Entgegen der Ankündigung des BAG aus dem Jahre 2005 hat der EuGH in seinem Urteil vom 9.3.2006[1] festgestellt, dass die Auslegung der dynamischen Verweisungsklausel keine weitergehende Bedeutung haben kann als die Wirkung des Kollektiv(-Tarif)vertrags selbst. Der EuGH spricht sich demnach weiterhin für eine Gleichstellung hinsichtlich der Tarifbindung zwischen Gewerkschafts- und Nichtgewerkschaftsmitgliedern aus. Art. 3 der Richtlinie 77/187/EWG bezwecke nur, die am Tag des Übergangs bestehenden Rechte und Pflichten des Arbeitnehmers zu wahren. Dagegen wolle die Richtlinie nicht bloße Erwartungen auf zukünftige Entwicklungen der Kollektivverträge schützen.

Nach bisheriger Auffassung des BAG stand das Urteil des EuGH der Auslegung nach dem Wortlaut der dynamischen Bezugnahme auf den Tarifvertrag nicht entgegen. Die infrage stehende Auslegung der Verweisungsklausel habe keine europarechtlichen Bezüge. Die Wirksamkeit der individualrechtlichen Inbezugnahme von Tarifverträgen in ihrer jeweiligen Fassung berühre als Ausdruck privatautonomer Gestaltungsmacht weder die negative Koalitionsfreiheit noch die Koalitionsfreiheit der Personen, die aufgrund privatautonomer Entschließung in diese Rechtsposition eingetreten sind.[2]

Durch die im Folgenden geschilderte EuGH-Entscheidung von 2013 ist der Rechtsauffassung des BAG der Boden weitgehend entzogen. Die Entscheidung des EuGH stellt die gegenwärtige Handhabung dynamischer Bezugnahmeklauseln durch das BAG grundlegend infrage, soweit es um einen Betriebsübergang geht.[3]

[1] EuGH, Urteil v. 9.3.2006, C-499/04 – [Werhof], EuGHE I 2006 S. 2397.
[3] Lobinger "EuGH zur dynamischen Bezugnahme von Tarifverträgen beim Betriebsübergang", NZA 2013 S. 945ff.

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