehmern mindestens der Teilbetrag erhalten blieb, den sie zur Zeit der Neuregelung am 1. Juni 1981 bereits zeitanteilig erdient hatten.

Da sich die wirtschaftliche Lage der A weiter verschlechterte, wurde am 31. Oktober 1982 das gerichtliche Vergleichsverfahren eröffnet. Durch Beschluß des Amtsgerichts F vom 18. März 1983 wurde ein von den Gläubigern angenommener Vergleich bestätigt. Danach sind der A Ansprüche auf laufende Renten und aus Versorgungsanwartschaften zu 60 % erlassen. Für die Ausfallquote tritt der beklagte PSV ein (§ 7 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2, Abs. 2 BetrAVG).

In der Folgezeit wurde streitig, auf welcher Grundlage die vom Beklagten zu zahlende Ausfallquote berechnet werden muß. Der PSV vertrat die Auffassung, für die Berechnung der unverfallbaren Anwartschaften sei der Zeitpunkt des Sicherungsfalls (31. Oktober 1982) und damit nur die nach den VB erreichbare geringere Vollrente maßgebend. Hierüber kam es zu Musterprozessen. Durch Urteil vom 22. September 1987 (BAGE 56, 138 = AP Nr. 5 zu § 1 BetrAVG Besitzstand) entschied der Senat, der PSV müsse die im Zeitpunkt der Ablösung (1. Juni 1981) erdienten unverfallbaren Anwartschaften sichern; der Insolvenzschutz werde im Falle einer verschlechternden Betriebsvereinbarung mit nachfolgender Insolvenz des Arbeitgebers nicht dadurch geschmälert, daß nach der Neuregelung nur eine geringere Vollrente erreicht werden könne.

Im vorliegenden Verfahren ist streitig, wie die Anwartschaften berechnet werden müssen, wenn die Betriebsrente schon vor Erreichen der in den RGE vorgehenen Altersgrenze von 65 Jahren zu zahlen ist. Da in den vom Senat am 22. September 1987 entschiedenen Fällen vier Kläger vor Vollendung des 65. Lebensjahres in den Ruhestand getreten waren und der PSV entsprechend den rechtskräftigen Feststellungsurteilen des Senats die Betriebsrenten so berechnet hatte, als seien diese Kläger erst mit der Vollendung des 65. Lebensjahres aus den Arbeitsverhältnissen ausgeschieden, machen die Kläger nunmehr geltend, sie seien ebenso zu behandeln wie diese vier Musterkläger. Der PSV müsse bei ihnen die gleiche Berechnungsmethode anwenden. Das ergebe sich aus der Musterprozeßvereinbarung in Verbindung mit den Urteilen des Senats vom 22. September 1987.

In dieser Vereinbarung heißt es:

„I.

Zwischen den auf Seite 1 genannten Musterklägern, den diesen in vergleichbarer Lage befindlichen Versorgungsberechtigten der A AG und dem PSVaG, besteht Streit über die Höhe der Zahlungspflicht der A AG und über die Höhe der Einstandspflicht des PSVaG für laufende Versorgungsanwartschaften aus Anlaß des am 31.10.1982 eröffneten gerichtlichen Vergleichsverfahrens über das Vermögen der A AG. Grund der Meinungsverschiedenheiten ist die Ablösung der „Ruhegeld-Einrichtung” (RGE) per 31.05.1981 durch Inkrafttreten der neuen „Versorgungsbestimmungen” (VB) am 01.06.1981 auf der Basis der ablösenden Betriebsvereinbarung vom 05.05.1981.

II.

