3 Fragen an Peter Bachmann

EU-Taxonomie? "Was ist das? Und oh, das nervt!"


EU-Taxonomie: 3 Fragen an Peter Bachmann

Die Branche reagiert nicht nur positiv auf die EU-Taxonomie, dabei stehen einige Maßnahmen für Immobilien auf der Hitliste. Allerdings wäre es toll, wenn das Bauministerium nicht sein eigenes Süppchen kochen würde. 3 Fragen an Peter Bachmann vom Startup Circular Skills.

Herr Bachmann, Ihr Unternehmen entwickelt Lösungen für die Bau- und Immobilienwirtschaft, die anschlussfähig an die EU-Taxonomie sind. Wie ist die Resonanz auf das Thema Taxonomie und gibt es eine Hitliste von Maßnahmen, wo man bei einer Immobilie anfangen sollte?

Peter Bachmann: Grundsätzlich (…) wenn die Leute EU-Taxonomie und Lieferkettengesetz hören, hast du eine unglaublich negative Reaktion. (…) "Was ist das? Und oh, das nervt!" (…) Das, was aus Brüssel gekommen ist – ich habe mich mit den 700 Seiten auseinandergesetzt – ist (…) europäische Beamtensprache. Die macht keinen Spaß. Aber wenn man es den Leuten in einer einfachen Sprache erklärt, dann merkt man, dass relativ schnell ein Umdenken stattfindet. (…)

Es ist ganz wichtig (…), dass die Produkte betrachtet werden. (…)  Das machen wir zum Beispiel in einem Scan. (…) Wenn ich jetzt über eine Immobilie spreche, dann fließt das alles in den Gebäuderessourcenpass ein. Und da wird mit den besonders relevanten Materialien begonnen. Wir blenden die Materialien erst mal aus, die unter zwei Massenprozent sind. Es sei denn, das Produkt könnte den Menschen krank machen, wie zum Beispiel eine Bauchemie. (…) Und dann arbeitet man sich von oben nach unten und kriegt dann auch relativ schnell einen Überblick.

Und was dabei ganz wichtig ist, neben der Betrachtung der Produkte (…): Wie kann ich das rechtssicher ausschreiben? Wie kann ich das gegenüber dem Investor oder Finanzierer dokumentieren? Wie sieht die Fügetechnik aus? Wie werden die Produkte auf der Baustelle am Schluss gefügt? Sind die Produkte verfügbar? (...) Wie löse ich dann auch so diese kleinen Fragen auf der schmutzigen Baustelle?

Bundesbauministerium kocht eigenes Süppchen

Sie haben jetzt das Wort Gebäuderessourcenpass benutzt. Ist das schon etwas, was standardisiert ist?

Es tut sich ziemlich viel und ich glaube, es lohnt sich, da hinzugucken, wo die großen Akteure sind, wie zum Beispiel die Deutsche Gesellschaft für nachhaltiges Bauen (DGNB). Da findet schon eine starke Harmonisierung statt. Das macht auch Sinn.

Jetzt wäre es toll, wenn auch noch das Bundesbauministerium sich ein bisschen mehr einbringen würde. Das ist tatsächlich (...) für mich schon fast absurd. Mitzubekommen, dass das Bundesbauministerium sein eigenes Süppchen kocht und die DGNB, die inzwischen riesig aufgestellt ist, macht da echt viel. Und ich fände es toll, wenn sich diese Akteure einfach gemeinsam an den Tisch setzten. (…) Ich sage gar nicht, jedes Gebäude muss nach DGNB gemacht werden. Aber dass wir miteinander sprechen und (...) harmonisieren, das ist mir sehr sympathisch an der Arbeit, die die DGNB macht. So machen wir es auch mit den Werkzeugen, die wir entwickeln. (…) Eine Harmonisierung und miteinander reden, das finde ich extrem zielführend.

Ist die EU-Taxonomie eher ein Hindernis für das Wirtschaften von Unternehmen oder ist das der geniale Start für neue zukünftige Geschäftsmodelle?

Tatsächlich ein "sowohl als auch". Am Anfang (...) interpretiert man es oft als Behinderung. Aber ich darf momentan Zeuge sein, wie ganz neue Geschäftsmodelle entstehen, wie auf einmal Lebensmittelmärkte gebaut und geplant werden, (...) wo beim Bau schon der Rückbau und die Ressourcenverfügbarkeit geplant wird und wo diese Werkstoffe und Ressourcen über die nächsten zwölf Jahre wertvoller werden. Das ist so: Ressourcen werden laufend teurer und insofern ist es für uns in Europa – neben dem Schutz der Umwelt, was ich wichtig finde – (...) überlebensnotwendig, Ressourcenverfügbarkeit und Ressourcen in geschlossene Kreisläufe zu führen (...).

Die Kunden, mit denen wir es zu tun haben, sind zu 80 Prozent Familienunternehmen. Da sind milliardenschwere Unternehmen dabei. Ein Familienunternehmen denkt in Dekaden. Jemand, der schauen muss: 'Was für eine Auswirkung hat das morgen auf den Aktienkurs, was ich heute mache?', der denkt und handelt anders – und tut sich manchmal schwer.


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