Nachgehend

LAG Köln (Urteil vom 15.09.1998; Aktenzeichen 13 Sa 367/98)

 

Tenor

I. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 11.480,43 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 05.04.1997 zu zahlen.

II. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

IV. Der Streitwert wird auf 11.480,43 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Erstattung einer Schadensregulierung.

Der Beklagte war bei der Fa. … als Techniker beschäftigt. Am 31.10.1996 befuhr er mit dem Pkw dieser Firma der Marke Renault Kombi, amtliches Kennzeichen … das bei der Klägerin vollkaskoversichert war, gegen 20.00 Uhr den Weg aus Richtung … Weg kommend in Richtung … Vor diesem hielt er das Fahrzeug zunächst an, weil die für ihn maßgebliche Lichtzeichenanlage Rotlicht zeigte. Als die für den Beklagten maßgebliche Lichtzeichenanlage noch immer Rotlicht zeigte, fuhr der Beklagte wieder an und kollidierte auf der Kreuzung mit dem Pkw der Marke BMW, amtliches Kennzeichen … der den … aus Richtung … Weg kommend in Richtung … befuhr und in die Kreuzung mit dem … Weg bei Grünlicht einfuhr. Die Klägerin regulierte den Schaden durch Zahlung von 11.480,43,– DM und forderte den Beklagten mit Schreiben vom 13.03.1997 erfolglos auf, ihr diesen Betrag innerhalb einer Frist von drei Wochen zu erstatten.

Nach Ansicht der Klägerin sei der Beklagte zur Erstattung dieses Betrages verpflichtet, weil er den Schaden grob fahrlässig verursacht habe. Eine Haftungsprivilegierung greife zu seinen Gunsten nicht ein.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 11.480,43,– DM nebst 8 % Zinsen seit dem 05.04.1997 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er habe nicht grob fahrlässig gehandelt. Nachdem er an der Lichtzeichenanlage etwa 20 bis 30 Sekunden gestanden habe und der Verkehr auf den drei rechten Fahrstreifen des … abgerissen sei, weil dort die Lichtzeichenanlage bereits auf rot umgesprungen sei, seien die Fußgängerampeln für den Überweg über den … auf grün umgesprungen. Hiervon habe er sich irreführen lassen. Er sei der Auffassung gewesen, auch für ihn zeige die Lichtzeichenanlage grün. Er sei lediglich momentan unaufmerksam gewesen, so daß lediglich ein Augenblickversagen vorliege. Zumindest müsse die Haftung der Höhe nach herabgesetzt werden, da ein Mißverhältnis zwischen seinem monatlichen Nettoeinkommen, das knapp 2.000,– DM betragen habe, und dem Gesamtschaden des Arbeitgebers aus dem Verkehrsunfall, der sich auf ca. 15.000,– DM belaufe, bestehe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die vorbereitenden Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und – abgesehen von einem Teil der Zinsforderung – begründet.

Die Klägerin hat einen Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung von 11.480,43,– DM aus positiver Forderungsverletzung (§§ 280, 286 BGB analog) i.V. mit § 67 Abs. 1 Satz 1 VVG i.V. mit § 15 Abs. 2 AKB, da der Beklagte den Unfall am 31.10.1996 grob fahrlässig herbeigeführt hat und zu dessen Gunsten eine Haftungsprivilegierung nicht eingreift.

1. Ein grob fahrlässiges Verhalten des Beklagten erachtete das Gericht für gegeben.

Nach ständiger Rechtsprechung des BGH, der sich die Kammer anschließt, gilt für den Begriff der groben Fahrlässigkeit nicht ein ausschließlich objektiver, nur auf die Verhaltensanforderungen des Verkehrs abgestellter Maßstab. Vielmehr sind auch Umstände zu berücksichtigen, die die subjektive, personale Seite der Verantwortlichkeit betreffen (siehe etwa BGH, Urteil vom 08.07.1992 – IV ZR 223/91, NZA 1992, 2418 m. zahlr. Nachw.). Subjektive Besonderheiten können im Einzelfall im Sinne einer Entlastung von dem schweren Vorwurf der groben Fahrlässigkeit ins Gewicht fallen.

Auf ein sog. Augenblickversagen, das jedenfalls den Vorwurf grober Fahrlässigkeit ausschließt, konnte sich der Beklagte nicht mit Erfolg berufen. Sofern der Handelnde nur für einen Augenblick versagte, ist das Vorliegen grober Fahrlässigkeit nur dann zu verneinen, wenn noch weitere subjektive Umstände hinzukommen, die es rechtfertigen, im Einzelfall unter Abwägung aller Umstände den Schuldvorwurf geringer als grob fahrlässig zu werten (BGH, Urteil vom 08.07.1992 – IV ZR 223/91, NZA 1992, 2418). Der Ausdruck „Augenblickversagen” beschreibt nur den Umstand, daß der Handelnde für eine kurze Zeit die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer acht ließ. Dieser Umstand allein ist kein ausreichender Grund, den Schuldvorwurf der groben Fahrlässigkeit herabzustufen, wenn die objektiven Merkmale der groben Fahrlässigkeit gegeben sind. Eine Vielzahl der Fälle unbewußter Fahrlässigkeit, insbesondere bei Regelverstößen im Straßenverkehr, beruht gerade darauf, daß der Handelnde für eine kurze Zeit unaufmerksam ist und das an ihn gerichtete Gebot oder Verbot übersieht. Daß der Verkehrsteilnehmer an die erhöhte Gefahr oder an die gebotene Verhaltensalternative nicht gedacht hat, ist typisch für Fälle der unbewußten Fahrlässigkeit und schließt für sich al...

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