Gleitende Arbeitszeit kann in vielen unterschiedlichen Formen auftreten. Einen ersten Überblick gibt das folgende Schaubild.

11.1 Gleitende herkömmliche Gleitzeitkonzeptionen

Die seit den späten 60er Jahren vor allem in zahlreichen Verwaltungen und Behörden der Bundesrepublik eingeführte gleitende Arbeitszeit enthält bereits einige grundlegende Regelungselemente, die auch für eine Weiterentwicklung in Richtung zu mehr Flexibilität unabdingbar sind wie folgt:

  • Für jeden Mitarbeiter wird ein Zeitkonto geführt, auf dem Schwankungen der geleisteten regelmäßigen Arbeitszeit sich im Zeitverlauf ausgleichen.
  • Jeder Mitarbeiter enthält ein gleichbleibendes Monatsentgelt, unabhängig von der im jeweiligen Monat tatsächlich geleisteten Arbeitszeit.
  • Es wird ein Zeitrahmen festgelegt, innerhalb dessen die individuelle Regelarbeitszeit hinsichtlich ihrer Dauer, Lage und Verteilung frei bestimmt werden kann.
  • Die individuell geleisteten Arbeitszeiten werden auch individuell erfasst, sei es durch Selbstaufschreibung, Stechuhren, Zeitzähler oder elektronischem Zeiterfassungssystem.

Bei Einführung der Gleitzeit ging es den Dienststellen und Betrieben hauptsächlich darum, den Mitarbeitern angesichts der teilweise äußerst angespannten Arbeitsmarktlage attraktive Arbeitszeitbedingungen zu bieten. Die Flexibilität der Arbeitszeit wurde als ein Zugeständnis an den Mitarbeiter betrachtet. Die betrieblichen Flexibilitätserfordernisse blieben dagegen in den meisten Gleitzeitvereinbarungen weitgehend unerwähnt.

Mittlerweile haben sich die Anforderungen an Gleitzeitsysteme wie auch an flexible Arbeitszeitsysteme grundlegend gewandelt. Im Vordergrund steht nunmehr die beiderseits interessengerechte Nutzung zeitlicher Flexibilitätsspielräume durch Mitarbeiter und Betrieb. Neu gegenüber "herkömmlichen" Gleitzeitsystemen ist also vor allem, dass auch betriebliche Flexibilitätserfordernisse mit Hilfe der Gleitzeit bewältigt werden sollen. Hierbei stellt sich zunehmend das Problem, dass tarifvertragliche Arbeitszeitverkürzungen mit dem betrieblichen Erfordernis einer mindestens gleichbleibenden, möglicherweise aber auch längeren zeitlichen Ansprechbarkeit zumindest in kunden- bzw. bürgernahen Funktionen zusammentreffen. Hier ist eine Entkoppelung von Betriebszeit und Arbeitszeit erforderlich. Dies bedingt wiederum die Entkoppelung von Person und (zu besetzender) Funktion. Rein personenbezogene Kernzeitregelungen reichen zur Sicherstellung einer bedarfsgerechten Ansprechbarkeit der jeweiligen Funktionen oftmals nicht mehr aus.

11.2 Probleme herkömmlicher Gleitzeitkonzeptionen

Bei einer Weiterentwicklung herkömmlicher Gleitzeitregelungen in Richtung verlängerter Ansprechzeiten und größerer Kapazitätsorientierung der Arbeitszeitflexibilität stoßen die herkömmlichen Gleitzeitsysteme sehr schnell an ihre Grenzen, da sie erhebliche Restriktionen beinhalten, die überflüssig und bezogen auf die neue Zielsetzung hinderlich sind. Beispiele für solche Restriktionen sind:

Freie Tage auf Zeitkonto

Freie Tage auf Zeitkonto sind bei herkömmlichen Gleitzeitvereinbarungen in aller Regel nur bei positivem Gleitzeitsaldo möglich. Das bedeutet: Der Mitarbeiter muss auf seinem Gleitzeitkonto erst einige Stunden "erarbeitet" haben, bevor ein "Gleittag" genommen werden darf. Dadurch wird das Ansparen von Zeitguthaben zum Hauptinteresse der Mitarbeiter. Um dies wiederum zu vermeiden, wird meist nur ein Gleittag pro Monat zugelassen – mit einem anderen, aber keineswegs vernünftigeren Effekt: Das Ansammeln von Zeitguthaben wird immer noch honoriert, aber nur bis zu einem bestimmten Punkt, der seinerseits nicht den geringsten Bezug zu Arbeitsanfall oder Saisonverlauf aufweist. Gleichzeitig entstehtdurch die Monatsbindung des Gleittages ein großer Anreiz, diesen Tag, wenn möglich, auch tatsächlich jeden Monat zu nehmen – sonst verfällt er schließlich. Das wiederum setzt voraus, dass jeden Monat das entsprechende Zeitguthaben angespart wird. Dieser ganze Prozess vollzieht sich unabhängig von den betrieblichen Auslastungs- und Personalverfügbarkeitsschwankungen.

Übertragung von Zeitguthaben

Die übliche Regel, eine Übertragung von Zeitguthaben auf den Folgemonat nur bis zu einem bestimmten Höchstwert zuzulassen (meist 10 Stunden), schränkt die betrieblichen Flexibilitätsspielräume ein. Ein Effekt solcher Regelungen ist, dass zum Monatsende Mitarbeiter, die schon einige Guthabenstunden auf dem Zeitkonto haben, kaum mehr zu Zusatzarbeit (beispielsweise zu Vertretung erkrankter Kollegen) bereit sein werden, sie müssten ja dem Betrieb Arbeitsstunden schenken. Der unerwünschte Ausweg besteht in der Anordnung von Überstunden, die auf einem extra Überstundenkonto verrechnet werden und damit nicht der Übertragbarkeitsbegrenzung unterliegen. Manche Betriebe kennen allerdings auch die gesonderte Führung "wilder" Plusstundenkonten – etwa in einer speziellen Kartei beim jeweiligen Vorgesetzten. Dabei stellt sich dann aber das Problem der Gleichbehandlung, da eine einheitliche Linie aller Vorgesetzten in der Regel nicht besteht.

Übertragung von Zeitschulden

Meist dürfen Zeitschulden ab einer b...

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