Entscheidungsstichwort (Thema)

Einordnung eines Pferdes als gebrauchte Sache

 

Normenkette

BGB §§ 90a, 218, 309, 433, 474 Abs. 2 S. 2

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 09.10.2019; Aktenzeichen VIII ZR 240/18)

 

Tenor

Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Itzehoe vom 15. November 2017 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das angefochtene Urteil des Landgerichts Itzehoe vom 15. November 2017 ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um die Rückabwicklung eines Pferdekaufs.

Die Klägerin ersteigerte am 01.11.2014 auf einer von der Beklagten veranstalteten Auktion einen damals 2 1/2 Jahre alten Hengst. Nach Rücktritt vom Kaufvertrag verlangt sie die Rückabwicklung des Vertrages (Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe des Pferdes).

Das Pferd stand ab der Übergabe bis zum Sommer 2015 im Stall der Klägerin. Die Klägerin hat behauptet, sie habe versucht das Tier zu longieren und an Sattel und Reitergewicht zu gewöhnen. Ab dem Sommer 2015 bis Oktober 2015 habe das Pferd auf einer Weide gestanden. Ab Mitte Oktober 2015 bis Frühjahr 2016 habe sie versucht, das Pferd anzureiten.

Die Klägerin hat behauptet, sie habe das Pferd als zukünftiges Dressurpferd gekauft, das Tier sei nicht reitbar und auffällig widersetzlich und empfindlich. Es habe schon mindestens im Zeitpunkt der Auktion ein sogenanntes Kissing Spines im Bereich der Brust und der Lendenwirbelsäule und eine Verkalkung im Nackenbereich im Bereich des Hinterhauptes aufgewiesen.

Der Beklagte hat die behaupteten Sachmängel bestritten und die Einrede der Verjährung erhoben.

Ergänzend wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung u.a. ausgeführt, der Rücktritt sei wegen Verjährung eines hypothetischen Nacherfüllungsanspruchs unwirksam (§§ 438 Abs. 4, 218 BGB). Die Klägerin habe zwar den Rücktritt mit Schreiben vom 11.10.2016 und damit vor Ablauf der gesetzlichen Verjährungsfrist erklärt. Die Verjährungsfrist sei jedoch nach Buchstabe D. Ziffer V. der Auktionsbedingungen der Beklagten auf drei Monate nach Gefahrübergang beschränkt worden. Die Auktionsbedingungen der Beklagten, die weder gegen § 307 BGB noch gegen § 309 Nr. 8 b BGB verstießen, seien wirksam als allgemeine Geschäftsbedingungen in den Vertrag einbezogen worden.

Die Vorschriften über den Verbrauchsgüterkauf gemäß § 474 Abs. 2 Satz 2 BGB seien nicht anwendbar, da die Klägerin das Pferd bei einer öffentlich zugänglichen Versteigerung gekauft und das Tier als gebrauchte Sache im Sinne des Gesetzes anzusehen sei. Nach Auffassung des Landgerichts sei es nicht gerechtfertigt, die Eigenschaft als "neue" Sache ohne jegliche zeitliche Grenze ausschließlich an der bestimmungsgemäßen Nutzung festzumachen.

Zum einen habe der Verkäufer keinen Einfluss darauf, wann und ob das Tier dieser Nutzung zugeführt werde, zum anderen sei das Tier permanent Umwelteinflüssen und anderen äußeren Einwirkungen ausgesetzt. Auch ohne die bestimmungsgemäße Nutzung könnten sich dadurch Mängel entwickeln, zum Beispiel durch Infektionen infolge der Haltungsbedingungen. Es scheine deshalb angebracht zu sein, für den Fall, dass ein Tier (noch) nicht der bestimmungsgemäßen Nutzung zugeführt worden sei, zusätzlich eine zeitliche Grenze heranzuziehen, die sich daran orientiere, ab wann das Tier insgesamt bereits so vielen Umwelteinflüssen und anderen äußeren Einwirkungen ausgesetzt gewesen sei, dass es nicht mehr gerechtfertigt erscheine, es noch als "neue Sache" anzusehen. Ein Pferd sei spätestens ab einem Alter von zwei Jahren nicht mehr als "neu" anzusehen.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, mit der sie ihren erstinstanzlichen Klagantrag weiterverfolgt. Zur Begründung führt sie aus, das Landgericht habe zutreffend festgestellt, dass das Pferd als Reitpferd gekauft worden sei, bis zum Kaufzeitpunkt nicht als solches eingesetzt worden sei und es auch gar nicht habe gebraucht werden können, weil es zum Kaufzeitpunkt ungeritten gewesen sei. Völlig willkürlich und ohne sachliche Kriterien habe das Landgericht dann erkannt, dass ab einem Alter von 2 Jahren ein Pferd als nicht mehr "neu" zu gelten habe. Das Gericht verkenne, dass bis zu dem Alter, in dem sie, die Klägerin, das Pferd erworben habe, weder die anatomischen, physischen noch die psychischen Voraussetzungen für den Einsatz als Reitpferd vorhanden gewesen seien. Das Pferd sei bis zu diesem Alter schlechthin kein Reitpferd und als solches von seiner Entwicklung sowie seinem Wachstum aus medizinischen und auch tierschutzrechtlichen Erwägungen nicht einsatzfähig. Keiner, der mit Pferden umgehe, w...

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