Um eine einheitliche und für alle Beteiligten verbindliche Feststellung der anzuwendenden Berechnungsmethode für die unverfallbaren Anwartschaften herbeizuführen, wird die nachfolgende Mustervereinbarung geschlossen…

Der PSVaG verpflichtet sich, die letztinstanzlichen Sachentscheidungen in den Musterverfahren als verbindlich für alle Mitarbeiter, Pensionäre und mit gesetzlich unverfallbaren Anwartschaften ausgeschiedene Mitarbeiter der A AG anzuerkennen, soweit eine Übertragung der Musterfälle im Hinblick auf die Auswirkungen der zum 01.06.1981 in Kraft getretenen ablösenden Betriebsvereinbarung sachlich möglich ist…”

Die Kläger haben weiter geltend gemacht, allein diese Berechnungsmethode entspreche der gesetzlichen Regelung. Da die RGE aus dem Jahre 1951 keine Abschläge für den Fall des vorzeitigen Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis vorgesehen hätten, sei es auch dem PSV verwehrt, solche Abschläge vorzunehmen. Der in den VB aufrecht erhaltene nach den RGE erdiente Besitzstand sei ein Mindestbesitzstand; er sei nach festen, nicht nach variablen Bezugsgrößen zu berechnen.

Der Kläger zu 1) hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an ihn ab 1.9.1985 eine monatliche Rente in Höhe von 668,70 DM zu zahlen.

Die Kläger zu 2) bis 9) haben beantragt

festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet sei, ihre Versorgungsansprüche in der Weise zu berechnen, daß bei der Anwendung der Besitzstandsregelung vom 31.5.1981 nach den Versorgungsbedingungen der A – als möglicher Versorgungsanspruch die Rente zugrunde gelegt wird, die sich bei Berücksichtigung einer Dienstzeit bis zum 65. Lebensjahr an Stelle der tatsächlich zurückgelegten Dienstzeit ergibt, sowie den sich daraus für die Kläger ergebenden Mehrbetrag ab Fälligkeit nebst 4 % Zinsen zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klagen abzuweisen. Er hat vorgetragen, in den vier Fällen der Musterprozesse sei versehentlich falsch gerechnet worden. Daran sei er nicht gebunden. In den Musterverfahren sei es nur darum gegangen, den für die Berechnung des Besitzstandes maßgeblichen Stichtag zu bestimmen, also zu klären, ob der Besitzstand auf der Grundlage der RGE oder der VB zu berechnen sei. Über eventuelle Rentenkürzungen infolge vorzeitigen Ausscheidens habe man nicht gestritten. Schließlich entspreche nur die auf den tatsächlichen Versorgungsfall der Arbeitnehmer abstellende Berechnung der gesetzlichen Regelung in § 7 Abs. 2 Satz 3 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 BetrAVG. Vereinbarungen der Betriebsparteien zu Lasten des gesetzlichen Insolvenzschutzes seien unzulässig.

Das Berufungsgericht hat die Klagen abgewiesen. Dagegen richten sich die Revisionen der Kläger.

 

Entscheidungsgründe

Die Revisionen haben keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat die Klagen zu Recht abgewiesen.

I. Die Parteien streiten allein darüber, wie ihre nach der Betriebsvereinbarung 1951 (RGE) erreichbare Rente zu berechnen ist. Ob nach der Betriebsvereinbarung 1981 (VB) eine höhere Rente erreicht wurde, kann der Senat nicht beurteilen; dazu fehlt jeglicher Sachvortrag der Parteien.

II. Die Berechnung der Versorgungsansprüche der Kläger bestimmt sich hinsichtlich des insolvenzgeschützten Teils nach § 7 Abs. 2 Satz 3, Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG. Die Kläger und der Ehemann der Klägerin K hatten im Zeitpunkt des Sicherungsfalls am 31. Oktober 1982 unverfallbare Versorgungsanwartschaften erdient (§ 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG). Schließlich ist nach den Musterprozeßentscheidungen des Senats vom 22. September 1987 nicht mehr umstritten, daß für die Berechnung der vom PSV zu übernehmenden Betriebsrentenanteile der Zeitpunkt der Ablösung (1. Juni 1981) zugrundezulegen ist, sofern nicht durch weitere Betriebstreue nach den VB eine höhere Rente erreicht wurde. Da von keinem der Kläger eine höhere Rente nach den VB verlangt wird, ist der Anteil also nach der Rente zu berechnen, den die Kläger nach den RGE erreichen konnten.

