Entscheidungsstichwort (Thema)

Bindung an Verweisungsbeschluß

 

Normenkette

ZPO § 36 Nr. 6, § 29; ArbGG n.F. § 48 Abs. 1; GVG § 17a Abs. 2; GVG n.F. § 17a Abs. 4

 

Verfahrensgang

ArbG Bamberg (Beschluss vom 26.07.1994; Aktenzeichen 2 Ca 668/94)

 

Tenor

Als zuständiges Gericht wird das Arbeitsgericht Rosenheim bestimmt.

 

Tatbestand

I. Der Kläger verlangt von der Beklagten Arbeitsentgelt (Fixgehalt und Provisionen). Die Beklagte hat ihren Sitz in Rosenheim und unterhält Niederlassungen u.a. in Bamberg. Der Kläger erhob Klage beim Arbeitsgericht Bamberg, Kammer Coburg. In der Klageschrift ist von einem „Arbeitsplatz in Bamberg” die Rede. Nachdem das Arbeitsgerichts Bamberg, Kammer Coburg auf seine Unzuständigkeit und auf eine mögliche Zuständigkeit des Arbeitsgerichts Rosenheims und des Arbeitsgerichts Bamberg hingewiesen hatte, beantragte der Kläger zunächst Verweisung an das Arbeitsgericht Rosenheim, berichtigte dies aber dahin, daß er Verweisung an das Arbeitsgericht Bamberg beantrage.

Daraufhin verwies das Arbeitsgericht Bamberg, Kammer Coburg den Rechtsstreit durch Kammerbeschluß vom 17. März 1994 an das Arbeitsgericht Rosenheim als das nach § 17 ZPO zuständige Gericht. In den Gründen heißt es, daß sich allein mit dem Hinweis auf eine Tätigkeit in Bamberg die Zuständigkeit des dortigen Arbeitsgerichts nicht begründen lasse.

Nach Gewährung rechtlichen Gehörs erklärte sich das Arbeitsgericht Rosenheim durch Kammerbeschluß vom 8. Juni 1994 für örtlich unzuständig und verwies den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht Bamberg, da dieses nach § 29 ZPO (Gerichtsstand des Erfüllungsortes) zuständig sei und der Kläger sein Wahlrecht zwischen mehreren Gerichtsständen ausgeübt habe. Über die getroffene Wahl habe sich der Verweisungsbeschluß willkürlich hinweggesetzt. Das Arbeitsgericht Bamberg hat daraufhin das Bundesarbeitsgericht ersucht, das örtlich zuständige Arbeitsgericht gemäß § 36 Nr. 6 ZPO zu bestimmen.

 

Entscheidungsgründe

II. Zuständig ist das Arbeitsgericht Rosenheim. Der Verweisungsbeschluß des Arbeitsgerichts Bamberg, Kammer Coburg ist bindend.

1. Rechtskräftige Verweisungsbeschlüsse sind für das Gericht, an das der Rechtsstreit verwiesen worden ist, bindend. Dies ergibt sich aus § 48 Abs. 1 ArbGG n.F., § 17 a Abs. 2 Satz 3 GVG n.F. Die bindende Wirkung ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats auch im Bestimmungsverfahren des § 36 Nr. 6 ZPO zu beachten (vgl. statt vieler: BAG Beschluß vom 11. Januar 1982 – 5 AR 221/81 – AP Nr. 27 zu § 36 ZPO; BAG Beschluß vom 3. November 1993 – 5 AS 20/93 – EzA § 36 ZPO Nr. 18). Nur so kann der Zweck des § 17 a Abs. 2 Satz 3 GVG n.F. erreicht werden, unnötige und zu Lasten der Parteien gehende Zuständigkeitsstreitigkeiten zu vermeiden. Das bedeutet: Es ist das Gericht als zuständig zu bestimmen, an das die Sache durch den ersten Verweisungsbeschluß gelangt ist, es sei denn, dieser ist ausnahmsweise nicht bindend. In diesem Fall ist dasjenige Gericht als zuständig zu bestimmen, an das die Sache durch den zweiten Verweisungsbeschluß gelangt ist, es sei denn, (auch) dieser ist ausnahmsweise nicht bindend.

Auch fehlerhafte Verweisungsbeschlüsse sind grundsätzlich bindend. Lediglich eine offensichtlich gesetzwidrige Verweisung kann diese Bindungswirkung nicht entfalten (BAG Beschluß vom 29. September 1976 – 5 AZR 232/76 – AP Nr. 20 zu § 36 ZPO, zu II 2 der Gründe; zum neuen Recht Beschluß vom 1. Juli 1992, a.a.O.; Zöller/Vollkommer, ZPO, 18. Aufl., § 36 Rz 25, 28; einschränkend zum neuen Recht Zöller/Gummer, a.a.O., GVG § 17 a Rz 13). Offensichtlich gesetzwidrig ist ein Verweisungsbeschluß dann, wenn er jeder Rechtsgrundlage entbehrt, willkürlich gefaßt ist oder auf der Versagung rechtlichen Gehörs gegenüber den Verfahrensbeteiligten oder einem von ihnen beruht (BAG Beschluß vom 1. Juli 1992 – 5 AS 4/92 –, a.a.O., zu II 3 a der Gründe; BGHZ 71, 69, 72 f. = NJW 1978, 1163, 1164).

2. Das ist bei dem Verweisungsbeschluß des Arbeitsgerichts Bamberg, Kammer Coburg aber nicht der Fall.

Zwar hat der Senat mehrfach entschieden, daß bei Arbeitsverhältnissen in der Regel von einem einheitlichen (gemeinsamen) Erfüllungsort auszugehen ist, und daß dies der Ort ist, an dem der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung zu erbringen hat (Beschluß vom 3. November 1993 – 5 AS 20/93 – EzA § 36 ZPO Nr. 18, sowie Beschluß vom 30. März 1994 – 5 AS 6/94 – n.v.). Dieses ist jedoch keinesfalls unumstritten. Auch in der neueren Literatur wird teilweise mit beachtlichen Gründen ein anderer Standpunkt vertreten (vgl. Krasshöfer-Pidde/Molkenbur, NZA 1988, 236, 237 f.). Wenn sich das Arbeitsgericht Bamberg, Kammer Coburg diese andere Auffassung zu eigen gemacht hat, kann von einer offensichtlichen Gesetzwidrigkeit nicht die Rede sein.

 

Unterschriften

Griebeling, Schliemann, Dr. Reinecke

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1093327

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