1 Grundsätze, Abgrenzung der Tarifregelungen

1.1 Überblick über die verschiedenen Tarifverträge

Mit Datum vom 17.8.2006 wurde zwischen der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) und der Gewerkschaft Marburger Bund der "Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (TV-Ärzte/VKA)" abgeschlossen. Der Tarifvertrag ist mit Wirkung zum 1.8.2006 in Kraft getreten. Mit dem Abschluss der Tarifrunden seit 2008 hat der Tarifvertrag erste Änderungen erfahren, insbesondere eine Erhöhung der Entgelte.

Die Überleitung vom früheren Tarifrecht – dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) bzw. des TVöD – in den Ärzte-Tarifvertrag sowie das Übergangsrecht sind im "Tarifvertrag zur Überleitung der Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern in den TV-Ärzte/VKA und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Ärzte/VKA)" geregelt. Einzelheiten zu den mit dem Marburger Bund geschlossenen Tarifverträgen für Ärztinnen und Ärzte in kommunalen Krankenhäusern werden in Ziffer 2 dargestellt.

Tarifliche Regelungen zur Beschäftigung von Ärztinnen und Ärzten enthält auch der zwischen der VKA und der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di abgeschlossene "Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD)" vom 13.9.2005, insbesondere im Besonderen Teil Krankenhäuser (BT-K), der zum 1.8.2006 grundlegend geändert wurde. In Ziffer 3 erhalten Sie einen Überblick über die wesentlichen Regelungen für Ärztinnen und Ärzte im TVöD-K.

Im Bereich der Länder sind bei der Beschäftigung von Ärztinnen und Ärzten die Bestimmungen des zwischen der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) und der Gewerkschaft Marburger Bund am 30.10.2006 geschlossenen "Tarifvertrags für Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken (TV-Ärzte)" zu beachten. Des Weiteren enthält der am 1.11.2006 in Kraft getretene "Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L)" – abgeschlossen zwischen der TdL und der Gewerkschaft ver.di – Sonderregelungen in § 41 für Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken und in § 42 für Ärztinnen und Ärzte außerhalb von Universitätskliniken.

 
Hinweis

Im Folgenden werden die Anwendungsbereiche der Tarifverträge im kommunalen Bereich abgegrenzt (Ziffer 1.2) und die Tarifregelungen im Einzelnen dargestellt (Ziffern 2 und 3).

Die Tarifverträge der Länder und der Universitätskliniken werden nicht näher behandelt.

1.2 Anwendungsbereich der jeweiligen Tarifregelung im kommunalen Bereich

Während der bis 30.9.2005 gültige Bundes-Angestelltentarifvertrag sowohl von der Gewerkschaft ver.di als auch von der Gewerkschaft Marburger Bund abgeschlossen wurde, gelten seit 1.8.2006 für die Beschäftigung von Ärztinnen und Ärzten im kommunalen Bereich unterschiedliche Tarifverträge:

Damit kann bei einem Arbeitgeber, der Mitglied im Kommunalen Arbeitgeberverband (KAV) ist, eine Bindung an 2 Tarifverträge gegeben sein (Einzelheiten nachfolgend Ziffer 1.2.1).

Bei nicht tarifgebundenen Arbeitgebern ist die Verweisung im Arbeitsvertrag auf die jeweiligen Tarifregelungen auszulegen (Näher unten, Ziffer 1.2.3).

1.2.1 Im Arbeitgeberverband organisierte Arbeitgeber, tarifrechtliche Zuordnung

Tarifpluralität, Tarifkonkurrenz

Beschäftigt ein Arbeitgeber, der Mitglied im KAV ist, einen in der Gewerkschaft Marburger Bund organisierten Arzt[1], so tritt nach §§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 Tarifvertragsgesetz (TVG) normative Bindung an den TV-Ärzte/VKA ein. Die Regelungen des TV-Ärzte/VKA gelten zwingend und unmittelbar.

Sind bei demselben Arbeitgeber Ärzte angestellt, die Mitglied der Gewerkschaft ver.di oder dbb tarifunion sind – was in der Praxis eher selten vorkommt –, so besteht kraft Gesetzes Tarifbindung an den TVöD und den Besonderen Teil Krankenhäuser (BT-K).

In der geschilderten Situation sind auf die Arbeitsverhältnisse eines Krankenhauses – nach den Bestimmungen des TVG – die Tarifverträge unterschiedlicher Gewerkschaften anzuwenden, deren Geltungsbereich sich überschneidet: Sowohl der TVöD in Verbindung mit dem BT-K als auch der TV-Ärzte/VKA gelten für Ärzte an kommunalen Krankenhäusern.

 

Es besteht eine sog. Tarifpluralität:

Der Betrieb ist vom Geltungsbereich zweier von verschiedenen Gewerkschaften abgeschlossenen Tarifverträgen erfasst, während für den jeweiligen Arbeitnehmer je nach Tarifbindung nur einer der beiden Tarifverträge Anwendung findet.[2]

Ist – was durchaus denkbar erscheint – ein Arzt Mitglied in beiden Gewerkschaften, so entsteht eine Tarifkonkurrenz. Das Arbeitsverhältnis ist vom Geltungsbereich sowohl des TVöD-K als auch des TV-Ärzte/VKA erfasst.

Auf die Situation nicht organisierter Arbeitnehmer wird gesondert unten (Sonderproblem: nicht tarifgebundene Ärztinnen und Ärzte) eingegangen.

Tarifpluralität im Betrieb – Änderung der Rechtsprechung – Rechtsfolgen bei Tarifkonkurrenz und Tarifpluralität

Die Rechtsprechung hat in der Vergangenheit für die Fälle, in denen mehrere Tarifverträge einschlägig sind, bestimmte Kollisionsregeln entwickelt.

Zunächst ist durch Auslegung zu ermitteln, ob die Tarifverträge für den Fall einer Kollision selbst eine Regelung getroffen haben. § 2 Abs. 1 TVÜ-Ärzte/VKA enthält eine Konkurrenzregelung. Da...

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