BGH: Saalmiete bei coronabedingter Absage einer Hochzeit

Ob und inwieweit sich die coronabedingte Absage einer Hochzeitsfeier auf die Pflicht zur Zahlung der Miete für die hierfür gemieteten Räumlichkeiten auswirkt, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Der BGH verurteilte ein Hochzeitspaar zur vollen Zahlung.

Hintergrund: Hochzeitsfeier fällt wegen Corona-Regeln aus

Die Mieter von Räumlichkeiten für eine Hochzeitsfeier verlangen von der Vermieterin die Rückzahlung der Miete.

Das Paar hatte im Dezember 2018 standesamtlich geheiratet. Die Hochzeitsfeier mit 70 Personen sollte mehr als ein Jahr später am 1.5.2020 stattfinden. Hierfür mietete das Paar im Frühjahr 2019 Räume an und zahlte die vereinbarte Miete von 2.600 Euro.

Die geplante Hochzeitsfeier konnte wegen der im Frühjahr 2020 geltenden Coronaschutzverordnung des Landes Nordrhein-Westfalen, nach der Veranstaltungen und Zusammenkünfte im öffentlichen Raum von mehr als zwei Personen untersagt waren, nicht stattfinden. Die Vermieterin bot mehrere Alternativtermine an, auf die die Feier hätte verlegt werden können, auch für das Jahr 2021. Hierauf gingen die Mieter nicht ein, sondern erklärten am 24.4.2020 den Rücktritt vom Vertrag und verlangten die Rückzahlung der gesamten Miete.

Entscheidung: Vertragsanpassung im Einzelfall

Die Klage auf Rückzahlung der Miete bleibt beim BGH ohne Erfolg.

Corona-Regeln machen Überlassung der Mietsache nicht unmöglich

Die Einschränkungen durch die seinerzeit geltenden Corona-Regeln haben nicht zu einer Unmöglichkeit im Sinne der §§ 326 Abs. 1, 275 Abs. 1 BGB geführt. Trotz des zum Zeitpunkt der geplanten Hochzeitsfeier geltenden Veranstaltungsverbots und der angeordneten Kontaktbeschränkungen war es der Vermieterin nicht unmöglich, den Mietern den Gebrauch der Räumlichkeiten entsprechend dem vereinbarten Mietzweck zu gewähren.

Corona-Regeln begründen keinen Mangel der Mietsache

Auch eine Minderung der Miete nach § 536 Abs. 1 BGB kommt nicht in Betracht, denn es lag kein Mangel des Mietobjekts vor. 

Dass eine Geschäftsschließung aufgrund einer hoheitlichen Maßnahme zur Corona-Bekämpfung keinen Mangel der Mietsache darstellt, hat der BGH bereits im Januar entschieden.

Gleiches gilt, wenn wegen der Corona-Bestimmungen in Räumlichkeiten, die Privatpersonen bei einem gewerblichen Anbieter angemietet haben, eine dort geplante Veranstaltung nicht stattfinden konnte. Durch die Coronaschutzverordnung wurde weder den Mietern die Nutzung der angemieteten Räume noch der Vermieterin tatsächlich oder rechtlich die Überlassung der Mieträumlichkeiten verboten. Das Mietobjekt stand daher trotz der Coronaschutzverordnung, die die Durchführung der geplanten Hochzeitsfeier untersagte, weiterhin für den vereinbarten Mietzweck zur Verfügung.

Die Mieter hatten daher auch kein Recht zum Rücktritt vom Mietvertrag oder zu einer außerordentlichen Kündigung.

Vertragsanpassung erfordert Abwägung im Einzelfall

Allerdings komm bei der Nicht-Nutzbarkeit angemieteter Räume für eine Veranstaltung eine Vertragsanpassung unter dem Gesichtspunkt der Störung der Geschäftsgrundlage; für den Fall einer Geschäftsschließung aufgrund hoheitlicher Corona-Maßnahmen hat der BGH dies bereits entschieden.

Dies bedeutet aber nicht, dass Mieter in diesen Fällen stets eine Anpassung der Miete verlangen können. Vielmehr sind sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Nur ausnahmsweise führt die Anwendung der Grundsätze über die Störung der Geschäftsgrundlage zur völligen Beseitigung des Vertragsverhältnisses. In aller Regel ist der Vertrag nach Möglichkeit aufrechtzuerhalten und lediglich in einer den berechtigten Interessen beider Parteien Rechnung tragenden Form der veränderten Sachlage anzupassen. Nur wenn dies nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar ist, kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten oder bei Dauerschuldverhältnissen den Vertrag kündigen.

Im vorliegenden Fall beschränkt sich der Anpassungsanspruch der Mieter auf eine Verlegung der Feier. Hierdurch wird das Pandemierisiko interessengerecht zwischen den Parteien verteilt und gleichzeitig möglichst gering in die ursprüngliche Regelung eingegriffen. Eine Verlegung der Feier auf einen der angebotenen Alternativtermine wäre den Mietern auch zumutbar gewesen, weil die standesamtliche Hochzeit und der geplante Termin für die Feier nicht – wie sonst üblich – in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang standen. Die Mieter haben auch keine Gründe vorgetragen, warum die Feier ausschließlich am 1.5.2020 hätte stattfinden können.

Endgültige Absage ist eigenes Risiko der Mieter

Sollten die Mieter endgültig auf eine Hochzeitsfeier verzichten wollen, fiele diese Entscheidung allein in ihren Risikobereich und hätte daher auf die vorzunehmende Vertragsanpassung keine Auswirkung. Denn sie beträfe das allgemeine Verwendungsrisiko eines Mieters und stünde nicht mehr in unmittelbarem Zusammenhang mit der pandemiebedingten Störung der Geschäftsgrundlage.

(BGH, Urteil v. 2.3.2022, XII ZR 36/21)


Das könnte Sie auch interessieren:

BGH: Corona-Mietminderung: Auf den Einzelfall kommt es an

Schlagworte zum Thema:  Mietrecht