Darüber hinaus sehen die Besitzstandsregeln der VB vor, daß die RGE weiter anwendbar bleibt, wenn der Versorgungsfall bis zum 31. Dezember 1985 eingetreten ist. Bei dem Kläger T ist der Versorgungsfall am 1. September 1985 eingetreten, bei den übrigen Klägern erst in der Zeit nach dem 31. Dezember 1985.

1. § 7 Abs. 2 Satz 3 BetrAVG verweist wegen der Höhe der vom Träger der Insolvenzsicherung zu erbringenden Leistungen auf § 2 Abs. 1 BetrAVG. Der Arbeitnehmer wird so behandelt, als sei er bei Eintritt des Sicherungsfalles mit einer nach § 1 BetrAVG unverfallbaren Anwartschaft aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden. § 7 Abs. 2 Satz 4 BetrAVG stellt dies ausdrücklich klar. Damit hat der PSV einzutreten „in Höhe des Teils der ohne das vorherige Ausscheiden (die Insolvenz) zustehenden Leistung”, der dem Verhältnis der Dauer der Betriebszugehörigkeit zu der Zeit der Betriebszugehörigkeit bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres oder einer in der Versorgungsregelung vorgesehenen früheren „festen Altersgrenze” entspricht „Unverfallbarkeitsfaktor”). Daß auch für den Insolvenzschutz Veränderungen der Versorgungsregelung und der Bemessungsgrundlage nach Eintritt des Sicherungsfalls unberücksichtigt bleiben, ergibt sich aus der Verweisung in § 7 Abs. 2 Satz 3 BetrAVG auf § 2 Abs. 5 BetrAVG.

2. Für die Kläger des vorliegenden Rechtsstreits ergibt sich hiernach folgende Berechnung:

a) Die Kläger sind für die Berechnung ihrer Ansprüche nach den RGE so zu behandeln, als seien sie und der Ehemann der Klägerin K schon zum Ablösungsstichtag aus ihren Arbeitsverhältnissen ausgeschieden.

Sie haben zwar ihre Versorgungsanwartschaften behalten (§ 1 Abs. 1 BetrAVG), bei Eintritt des Versorgungsfalles können sie jedoch nur den Teil der Leistung verlangen, der dem Verhältnis von tatsächlicher Betriebszugehörigkeit bis zur möglichen Betriebszugehörigkeit, d.h. der Vollendung des 65. Lebensjahres, entspricht. Dieser Unverfallbarkeitsfaktor ist anzuwenden auf alle Versorgungsansprüche, die der Versorgungsberechtigte „wegen Erreichens der Altersgrenze, wegen Invalidität oder Tod” erwirbt (§ 2 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG). Die Ansprüche des Arbeitnehmers auf vorzeitige Altersleistungen betreffen Leistungen wegen Erreichens der Altersgrenze.

Hinsichtlich des Unverfallbarkeitsfaktors ist hier an die Stelle des 65. Lebensjahres kein früherer Zeitpunkt getreten. Die Ruhegeldzusage (RGE) stellt auf das 65. Lebensjahr ab. Die vorgezogene oder flexible Altersgrenze ist keine vorgezogene „feste” Altersgrenze im Sinne der §§ 2 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2, 7 Abs. 2 Satz 3 BetrAVG. Mit dem Merkmal „feste” Altersgrenze bezeichnet das Gesetz die erreichbare Höchstdauer des Arbeitsverhältnisses, die als Grundlage der Vollrente vorausgesetzt wird, also den Zeitpunkt, in dem die Vollrente ohne zeitanteilige Kürzung erreicht ist (ständige Rechtsprechung des Senats, statt aller BAGE 50, 130, 133 = AP Nr. 2 zu § 1 BetrAVG Gleichberechtigung, zu I 1 der Gründe, mit Anm. von Blomeyer). Nimmt der Arbeitnehmer das ihm kraft Gesetzes zustehende Recht wahr, die Betriebrente zu verlangen, bevor er die für die Vollrente vorausgesetzte Dienstzeit erbracht und das dafür vorgesehene Ruhestandsalter erreicht hat, so muß er für die dann erreichte Rente eine zeitanteilige Kürzung hinnehmen.

