Wie Behörden erfolgreich kommunizieren

Kommunikation ist heute ein schnelllebiges Geschäft. Aufmerksamkeit ist schwer zu gewinnen. Behörden und andere öffentliche Stellen müssen sich dieser Anforderung stellen. Noch kommunizierten sie zu sehr wie im letzten Jahrhundert, meint Gastautor Dr. Stefan Döring.

Nicht untergehen in der Informationsflut

Noch nie war es so einfach, an Informationen zu kommen: Suchmaschinen und die sozialen Medien sind oft die erste Quelle, wo Menschen sich auf den neuesten Stand bringen. Hinzu kommen die (Werbe)Botschaften, die wir oft als Grundrauschen gar nicht richtig wahrnehmen.

Dieser Informations-Overkill führt zu entsprechenden Anpassungen im Leseverhalten. In Sekunden wird anhand einer Überschrift entschieden, ob die Nachricht lesenswert ist. Ein Wisch und der nächste Bericht ist da, der alte für immer auf dem News-Friedhof. Wir lesen quer und sind zunehmend ungeduldig. Bei den Verwaltungsleistungen wird daher oft bereits Tage nach abgesendetem Antrag nachgefragt, wie der Stand des Verfahrens ist. Für eine postalische Antwort der Behörde nach ein oder mehr Wochen auf eine Anfrage per E-Mail hat Niemand Verständnis.

Welche Auswirkungen haben diese Entwicklungen auf die Kommunikation von Behörden?

Behördenkommunikation ist wichtiger denn je

Das Informationsbedürfnis ist gerade in Krisenzeiten besonders hoch: schnell, transparent, verständlich und konsistent sind die Maßstäbe guter Behördenkommunikation. Wie ist Ihr Eindruck? Funktioniert das aktuell gut?

Vor ein paar Monaten habe ich auf der (seinerzeit erlaubten) Rückreise aus Italien mit dem Smartphone nach Hinweisen zur bayerischen Teststation an der Autobahn gesucht: Keinerlei Informationen auf den Seiten der Behörden! Nichts! Auch heute stehen Eltern auch Tage nach den politischen Verlautbarungen weitgehend ohne klare Infos zur Notbetreuung oder zu den versprochenen Geldersatzleitungen da. Haben Sie die Regelungen für die erlaubten Kontakte zu Weihnachten auf Anhieb verstanden?

Aber auch ohne Krise läuft es nicht rund. Das für mich dramatischste Beispiel für ein großes Projekt des öffentlichen Sektors, das aufgrund fehlender Kommunikation als beinah gescheitert betrachtet werden muss, ist der neue Personalausweis (nPA). Sehr schade, denn dessen Nutzbarkeit brauchen wir in der Digitalisierung der Verwaltung eigentlich dringend.

Letztlich sind Fehlinformationen im Netz eine Bedrohung für unsere Demokratie. Ich verweise auf die spannende Diskussion auf dem Open Government Tag 2020 der Stadt München, ob Behörden nicht mehr gegen Fake News tun müssen. Ich glaube: ja!

Kommunikation ist dann erfolgreich, wenn die Zielgruppe die Botschaft versteht.

Behördenkommunikation bleibt also wichtig. Im Folgenden gebe ich einige Hinweise, wie es besser funktioniert:

Presseinformationen reichen nicht!

Die meisten Behörden denken bei Kommunikation zuerst an Pressemitteilungen. Die sind wichtig, keine Frage: Die Presse muss informiert werden, damit diese die Informationen aufgreift und ihrer Leserschaft transportiert. Was aber, wenn die Presse das Thema als nicht berichtenswert erachtet?

Die meisten Behörden denken bei Kommunikation zuerst an Pressemitteilungen. Moderne Behördenkommunikation ist etwas anders.

Bevor Pressemitteilungen veröffentlicht werden, geht der Text durch viele Hände in der Behörde. Das dauert dann auch mal ein paar Tage. Es ist gar nicht selten, dass die Information dann bereits auf Twitter diskutiert wurde. Viele Bürgerinnen und Bürger werden die Nachricht aus der Pressemitteilung also nie sehen. Auch, weil Tageszeitungen einfach nicht mehr so viel gelesen werden. Moderne Behördenkommunikation ist etwas anders.

Transparenz und Mut zur Interaktion

Beinahe jede Behörde hat in ihren Leitsätzen maximale Kundenorientierung verankert. Konsequent zu Ende gedacht, bedeutet dass dann erstens: Bürger haben ein Anrecht auf Information! Dazu gehört maximale Transparenz statt Herrschaftswissen der Behörde, schnelle und hilfreiche Information statt maximal pauschale Pressemitteilungen, qualifizierte Antworten spätestens nach 1 Werktag auf demselben Kanal, wie die Anfrage und „One Face to the Customer“ statt Weiterleitung in den Zuständigkeits-Dschungel.

Bürger haben ein Anrecht auf Information! Dazu gehört maximale Transparenz statt Herrschaftswissen der Behörde.

