1 Einleitung

Anwesenheitsprämien sind Sondervergütungen, die dem Arbeitnehmer über das vertraglich oder tariflich vereinbarte Entgelt hinaus zugesagt werden, um die tatsächliche Anwesenheit des Arbeitnehmers am Arbeitsplatz zu honorieren. Hierdurch sollen unnötige Fehlzeiten vermieden werden sowie gleichzeitig – durch erhöhte Anwesenheit – eine Steigerung der Produktivität erzielt werden. Nach den in der betrieblichen Praxis üblichen Bedingungen fallen die Anwesenheitsprämien nicht nur bei unentschuldigten Fehlzeiten, sondern auch bei berechtigten Fehlzeiten wie Krankheit oder Mutterschutz weg. Die Zusage bzw. Vereinbarung von Anwesenheitsprämien wird daher allgemein als sozialpolitisch bedenklich angesehen, da ein Arbeitnehmerhierdurch angehalten werden könne, trotz bestehender Erkrankung aus Angst vor Verlust der Anwesenheitsprämie zu arbeiten und hierdurch seine Gesundheit zu gefährden.

2 Erscheinungsformen

Die Anwesenheitsprämie kann als laufende Zahlung zur regelmäßigen Vergütung gewährt werden, wobei Voraussetzung für die Zahlung eine gewisse Mindestanwesenheit pro Woche oder pro Monat sein kann. Die Anwesenheitsprämie kann auch als einmalige Zahlung (Gratifikation, Sonderzuwendung etc.) für einen längeren Zeitraum, gestaffelt nach tatsächlicher Anwesenheit, zugesagt werden.

3 Rechtsgrundlage

In den meisten Fällen folgt der Anspruch des Arbeitnehmers auf eine Anwesenheitsprämie aus einer einzelvertraglichen Vereinbarung mit dem Arbeitgeber. Als weitere Anspruchsgrundlagen kommen ferner eine Gesamtzusage des Arbeitgebers oder eine entsprechende betriebliche Übung in Betracht. Zuletzt hat der Arbeitgeber den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz sowohl hinsichtlich der Zusage als auch der Höhe und der Anrechnung einer Anwesenheitsprämie zu beachten.

4 Wegfall und Kürzung

Hinsichtlich des Wegfalls oder einer Kürzungsmöglichkeit der Anwesenheitsprämie bei Fehlzeiten sind im Grundsatz laufende Anwesenheitsprämien sowie einmalige Anwesenheitsprämien zu unterscheiden.

Zunächst macht es keinen Unterschied, ob Anwesenheitsprämien als Einmalzahlungen zu einem bestimmten Zeitpunkt, etwa am Jahresende oder in mehrmonatigen Abständen – im Zweimonatsrhythmus –, entrichtet werden.[1] Dadurch ändert sich der Charakter einer freiwilligen Anwesenheitsprämie nicht. Somit ist eine entsprechende vertragliche Vereinbarung, nach der eine vom Arbeitgeber gewährte Anwesenheitsprämie auch bei krankheitsbedingten Fehlzeiten zur Kürzung bzw. zum Wegfall der Prämie berechtigt, im Grundsatz rechtswirksam. Die Wirksamkeit einer derartigen Kürzungsregelung ist allerdings an den Grundsätzen der Billigkeit und Verhältnismäßigkeit zu messen. Maßgebend für die Wahrung des Interessenausgleichs ist dabei die Kürzungsrate gemessen am Bezugszeitraum. Die Kürzung einer im zweimonatigen Bezugszeitraum entrichteten Anwesenheitsprämie von 240 DM in Höhe von 1/10 pro Fehltag ist als ebenso zulässig anzusehen wie deren Wegfall bei sechs und mehr Fehltagen.[2]

Monatliche Anwesenheitsprämien sind allerdings Teil des Arbeitsentgelts, so dass sie auch den abwesenden Arbeitnehmern gezahlt werden müssen, soweit diese Anspruch auf Entgeltfortzahlung haben. Somit haben Arbeitnehmer, die nach § 3 Abs. 1 Entgeltfortzahlungsgesetz Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall haben, auch Anspruch auf Fortzahlung der laufend zum Arbeitsentgelt gezahlten Anwesenheitsprämie. Endet der Entgeltfortzahlungsanspruch wegen Überschreitung des Entgeltfortzahlungszeitraumes (im Regelfall 6 Wochen), endet auch der Anspruch auf die Anwesenheitsprämie.[3] Von dieser Regelung kann zu Ungunsten des Arbeitnehmers nur durch Tarifvertrag abgewichen werden (§ 12 Entgeltfortzahlungsgesetz – EFZG). Anspruch auf die laufend zum Arbeitsentgelt gezahlte Anwesenheitsprämie haben auch die Arbeitnehmer, die während der Mutterschutzfristen (§§ 3 Abs. 2, 6 Abs.1 Mutterschutzgesetz), während eines Beschäftigungsverbots (§ 11 Mutterschutzgesetz) oder während ihrer Urlaubsabwesenheit (§ 11 Bundesurlaubsgesetz) Anspruch auf Entgeltfortzahlung haben.

Für Zeiten berechtigten Fehlens ohne Entgeltansprüche (Erziehungsurlaub, Zivil-/Wehrdienst oder unbezahlter Urlaub) besteht kein Anspruch auf die Anwesenheitsprämie. Fehlt der Arbeitnehmer unentschuldigt, besteht ebenfalls kein Anspruch auf die Anwesenheitsprämie. In diesen Fällen soll sogar eine überproportionale Kürzungsmöglichkeit dergestalt bestehen, dass eine monatlich gewährte Anwesenheitsprämie bereits dann nicht gezahlt wird, wenn ein unentschuldigter Fehltag vorliegt.[4]

Wird die Anwesenheitsprämie als einmaliger Betrag im Kalenderjahr gezahlt, ist eine vertragliche Kürzungsvereinbarung auch für solche Fehlzeiten zulässig, für die der Arbeitnehmer an sich Ansprüche auf Entgeltfortzahlung hätte.[5] Dies soll jedenfalls für krankheitsbedingte Fehlzeiten gelten. Für andere berechtigte Fehlzeiten mit Entgeltanspruch ist eine vertraglich vereinbarte Kürzung einer einmalig gezahlten jährlichen Anwesenheitsprämie unzulässig.[6] Eine zulässige vertragliche Kürzungsvereinbarung ist zudem einer Billigkeitskontrolle...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt TVöD Office Professional. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge