Einsichtnahme in Verwaltungsunterlagen umfassend zulässig

Jeder Wohnungseigentümer darf die Verwaltungsunterlagen einsehen; dies grundsätzlich auch, soweit er diese schon eingesehen hat und es sich um Unterlagen aus einem länger zurückliegenden Abrechnungszeitraum handelt. Nur Treu und Glauben setzen dem Einsichtsrecht Grenzen.

Hintergrund: Eigentümer will Verwaltungsunterlagen wiederholt einsehen

Ein Wohnungseigentümer verlangt vom Verwalter Einsicht in die Verwaltungsunterlagen des Abrechnungsjahres 2003, und zwar im Beisein einer weiteren Eigentümerin sowie eines Rechtsanwalts. Er hatte in diese Unterlagen bereits mehrfach Einsicht genommen.

Der Verwalter meint, es bestehe kein Einsichtsrecht, weil der Anspruch auf Einsichtnahme bereits erfüllt sei. Außerdem seien etwaige Ansprüche des Eigentümers auf die Auszahlung von Guthaben aus der Jahresabrechnung 2003 verjährt. Zudem sei die Einsichtnahme mit Aufwand verbunden, weil er die Unterlagen von 2003 erst heraussuchen müsse.

Entscheidung: Einsichtsrecht geht sehr weit

Der Wohnungseigentümer kann (erneut) Einsicht in die Verwaltungsunterlagen des Jahres 2003 verlangen.

Jeder einzelne Wohnungseigentümer hat einen Anspruch auf Einsichtnahme in sämtliche Verwaltungsunterlagen, insbesondere in die Aufzeichnungen und Belege der Abrechnung sowie in die Einzelabrechnungen der übrigen Wohnungseigentümer. (Zum Ort der Einsichtnahme: Eigentümer muss für Einsicht in Verwaltungsunterlagen notfalls anreisen)

Das Einsichtsrecht dient auch der Überprüfung der Verwaltertätigkeit. Es unterliegt keinen Voraussetzungen. Selbst nachdem die Jahresabrechnung bereits genehmigt ist und/oder dem Verwalter Entlastung erteilt worden ist, kann jeder Wohnungseigentümer noch Einsicht in die Belege nehmen. Das gilt nicht nur, wenn der Verwalter vor der Beschlussfassung erfolglos zur Gestattung der Einsicht aufgefordert worden war, oder wenn die Anfechtungsfrist noch läuft oder die Belege in einem Gerichtsverfahren benötigt werden, sondern grundsätzlich in jedem Fall, ohne dass der Wohnungseigentümer ein besonderes berechtigtes Interesse darlegen müsste. Auf eine Verjährung von etwaigen Ansprüchen auf Auszahlung aus dem Abrechnungsjahr 2003 kommt es daher für die Berechtigung der Einsichtnahme nicht an.

Selbst wenn der Eigentümer in der Vergangenheit bereits mehrfach Einsicht in die Unterlagen genommen hat, ist dadurch nicht belegt, dass seinem Informationsbedürfnis bereits vollständig entsprochen worden ist.

Der Eigentümer darf sich bei der Einsicht auch der Unterstützung einer weiteren Eigentümerin und eines Rechtsanwalts bedienen. Es ist nicht ersichtlich, dass der Geschäftsbetrieb des Verwalters beeinträchtigt wird, wenn drei Personen gemeinsam die Unterlagen einsehen.

Der Verwalter kann sich gegenüber dem Einsichtsrecht auch nicht auf tatsächliche Schwierigkeiten berufen, die ihm durch das Heraussuchen der Unterlagen für das Abrechnungsjahr 2003 entstehen. Eine Grenze für das Einsichtsrecht bilden allein das Schikaneverbot und Treu und Glauben. Es ist nicht ersichtlich, dass hier das Schikaneverbot verletzt ist oder das Einsichtsverlangen gegen Treu und Glauben verstößt.

(LG Frankfurt/Main, Beschluss v. 20.6.2016, 2-13 S 13/14)

Schlagworte zum Thema:  Wohnungseigentumsrecht