Monitoring-Bericht Barrierefreiheit: Viel Nachholbedarf, vor allem bei Kommunen
Ob Webseiten, Apps oder elektronische Ticketsysteme – viele digitale Inhalte sind für Menschen mit Behinderung inhaltlich schwer verständlich oder nur kompliziert bedienbar. Dies gilt insbesondere für die Internetpräsenzen von Verwaltungsträgern. Um auch behinderten Menschen die Möglichkeit zu geben, auf deren Webseiten Informationen zu recherchieren oder Formulare online auszufüllen, kommt einer barrierefreien Umsetzung des Webauftritts große Bedeutung zu.
Leichte Sprache auf barrierefreien Webseiten
Ein Merkmal von barrierefreien Webseiten ist, dass sie ihre Inhalte auch in sogenannter „Leichter Sprache“ zugänglich machen, damit sie auch von Menschen gelesen und verstanden werden, die komplexere Texte und Informationen nicht verstehen können. Ungefähr 7,5 Millionen Menschen in Deutschland brauchen aufgrund von verschiedenen Behinderungen einen solchen Service. Jeder Webauftritt sollte so zum Beispiel auf der Startseite einen Link zu einer Start- bzw. Übersichtsseite in Leichter Sprache haben. Diese Übersichtsseite soll ihnen in einfachen Worten und kurzen Sätzen erklären, welche Aufgaben die jeweilige Verwaltung hat, welche Dienste sie anbietet und wie diese Dienste in Anspruch genommen werden können.
Anforderungen der BITV 2.0
Seit dem 25. Mai 2019 sind Bundesbehörden und viele öffentliche Einrichtungen auf Landes- und kommunaler Ebene laut der Barrierefreien-Informationstechnik-Verordnung (BITV 2.0) verpflichtet, ihre Internetpräsenzen barrierefrei zu gestalten. Zusätzlich sind alle EU-Mitgliedsstaaten verpflichtet, alle drei Jahre anhand eines Überwachungsverfahrens stichprobenartig zu überprüfen, inwieweit die Websites und die mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen den gesetzlichen Barrierefreiheitsanforderungen genügen. Für Deutschland erschien der erste Monitoring-Bericht Ende 2021. Dabei wurden rund 1.900 Webpräsenzen und 57 mobile Anwendungen geprüft, inwiefern sie den Anforderungen der BITV 2.0 gerecht werden.
Einige der wichtigsten Anforderungen der BITV 2.0 sind:
- Es müssen Alternativen für Nicht-Text-Inhalte bereitgestellt werden, die an die Bedürfnisse der Nutzer angepasst werden können.
- Die Inhalte müssen so gestaltet werden, dass sie ohne Informations- oder Strukturverlust in verschiedenen Weisen dargestellt werden können.
- Die Wahrnehmung des Inhalts sowie die Unterscheidung zwischen Vorder- und Hintergrund ist für Nutzer so weit wie möglich zu erleichtern
- Alle Funktionalitäten müssen per Tastatur bedienbar sein.
- Den Nutzern muss genügend Zeit zur Verfügung stehen, um Inhalte gründlich zu lesen und verwenden.
- Die Inhalte müssen so aufbereitet sein, dass keine epileptischen Anfälle ausgelöst werden
- Es müssen Orientierungs- und Navigationshilfen sowie Hilfen zur Verfügung gestellt werden, mit denen jeder Nutzer Inhalte problemlos finden kann.
- Alle Texte müssen gut lesbar und verständlich gestaltet werden.
- Der Aufbau und die Anwendungen der Webseiten müssen so gestaltet sein, dass sie intuitiv zu bedienen sind.
- Es müssen vor allem für Benutzung von Online-Formularen genügend Hilfen zur Verfügung stehen, um Fehler zu vermeiden oder zu korrigieren.
Wichtigste Probleme bei Webseiten
Die größten technischen Defizite erkannte der Monitoringbericht bei der Verwendung von HTML-Strukturelementen. Fehler in diesem Bereich gehen auf Kosten der sogenannten Robustheit einer Webseite. Mit Robustheit ist gemeint, dass die Webseite kompatibel mit verschiedenen Browsern und ausreichend gegenüber unterschiedlichen Displaygrößen ist. Ist das nicht der Fall, können assistierende Technologien die Inhalte nicht richtig wiedergeben.
Webseiten von Kommunen mit viel Nachholbedarf
Die Etablierung neuer Kommunikationsmittel für Menschen mit Behinderung und Lernschwierigkeiten steht in Deutschland noch am Anfang. Konzerne und große Tech-Unternehmen bieten schon lange barrierefreie Versionen ihrer Websites an, ihnen steht aber auch das entsprechende Personal und ausreichend Kapital zur Umsetzung zur Verfügung. Auf Bundes- und Landesebene, wo verhältnismäßig mehr Ressourcen zur Verfügung stehen als auf unteren Verwaltungsebenen, weisen die Webauftritte daher auch weniger Defizite auf. Ganz anders sieht das aber bei den Kommunen aus, wo die benötigten Kapazitäten sehr oft fehlen. Besonderer Handlungsbedarf bestehe bei den Webpräsenzen aller Verwaltungsträger laut Bericht vor allem bei Inhalten in Leichter Sprache. Der nächste Monitoring-Bericht soll 2024 veröffentlicht werden.
Das könnte Sie auch interessieren:
Die Behörden-Website der Zukunft
-
Personalakten im öffentlichen Dienst
3691
-
Öffentliche Verwaltung ohne Personal? 4 Wege aus der Krise!
147
-
Schafft das Mitarbeitergespräch ab!
114
-
Faxgeräte in Behörden - Bann oder Beibehaltung?
59
-
Arbeitsverträge künftig per E-Mail möglich
55
-
Fünf Tipps für erfolgreiche Behördenkommunikation
49
-
Wie Behörden erfolgreich kommunizieren
362
-
80 Prozent der Beschäftigten im öffentlichen Dienst können sich Wechsel des Arbeitgebers vorstellen
36
-
Klagen von Geflüchteten gegen Bezahlkarte in Bayern erfolgreich
35
-
Ist der Fachkräftemangel zu Ende?
34
-
Studie: Bedarf und Wachstumspotenziale von KI in der Verwaltung noch größer als im Privatsektor
28.10.2024
-
Landkreis darf auf Homepage kein kostenloses Stellenportal führen
25.10.2024
-
Bürger erwarten bessere digitale Dienstleistungen der Verwaltung
18.10.2024
-
Nicht mehr aufs Amt: Digitale Wohnsitzanmeldung in Schleswig-Holstein landesweit möglich
11.10.2024
-
Lasst sie einfach ihren Job machen!
02.10.2024
-
Ist der Fachkräftemangel zu Ende?
24.09.2024
-
München, Hamburg und Köln liegen bei der Digitalisierung vorne
17.09.2024
-
So einfach digitalisieren Sie Zahlungen im öffentlichen Sektor
16.09.2024
-
Low-Code-Plattformen: Digitalisierung zum Selbermachen
13.09.2024
-
„Starke Heimat Hessen“ fördert smarte Städte und Regionen
03.09.2024