Hieraus folgt, daß die dem Versorgungsberechtigten ohne das vorherige Ausscheiden zustehende Leistung berechnet wird, indem zunächst die im Versorgungsfall tatsächlich erreichbare Rente zu ermitteln ist und anschließend hierauf bezogen der vom PSV zu tragende zeitanteilig gekürzte Anteil.

Zwar führt diese Berechnung im Ergebnis dazu, daß für die fehlende Dienstzeit vom 60. bis zum 65. Lebensjahr (bei Männern vom 63. bis zum 65. Lebensjahr) zweimal ratierlich gekürzt wird. Das hat jedoch seinen Grund darin, daß sich der Unverfallbarkeitsfaktor auf eine Bezugsgröße beziehen muß. Diese Bezugsgröße ist der Rentenanspruch, mit dem der Versorgungsberechtigte im Versorgungsfall ausscheidet. Da § 6 BetrAVG das Ausscheiden mit dem Anspruch auf vorgezogenes oder flexibles Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung als Versorgungsfall „Alter” ansieht, kann nur das vorgezogene oder flexible betriebliche Ruhegeld die maßgebliche Bezugsgröße für den Unverfallbarkeitsfaktor sein (so auch Bode, BetrAV 1988, 142, 145). Der Arbeitnehmer, der unter Inanspruchnahme der Regelung des § 6 BetrAVG wegen Alters aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet, kann Versorgungsleistungen verlangen, er scheidet also anders als im Fall des § 2 BetrAVG nicht mit einer unverfallbaren Versorgungsanwartschaft, sondern mit einem Versorgungsanspruch wegen Erreichens einer Altersgrenze aus.

Zudem würde eine andere Auslegung des § 2 BetrAVG zu einer nur schwer erklärbaren unterschiedlichen Behandlung der Fälle von Invalidität und Tod einerseits und vorgezogener oder flexibler Altersrente andererseits führen: Wer im Alter 60 erwerbsunfähig wird, muß sich in aller Regel die im Alter 65 erreichbare Rente kürzen lassen. Das gilt nach § 2 Abs. 1 BetrAVG auch für einen Arbeitnehmer, der vorzeitig ausgeschieden ist und später im Alter 60 erwerbsunfähig wird. Auch ein solcher Arbeitnehmer bezieht die Betriebsrente fünf Jahre länger als ein erst mit Vollendung des 65. Lebensjahres ausscheidender Arbeitnehmer. Es ist nicht einsichtig, daß ein vorzeitig nach § 6 BetrAVG ausgeschiedener Arbeitnehmer anders behandelt werden sollte.

b) Für die Versorgungsfälle der Erwerbsunfähigkeit und Tod gilt im Ergebnis nichts anderes. Insoweit sieht § 2 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG sogar vor, daß das „vorherige Ausscheiden” als tatsächlicher Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses der maßgebliche Zeitpunkt ist. Für den Fall der Invalidenrente hat der Senat diese Berechnung durch Urteil vom 14. März 1989 (– 3 AZR 306/87 – nicht veröffentlicht) bereits ausdrücklich gebilligt (zu 2 a der Gründe).

3. Nach dem Vortrag der Parteien und den Feststellungen der Vorinstanzen ist davon auszugehen, daß der beklagte PSV die von ihm zu tragenden Anteile der Betriebsrenten der Kläger in der vorstehend beschriebenen Weise rechnerisch richtig berechnet hat, also die jeweiligen Rentenbeträge zugrunde gelegt hat, die die Kläger bei Eintritt ihrer jeweiligen Versorgungsfälle erreicht hatten. Der Klägervortrag ergibt nicht, daß wesentliche Umstände unberücksichtigt geblieben sind.

