Verbeamtete Lehrer dürfen nicht streiken

Das Streikverbot für deutsche Beamte ist rechtmäßig. Deutsche Beamte sind trotzdem nicht rechtlos gestellt. Sie können Gewerkschaften gründen und haben ein Mitwirkungsrecht bei der Ausarbeitung von Dienstvorschriften. Eine Verletzung des Rechts auf Vereinigungsfreiheit liegt daher nicht vor. Das hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entschieden.

Vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR)  hatten drei Lehrerinnen und ein Lehrer aus Deutschland geklagt. Sie hatten in den Jahren 2009 und 2010 für bessere Arbeitsbedingungen gestreikt. Doch da sie verbeamtet waren, hätten sie ihre Arbeit nicht niederlegen dürfen. Deswegen wurden gegen sie Disziplinarmaßnahmen verhängt.

Anders als Angestellte dürfen Beamte in Deutschland nicht streiken. Beamte haben eine Verpflichtung zur Treue gegenüber dem Staat, um sicherzustellen, dass der Staat handlungsfähig bleibt, selbst in Krisenzeiten. Als Gegenleistung hat der Staat eine Verpflichtung der «Fürsorge» gegenüber den Beamten. Beamte haben eine lebenslange Anstellung und müssen angemessen bezahlt werden. Gewerkschaften argumentieren dagegen, dass es ein Menschenrecht auf Kollektivverhandlungen zur fairen Aushandlung der Arbeitsbedingungen gibt.

Bundesverfassungsgericht hatte Streikrecht abgelehnt

Bevor der Fall in Straßburg landete, hatte er schon deutsche Gerichte bis hin zum Bundesverfassungsgericht beschäftigt. Dies bestätigte im Jahr 2018 das Streikverbot für Beamte. Das Beamtenverhältnis fuße auf einem wechselseitigen System von Rechten und Pflichten, und das lasse ein «Rosinenpicken» nicht zu, hieß es damals.

EGMR: Kein Streikrecht für deutsche Beamtinnen und Beamte

Dem folgte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) nun größtenteils. Das Gericht entschied, dass das Streikverbot für verbeamtete Lehrer in Deutschland rechtmäßig ist. Die Bundesrepublik habe damit das Recht auf Vereinigungsfreiheit nicht verletzt.

Ein allgemeines Streikverbot für alle Beamten werfe zwar menschenrechtliche Fragen auf, allerdings gebe es trotzdem noch genügend Möglichkeiten für Beamte und Gewerkschaften, wirksam für ihre beruflichen Interessen einzutreten. Deutsche Beamte könnten Gewerkschaften gründen und ihnen beitreten und die Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes hätten ein gesetzliches Mitwirkungsrecht bei der Ausarbeitung von Dienstvorschriften. Daher könnten sich verbeamtete Lehrer trotz Streikverbots an der Festlegung der Arbeitsbedingungen beteiligen.

Außerdem seien die gegen die Kläger verhängten Disziplinarmaßnahmen nicht schwerwiegend gewesen und hätten das konkrete Ziel verfolgt, das Recht auf Bildung zu gewährleisten. Zudem müssten Lehrer sich auch nicht verbeamten lassen, sondern könnten in einem Angestelltenverhältnis arbeiten, in dem sie streiken dürften, so die Richter.

Gewerkschaft GEW von Urteil enttäuscht, Beamtenbund dbb zufrieden

Die Erziehungsgewerkschaft GEW, die die Lehrer bei der Klage unterstützt hatte, sprach dagegen von einer «enttäuschenden Entscheidung». Dennoch gebe es in dem Urteil Ansätze, das Beamtenrecht in Deutschland fortzuentwickeln. Diese müssten jetzt eingehend geprüft und bewertet werden. «Das Urteil des EGMR ist eine Aufforderung an Bund und Länder, sich mit den Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes an einen Tisch zu setzen und über eine demokratische Fortentwicklung des Beamtenrechts in Deutschland zu sprechen», sagte GEW-Vorsitzende Maike Finnern.

Der Beamtenbund dbb begrüßte das Urteil dagegen: Die GEW habe sich aus rein dogmatischen Gründen gegen die eindeutige Bewertung des höchsten deutschen Gerichts gewandt und versucht, auf europäischer Ebene einen Konflikt über die Verfassung heraufzubeschwören.

dpa
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