"Die Digitalisierung ist übrigens in großem Maße dafür verantwortlich, dass das auch hier als wichtig aufgetauchte Thema Nachhaltigkeit wieder solche Beachtung findet." Stefan Schwan, Engie, Geschäftsbereichsleiter Facility Services, Mitglied der Geschäftsleitung

Wie, Herr Schwan, hängt Nachhaltigkeit mit Technologieführerschaft zusammen?

Schwan: Verstärkt seit 2018 sehen wir ja eine signifikante gesellschaftliche Veränderung. Die Bewegung Fridays for Future bringt das Thema Nachhaltigkeit sehr emotional auf die Tagesordnung. Wir haben dieses Thema schon immer im Fokus gehabt. Doch bis dato haben wir damit wirtschaftlich nicht gerade offene Türen eingerannt. Nun spezifizieren wir es: Wir wollen Zero Carbon Emission. Das heißt CO2-Freiheit. Deshalb haben wir sämtliche Kohlekraftwerke verkauft. Mit einem Riesenverlust übrigens. Beim Thema Effizienz und Null-Carbon wollen wir den Rest, den wir zur kompletten Nachhaltigkeit noch brauchen, durch Wasser, Wind, Sonnenenergie und auch durch Bio-Energie erzeugen. Wasserstofftechnologie ist ebenfalls ein wichtiges Thema für uns. Mobilität ist des Weiteren überaus wichtig. Die Generation Z wird das vehement einfordern. Doch eine solche Transition funktioniert nicht auf Fingerschnipp. Wir haben diesen Prozess "Zero Carbon Transition as a Service" genannt. Das werden wir wirklich als Komplettservice auch liefern.

Spürt die Branche dafür Marktdruck?

Schwan: Es war bis vor ganz kurzer Zeit nicht möglich, das beim Betreiber zu platzieren. Doch nun bringen wir die Mittel ein, um in die nachhaltige Richtung zu gehen. Aus der Immobilie selbst werden wir auf diese Weise für jeden CFO sichtbar weitere Effizienzenheben. Deshalb bringen wir mit diesem Ansatz Branche und Gesellschaft auf den richtigen Weg.

Spielt Nachhaltigkeit auch für einen ERP-Hersteller eine solch große Rolle?

Vieker: Wir wollen natürlich, dass unsere Kunden auch morgen noch ihr Geschäft betreiben können. Stichwort Fachkräftemangel: Wie werde ich auch für junge Leute zu einem attraktiven Arbeitgeber? Mit flexiblen Arbeitszeitmodellen, Arbeitsmöglichkeiten aus dem Home Office, Work-Life-Balance und anderem mehr. Dafür muss ich ja auch eine Technologie einsetzen, die das alles ermöglicht.

Auch eine Art Nachhaltigkeit ...

Vieker: In diesem Zusammenhang sehe ich auch das Thema Datenschutz. Denken Sie an Deutsche Wohnen. Ich will doch nicht Gefahr laufen, eine Millionenstrafe zu kassieren, die mein Unternehmen schädigt. Datensicherheit ist somit bei einem ERP-System oberstes Gebot.

Was, Herr Müller, sind Ihre Nachhaltigkeitsgedanken auf dem Weg zu einer Technologieführerschaft?

Müller: Verbräuche, Emissionen, soziale und Sicherheitskomponenten gehören unbedingt dazu. In Bezug auf unser Fondsgeschäft verfolgen wir eine „Manage to Green“-Strategie. Spätestens 2050 wollen wir klimaneutral sein. Im Einkauf machen wir aus diesen Überlegungen heraus einen Sustainable Investment Check. Wenn zum Zeitpunkt des Immobilienankaufs noch nicht alle Nachhaltigkeitskriterien erfüllt sein sollten, wird ein Investitionsbudget eingeplant, um diese Immobilie auf den grünen Pfad zu bringen.

Das betrifft etwa auch Kühlungskomponenten selbst in unseren Breiten.