III. Die Auffassung der Revision, der PSV sei aufgrund des Urteils des Senats vom 22. September 1987 und der Musterprozeßvereinbarung verpflichtet, eine für die Kläger günstigere Berechnungsweise anzuwenden und die mit der Vollendung des 65. Lebensjahres erreichbare Vollrente der ratierlichen Kürzung zugrunde zu legen, trifft nicht zu. Der PSV ist nicht verpflichtet, die Renten der Kläger so zu berechnen, als hätten sie bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Betriebstreue geleistet und die dann erreichbare Rente bezogen.

1. Es ist nicht richtig, daß der Senat im Urteil vom 22. September 1987 entschieden hätte, bei der Berechnung der Versorgungsbezüge der Rentner und Anwartschaftsinhaber sei nach der Insolvenz der A stets von einer bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres erbrachten Betriebstreue auszugehen. Die Parteien haben in jenen Verfahren nicht darüber gestritten, ob Rentenkürzungen wegen vorzeitigen Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis vorzunehmen seien. Die von der Revision betonte „richtige Anwendung des § 2 Abs. 1 BetrAVG” betraf ausschließlich die Frage, ob der PSV die höheren, bei der Ablösung der RGE bereits erdienten Besitzstände zu sichern habe oder ob er bei der Berechnung der Anwartschaften auf den Zeitpunkt des Sicherungsfalls abstellen und den nach der ablösenden Betriebsvereinbarung erdienten geringeren Besitzstand zugrunde legen dürfe. Um eine Klärung dieser streitigen Rechtsfrage zu erreichen, haben die Parteien seinerzeit das Rechenwerk unstreitig gestellt; es wurden Feststellungsklagen erhoben; einige Kläger sind sogar von den ursprünglich erhobenen Zahlungsklagen auf Feststellungsklagen übergegangen. Der Senat hat daher, wie die Revision hervorhebt, die richtige Rechtsanwendung des § 2 Abs. 1 BetrVAG in Fällen des vorzeitigen Ausscheidens von Arbeitnehmern nicht als problematisch angesehen. Der Senat ist vielmehr davon ausgegangen, die Parteien seien an anderen als einem einzelnen umstrittenen Element des Zahlungsanspruches „nicht interessiert” (zu A 2 der Gründe). Deshalb hat der Senat zu der Rentenberechnung im Falle des Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis vor Vollendung des 65. Lebensjahres nicht sachlich Stellung genommen.

2. Der beklagte PSV hat sich in der Musterprozeßvereinbarung auch nicht zu einer großzügigeren Berechnungsweise verpflichtet.

Die „Auswirkungen der zum 1. Juni 1981 in Kraft getretenen ablösenden Betriebsvereinbarung” (Abschnitt II Abs. 3 der Musterprozeßvereinbarung), die der PSV entsprechend den Entschei-dungen des Senats vom 22. September 1987 hinzunehmen hat, betreffen ausschließlich den bei der Ablösung der RGE erdienten Besitzstand. Die Frage einer zeitanteiligen Kürzung der Rente infolge vorzeitigen Ausscheidens ist unabhängig von der Ablösung der früheren Versorgungsordnung zu beantworten; diese Frage stellt sich immer dann, wenn ein Arbeitnehmer mit einer unverfallbaren Versorgungsanwartschaft ausscheidet und später ein Versorgungsfall vor Erreichen der in der Versorgungsordnung vorausgesetzten Altersgrenze eintritt.

 

Unterschriften

Dr. Heither, Griebeling, Kremhelmer, Seyd, Falkenstein

 

Fundstellen

Dokument-Index HI951891

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt TVöD Office Professional. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge