Rz. 10

In der Vorgängervorschrift von § 22 TzBfG, § 6 Abs. 3 BeschFG 1985, wurden Kirchen und öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften den Tarifvertragsparteien gleichgestellt. Auch ihnen wurde das Recht zugestanden, von den Regelungen des TzBfG abweichende Vereinbarungen zu treffen. In § 22 TzBfG wurde diese Regelung nicht mehr aufgenommen. Ob durch kirchliche Arbeitsvertrags- und Dienstordnungen weiterhin Abweichungen zuungunsten der Arbeitnehmer möglich sind, ist streitig: Nach überwiegender Ansicht wird dies verneint.[1] Die auf dem "Dritten Weg" zustande kommenden kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen (z. B. AVR-Caritas oder AVR-Diakonie) sind nach dem BAG kein Tarifvertrag im Sinne von §§ 14 Abs. 2 Satz 3, 22 Abs. 1 TzBfG, durch dessen vertragliche Inbezugnahme nach § 14 Abs. 2 Satz 4 TzBfG von der Gesamtdauer von 2 Jahren für den Abschluss eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrags zuungunsten der Beschäftigten abgewichen werden kann (BAG, Urteil v. 25.3.2009, 7 AZR 710/07[2]). Das BAG lehnt auch eine Auslegung von § 14 Abs. 2 Satz 3 TzBfG dahingehend ab, dass die Arbeitsrechtsregelungen der Kirchen Tarifverträgen i. S. d. § 1 Abs. 1 TVG gleichgestellt sind. Das Befristungsrecht des TzBfG enthalte keine Regelungslücke, die es gebieten würde, § 14 Abs. 2 Satz 3 TzBfG über seinen Wortlaut hinaus auf die auf dem Dritten Weg zustande gekommenen Regelungen zu erstrecken. Die nach §§ 14 Abs. 2 Satz 3, 22 Abs. 1 TzBfG Tarifverträgen vorbehaltene Möglichkeit, eine längere als die in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG bestimmte Frist festzulegen, verletzte die Kirchen auch nicht in ihrem durch Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 3 WRV garantierten Selbstverwaltungs- und Selbstbestimmungsrecht. Die auf Tarifnormen beschränkte Öffnung in §§ 14 Abs. 2 Satz 3, 22 Abs. 1 TzBfG verstoße auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Den kirchlichen Arbeitsvertragsregelungen kommt keine normative Wirkung zu. Sie werden jeweils kraft einzelvertraglicher Vereinbarung bzw. Verweisung auf das Arbeitsverhältnis angewendet (BAG, Urteil v. 24.5.2018, 6 AZR 308/17[3]).[4]

[1] Bejahend z. B. Annuß/Thüsing/Thüsing, TzBfG, 3. Aufl. 2012, § 22 TzBfG, Rz. 6 unter Hinweis auf die verfassungsrechtlich gewährleistete Kirchenautonomie; Richardi, Arbeitsrecht in der Kirche, 8. Aufl. 2020, § 8, Rz. 13; verneinend z. B. ErfK/Müller-Glöge, 22. Aufl. 2022, § 22 TzBfG, Rz. 2; Laux/Schlachter/Schlachter, TzBfG, 2. Aufl. 2011, § 22 TzBfG, Rz. 8-13; KR/Kreutzberg-Kowalcyk, 132. Aufl. 2022, § 22 TzBfG, Rz. 4.
[2] ZTR 2009, 498.
[3] NZA 2019, 166, Rz. 23; HWK/Rennpferdt, 10. Aufl. 2022, § 22 TzBfG, Rz. 4.
[4] S. hierzu ausführlich BAG, Urteil v. 25.3. 2009, 7 AZR 710/07, Rz. 38 ff; s. auch Gräfl, § 14, Rz. 356.

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