Zweitens richten sich Botschaft und Kanal nach den Kunden der Behörden. Die meisten Menschen lesen heute am Smartphone. Eine Behördenseite, die nur auf dem Desktop wirklich gut lesbar ist, sollte schnellstens überarbeitet werden. Es gilt: Mobile First. Und nein, es braucht nicht für jedes Thema eine eigene App!

Viele Behörden sind bereits in den sozialen Netzwerken aktiv. Was mir dabei auffällt: Dort finden sich die gleiche Pressemitteilung – teils Wort für Wort, und nicht selten als pdf zum Download. Gerade in den sozialen Medien ist aber die Interaktion mit den anderen Kanälen und Postings erfolgskritisch. Das macht die Polizei beispielsweise sehr gut.

Menschen sprechen zudem mit Menschen. Auch Behörden sollten bestimmte Informationen mit einem Autor versehen. Wenn diese Markenbotschafter dann noch Reichweite haben – umso besser. Glaubwürdigkeit vermitteln auch einige externe Influencer. Sie einzusetzen, ist zielgruppengerecht und daher auch für Behörden zu empfehlen.

Kommunikation ist dann erfolgreich, wenn die Zielgruppe die Botschaft versteht. Der perfekte, juristisch einwandfreie Schachtelsatz ist da eher nicht geeignet. Auch dürfen Behörden duzen, wenn es zur Zielgruppe und zum Kanal passt.

Kommunikation ist dann erfolgreich, wenn die Zielgruppe die Botschaft versteht. Der perfekte, juristisch einwandfreie Schachtelsatz ist da eher nicht geeignet.

Letztlich müssen Behörden während ihrer Kommunikation laufend Kennzahlen erheben, damit die Strategie immer wieder angepasst werden kann. Die Zeiten von „Post and Pray“ sind definitiv vorbei.

Der Dreiklang für erfolgreiche Behördenkommunikation: Zielgruppe – Kanal – Content

Ich vergleiche in meinen Workshops zur Social-Media-Kommunikation die Art und Weise der Behördenkommunikation im Web gerne mit einer Litfaßsäule: Behörden kleben ihre Information auf die Säule (= eigene Homepage) und hoffen, dass die Personen, die das interessiert, irgendwann daran vorbeikommen.

Für die meisten „Passanten“ ist die Information nicht interessant. Viele wissen von der Litfaßsäule gar nichts und suchen wo anders. Erfolgreich ist die Kommunikation so jedenfalls nicht – im Gegenteil: Manche sind sogar frustriert angesichts der nicht hilfreichen Botschaften.

Wenn man dieselbe Information (als Flyer) dort verteilt, wo die Zielgruppe tatsächlich unterwegs ist (Studenten an der Uni, Eltern an Schule und Kindergarten, passende Anzeigen je Suchbegriff auf google etc.), dann ist die Erfolgsquote definitiv höher. Die Kosten sind oft die gleichen.

Dieses kleine Beispiel zeigt, auf welche Kernfragen es bei einer Kommunikationsstrategie ankommt. Man kann eine der folgenden Fragen nicht ohne die andere richtig beantworten:

  • Wen will ich erreichen? Es bedarf der Überlegung, wer die Zielgruppe ist. „Bürger“ ist da viel zu grob und braucht Differenzierung.
  • Wo informiert sich die Zielgruppe? Schon mal an TikTok gedacht? Kinder haben nun einmal ein anderes Informationsverhalten als Erwachsene. Auf Facebook erreicht man (noch) viele jüngere Menschen. Wirtschaftsförderung ist gut auf LinkedIn platziert. Ich breche an dieser Stelle auch eine Lanze für Zeitungen, Plakate und Flyer, Sie können der richtige Kanal sein, um die Zielgruppe zu erreichen. Im Übrigen muss man für die Nutzung der Social Media Kanäle keinen eigenen Account betreiben!
  • Wie muss der Content aufbereitet sein? Nicht jeder Content funktioniert auf jedem Kanal. Das bedeutet, dass die gleiche Information entsprechend unterschiedlich aufbereitet werden müssen. Infografiken im Web, Erklär-Videos auf Youtube, zielgruppenorientiertes Bildmaterial auf Instagram.

Behördenkommunikation darf Spaß machen!

Als Fazit lässt sich festhalten: Behörden müssen mehr und besser kommunizieren – gerade in Krisenzeiten. Aber: Gute Kommunikation kann nun mal nicht jeder! Dafür braucht es Know-how im Marketing, Kenntnis der Zielgruppe, Erfahrung mit den Kanälen, Professionalität und eine gehörige Menge Kreativität. Dass das Vorzimmer „das bisschen Social Media“ nebenher mit macht, geht einfach nicht. Neben Kompetenz braucht es Kapazität und Budget.

Gute Kommunikation kann nun mal nicht jeder! Dafür braucht es Know-how im Marketing, Kenntnis der Zielgruppe, Erfahrung mit den Kanälen, Professionalität und eine gehörige Menge Kreativität.

Behördenkommunikation darf dann auch Spaß machen! Mit Humor und Selbstironie lassen sich viele – auch kritische – Botschaften besser vermitteln. Wie das geht, zeigt regelmäßig die Berliner BVG.

Schlagworte zum Thema:  Öffentlicher Dienst, Marketing