Entscheidungsstichwort (Thema)

EWG-Verordnung als Tarifvertrag i. S. des ArbGG

 

Leitsatz (amtlich)

EWG-Verordnungen sind keine Tarifverträge i. S. von § 72a ArbGG.

 

Normenkette

ArbGG § 72 Abs. 2 Nr. 1, § 72a Abs. 1 Nr. 2; EWGV 3820/85

 

Verfahrensgang

LAG Köln (Urteil vom 01.03.1993; Aktenzeichen 3 Sa 1021/92)

ArbG Aachen (Urteil vom 25.06.1992; Aktenzeichen 5d Ca 2/91)

 

Tenor

  • Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 1. März 1993 – 3 Sa 1021/92 – wird als unzulässig verworfen.
  • Der Kläger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
 

Tatbestand

I. Die Parteien streiten u. a. über die Abgeltung von Resturlaubsansprüchen aus dem beendeten Arbeitsverhältnis. Zur Berechnung seiner arbeitsvertraglichen Urlaubsansprüche hat sich der Kläger auf die EWG-Verordnung Nr. 3820/85 vom 20. Dezember 1985 (ABl. der EG 1985 Nr. L370/1) berufen. Arbeits- und Landesarbeitsgericht haben seine Klage auf Urlaubsabgeltung abgewiesen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde, die er auf grundsätzliche Bedeutung stützt.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Beschwerde ist unzulässig. Der Kläger hat nicht dargelegt, daß die Rechtssache eine Rechtstreitigkeit über die Auslegung eines Tarifvertrages betrifft, § 72 Abs. 2 Nr. 1 i. V. mit § 72a Abs. 1 Nr. 2 ArbGG.

1. Nach § 72a Abs. 1 ArbGG kann die Nichtzulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht selbständig durch Beschwerde angefochten werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat und eine der in § 72a Abs. 1 Nr. 1 – 3 ArbGG angeführten Rechtsstreitigkeiten betrifft. Der hier allein vom Kläger geltend gemachte Tatbestand des § 72a Abs. 1 Nr. 2 ArbGG ist gegeben, wenn die Rechtssache die Auslegung eines Tarifvertrags betrifft, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk des Landesarbeitsgerichts hinaus erstreckt.

2. Diese Voraussetzungen sind nach dem Vorbringen des Klägers nicht gegeben. Die vom Kläger für maßgeblich gehaltene EWG-Verordnung Nr. 3820/85 vom 20. Dezember 1985 ist kein Tarifvertrag i. S. des § 72a Abs. 1 Nr. 2 ArbGG. Tarifverträge i. S. dieser Vorschrift sind Normen, die nach Maßgabe des Tarifvertragsgesetzes zustande gekommen sind und dem entsprechenden allgemeinen arbeitsrechtlichen Begriff entsprechen (BAG Beschluß vom 12. November 1991 – 4 AZN 464/91 – AP Nr. 42 zu § 72a ArbGG 1979 Grundsatz m. w. N.). Daran ist festzuhalten. Zwar hat der Vierte Senat des Bundesarbeitsgerichts (Beschluß vom 10. März 1993 – 4 AZN 17/93 – EzA § 72a ArbGG 1979 Nr. 61) angenommen, die nach dem AGB der DDR zustandegekommenen Rahmenkollektivverträge seien Tarifverträge i. S. des § 72a ArbGG, obwohl sie nicht die für das Zustandekommen von Tarifverträgen nach dem Tarifvertragsgesetz bestehenden Voraussetzungen erfüllten. Diese erweiterte Auslegung des Gesetzes, die mit den Besonderheiten der Rechtsetzung im Zuge der Vereinigung der beiden deutschen Staaten begründet worden ist, kann nicht auf die vom Rat der EG auf der Grundlage des Art. 189 Abs. 1 des EWG-Vertrages erlassenen Rechtsverordnungen übertragen werden.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Dr. Leinemann, Düwell, Dörner, Schodde, Brückmann

 

Fundstellen

Haufe-Index 845975

BAGE, 65

NJW 1994, 880

NZA 1995, 482

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