Rz. 2
Die Arbeitsleistung hat der Dienstverpflichtete im Zweifel in Person zu leisten. Im Grundsatz ist ihm daher nicht gestattet, die Arbeitsleistung durch andere Personen (Ersatzleute bzw. betriebsfremde Personen) zu erbringen. Das gilt auch, wenn er sich zur Arbeitsleistung lediglich einer Hilfsperson bedient. Ob der Dienstverpflichtete in Ausnahmefällen bei Verhinderung berechtigt ist, die Arbeitsleistung durch einen Dritten vornehmen zu lassen, bestimmt sich nach der Auslegung seines Dienstvertrags. Ohne besondere Anhaltspunkte wird man ihn allerdings nur als berechtigt, nicht aber als verpflichtet ansehen können, in diesen Fällen "für Ersatz zu sorgen". Im Rahmen eines Behandlungsvertrags i. S. v. § 630a BGB hat der behandelnde Arzt die Leistung – mit Ausnahme der Aufklärung gem. § 630e Abs. 2 Nr. 1 BGB – zwar im Zweifel grds. in Person zu erbringen; dies umfasst aber nicht zwangsläufig die persönliche Erbringung aller Tätigkeiten, die mit der ärztlichen Behandlung in Zusammenhang stehen. Vielmehr richtet sich die Delegationsfähigkeit einzelner Leistungen nach dem allgemein anerkannten fachlichen Standard, wobei maßgeblich ist, dass die "prägende Kernleistung der ärztlichen Behandlung" von dem Arzt selbst erbracht wird. So kann etwa ein Zahnarzt Teile seiner Leistung – wie etwa die Anfechtung und Farbwahl eines Zahnimplantates – an ein Labor delegieren, sofern er die Hoheit über das Behandlungskonzept behält. Im Rahmen eines Wahlarztvertrags genügt es regelmäßig, wenn der Wahlarzt die seine Disziplin prägenden Kernleistungen persönlich und eigenhändig erbringt, solange er das von ihm entwickelte Behandlungskonzept regelmäßig überwacht und selbst steuert.
Rz. 3
Die Erbringung der Arbeitsleistung durch Dritte nach § 267 Abs. 1 Satz 1 BGB ist grds. ausgeschlossen. Von der Übertragung der höchstpersönlichen Arbeitsleistungspflicht sind die sog. mittelbaren Arbeitsverhältnisse und das sog. Gruppenarbeitsverhältnis zu unterscheiden. § 13 TzBfG regelt eine Ausnahme vom Grundsatz der höchstpersönlichen Arbeitsleistungspflicht. Danach können die Parteien vereinbaren, dass mehrere Arbeitnehmer sich die Arbeitszeit an einem Arbeitsplatz teilen (sog. Job-Sharing).
Rz. 4
Beim Tod des Arbeitnehmers erlischt seine Leistungspflicht aufgrund ihres höchstpersönlichen Charakters. D. h., die Arbeitsleistungspflicht des Arbeitnehmers geht nicht im Wege der Universalsukzession nach § 1922 Abs. 1 BGB auf die Erben über.
Exkurs: Vererbbarkeit von Urlaubsansprüchen
Etwas anderes gilt für den Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers. Bis zuletzt vertrat das BAG die Auffassung, dass Urlaubsansprüche wegen des Erholungszwecks höchstpersönlichen Charakter haben und deswegen nicht vererbbar sind. Wobei das BAG danach unterscheidet, ob das Arbeitsverhältnis vor oder nach bzw. mit dem Tod des Arbeitnehmers beendet wurde. Stirbt der Arbeitnehmer erst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses, geht der Urlaubsanspruch – der sich durch die Beendigung in einen Urlaubsabgeltungsanspruch umwandelt – auf die Erben über. Wird das Arbeitsverhältnis jedoch durch den Tod des Arbeitnehmers beendet, so sei der Urlaubsanspruch laut BAG nicht vererbbar.
Urlaubsansprüche sind vererbbar
In letzterem Fall widerspricht der EuGH dem BAG (EuGH, Urteil v. 6.11.2018, C-569/16 und EuGH, Urteil v. 6.11.2018, C-570/16). Nicht genommene Urlaubstage wandeln sich mit dem Tod des Arbeitnehmers in einen Urlaubsabgeltungsanspruch der Erben um. Die entgegenstehende Rechtsprechung des BAG kann damit nicht mehr aufrechterhalten werden.
Der EuGH löst sich hier erneut deutlich vom Surrogatscharakter des Abgeltungsanspruchs und betont vor allem den geldwerten Charakter des Urlaubsanspruchs. Ausgangspunkt der Frage war, dass der EuGH in seiner Bollacke-Entscheidung zwar Art. 7 der RL 2003/88/EG dahingehend ausgelegt hat, dass die Norm einzelstaatlichen Normen zuwiderlaufe, die einen entschädigungslosen Untergang des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub bei Tod des Arbeitnehmers vorsehen. Allerdings war für das BAG insoweit nicht klar, ob dies auch dann gilt, wenn das nationale Erbrecht dies ausschließt. Die Entscheidung des EuGH wird voraussichtlich eine Änderung der bisherigen BAG-Rechtsprechung bewirken.
Im Übrigen sind Abfindungsansprüche des Arbeitnehmers aus Aufhebungsverträgen, gerichtlichen Vergleichen sowie aus Sozialplan grds. vererblich. Auch sonstige Geldansprüche des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber aus dem Arbeitsverhältnis, etwa Gratifikationsansprüche, gehen grds. gem. § 1922 BGB auf die Erben über. Das gilt jedenfalls insofern, als sie nicht höchstpersönlicher Art sind oder besondere Vorschriften oder Vereinbarungen etwas anderes vorsehen (etwa Hinterbliebenenbezüge).