Hessen: Kommunaler Schutzschirm wird immer größer

Die finanzielle Not der hessischen Kommunen wird größer. Noch vor Weihnachten werden voraussichtlich 45 Städte, Gemeinden und Kreise unter den Schutzschirm des Landes schlüpfen. Um die Auflagen erfüllen zu können, verpflichten sich die Kommunen zum Sparen.

Immer mehr verschuldete Kommunen in Hessen schlüpfen unter den finanziellen Schutzschirm des Landes. Nach Angaben des hessischen Finanzministers Thomas Schäfer (CDU) werden bis Weihnachten voraussichtlich 45 der 102 interessierten Städte, Gemeinden und Kreise das Angebot annehmen. «Wir hatten ursprünglich gesagt, dass wir gerne bis Jahresende mit allen fertig gewesen wären», sagte Schäfer am Freitag in Wiesbaden. Dann hätten aber einige Kommunen noch zwischen den Jahren tagen müssen. Mit dem Projekt will das Land klamme Kommunen um bis zu 3,2 Milliarden Euro entlasten. Im Gegenzug verpflichten sie sich zum Sparen.

Neue Konsolidierungsverträge unterzeichneten vor dem Wochenende die Bürgermeister von Heppenheim (Kreis Bergstraße), Gelnhausen (Main-Kinzig-Kreis) und Heidenrod (Rheingau-Taunus-Kreis) sowie der Landrat des Lahn-Dill-Kreises. Das Land übernimmt nun einen Teil ihrer Schulden und Zinszahlungen. Die Kommunen müssen dafür spätestens im Jahr 2020 einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen. Dann greift die Schuldenbremse in Hessen. Als landesweit erste Kommune hatte das nordhessische Frielendorf Hilfe unter dem Schutzschirm gesucht, zum Beispiel auch Kassel und Darmstadt wollen das Angebot nutzen. Dort müssen noch die Stadtverordnetenversammlungen zustimmen.

Viele beteiligte Kommunen setzen nun den Rotstift an. In Heppenheim sollen Stellen in der Verwaltung wegfallen, wenn Mitarbeiter in den Ruhestand gehen. «Sodass wir da etwa Einsparungen von etwa einer Million erhoffen», sagte Bürgermeister Rainer Burelbach (CDU). Andere Kommunen können kaum noch sparen. «Wir beschäftigen uns seit vielen Jahren mit Haushaltskonsolidierung», berichtete der Bürgermeister von Heidenrod, Harald Schmelzeisen (SPD). «Insofern ist auf der Ausgabenseite, ich darf das mal so salopp formulieren, unser Haushalt eigentlich ausgelutscht.» Deswegen stiegen nun die Gebühren für Kindergarten, Wasser und Abwasser.

Das erste Geld aus dem Schutzschirm soll im Februar 2013 fließen. Allein die 45 Kommunen, die noch in diesem Jahr beitreten sollen, werden insgesamt mit rund 1,7 Milliarden Euro Entschuldungshilfe unterstützt. Minister Schäfer wertete das Projekt bei seiner Zwischenbilanz als «hessisches Erfolgsmodell». Der Koalitionspartner FDP lobte den Schutzschirm als einmaliges Angebot in Deutschland.

Kritik kam dagegen von den Linken im Landtag. Der Schutzschirm sei nichts anderes als ein gigantisches Kürzungspaket, sagte der Fraktionsvorsitzende Willi van Ooyen laut Mitteilung. Der Minister habe die Misere der Kommunen selbst mit zu verantworten, indem er den Kommunalen Finanzausgleich gekürzt habe.

dpa
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