Müller: Da gehören die unterschiedlichsten Komponenten dazu. Kühlung als großer Energiefresser selbstverständlich. Ist eine Baukernaktivierung besser, geht diese natürlich in unseren Sustainable Investment Check ein und deckt bereits jetzt den Bedarf, den ich später haben werde. Hinzu kommen die Green Leases mit unseren Bestandsmietern, die auf energiesparenden Umgang mit der Immobilie zielen. Wir haben zusätzlich für Neuvermietungen sogar Mieterausschlusskriterien definiert.

Ethik und Social Responsibility gehören zur Nachhaltigkeit dazu

Welche sind das?

Müller: Wer etwa in der Atomwaffen- oder Streubombenherstellung tätig ist – den wollen wir nicht mehr als Mieter haben. Denn auch Ethik und Social Responsibility gehören zur Nachhaltigkeit.

Das bereits genannte Energiemonitoringsystem bis 2025 auch, oder?

Müller: Selbstverständlich. Damit spielen wir das Thema Energieeffizienz. Denn Wärme und Kühlung gehören intelligent gemessen und zusammengedacht. Dabei sind die Vorschläge und Initiativen aller Dienstleister natürlich herzlich willkommen. Diese werden von uns in unsere "Manage-to-Green"-Strategie mit einbezogen. Und ja, nachdem Nachhaltigkeit schon fast keiner mehr hören konnte, hat sie in den letzten beiden Jahren auch in unserer Branche wieder gewaltig an Fahrt aufgenommen.    

Was ist neben dem Verhältnis zum Kunden, Digitalisierung und Nachhaltigkeit noch wichtig für eine Technologieführerschaft?

Müller: Mir ist wichtig, dass es zwischen den Einzelthemen, wie geschildert, vielfältige Verbindungen gibt. Da steht keines für sich allein. Das müssen wir alles sinnvoll verknüpfen.

Schwan: Die Digitalisierung ist übrigens in großem Maße dafür verantwortlich, dass das auch hier als wichtig aufgetauchte Thema Nachhaltigkeit wieder solche Beachtung findet. Ohne die sozialen Medien wäre das in dem Maße nicht passiert. Es hätte sich nicht so bei den jungen Leuten verankert und wäre auch nicht bis in die Politik wieder vorgedrungen. Das ist auch kein bloßes Public-Relation-Thema mehr. Es wird sich bis in die Bilanzen der Unternehmen als wichtiger Posten niederschlagen. Es wird und bleibt auch keiner Technologieführer, der dem nicht seine volle Aufmerksamkeit widmet.  

Vieker: Das Thema Umwelt mag für einen ERP-Hersteller auf den ersten Blick nicht relevant sein. Allerdings gibt es etwa auch die neue Zählerrichtlinie, die von Umweltschutzmaßnahmen inspiriert ist. Wir helfen den Unternehmen dabei, dass sie diese Richtlinie einfach umsetzen und zukunftsfähig bleiben. Mit Dienstleistern und Energieversorgern sind wir deshalb in engem Kontakt, bis wann etwa alles auf Funktechnologie umgestellt werden wird. Bei der Benachrichtigung von Verbräuchen an die Mieter kommt nämlich der ERP-Anbieter wieder ins Spiel. Einer muss die Daten ja auch wieder verteilen.

Schwan: Heute steht das Geschäftsmodell hinter der Zählerrichtlinie ja bereits wieder auf dem Prüfstand. Denn es wird aller Wahrscheinlichkeit nach nicht mehr der Verbrauch, sondern die Leistung entscheidend sein. In 15 Jahren wird wohl keine Kilowattstunde mehr bezahlt werden. Die Teilnahme am Energiemarkt wird sich auch für die Immobilienwirtschaft grundlegend ändern. Auf den entstehenden Spotmärkten auch für Endabnehmer wird dann Energiemanagement auch monetär eine riesige Rolle spielen.

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