Leitsatz (amtlich)

Bei Tieren ist im Rahmen der Abgrenzung "neu"/"neu hergestellt" und "gebraucht" i.S.d. §§ 474 Abs. 2 Satz 2, 309 Nr. 8 Buchst. b Doppelbuchst. ff BGB nicht nur eine nutzungs-, sondern auch eine rein lebensaltersbedingte Steigerung des Sachmängelrisikos zu berücksichtigen (Fortentwicklung von BGH, Urt. v. 15.11.2006 - VIII ZR 3/06, BGHZ 170, 31).

Für die Frage, ab welchem Zeitpunkt ein noch nicht genutztes Pferd nicht mehr als "neu" zu bewerten ist, lassen sich keine allgemein gültigen zeitlichen Grenzen aufstellen. Jedenfalls ist ein zum Zeitpunkt des Verkaufs weder gerittener noch angerittener und auch nicht einer sonstigen Verwendung (etwa Zucht) zugeführter knapp zweieinhalb Jahre alter Hengst, der schon seit längerer Zeit von der Mutterstute getrennt ist, infolgedessen über einen nicht unerheblichen Zeitraum eine eigenständige Entwicklung vollzogen hat und seit längerem geschlechtsreif ist, als "gebraucht" i.S.v. § 474 Abs. 2 Satz 2 BGB bzw. als nicht "neu hergestellt" i.S.v. § 309 Nr. 8 Buchst. b Doppelbuchst. ff BGB anzusehen.

Eine Klausel in Auktionsbedingungen des als Kommissionär für den Eigentümer tätig werdenden Verkäufers eines "gebrauchten" Pferdes, die die gesetzliche Verjährungsfrist für Ansprüche des Käufers wegen eines Sachmangels des im Rahmen einer Versteigerung nach § 474 Abs. 2 Satz 2 BGB verkauften Tieres auf drei Monate nach Gefahrübergang abkürzt, dabei aber die Klauselverbote des § 309 Nr. 7 Buchst. a und b BGB beachtet, hält der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB stand.

 

Normenkette

BGB § 474 Abs. 2 S. 2, § 309 Nr. 8 Buchst. b Doppelbuchst. ff., § 307 Abs. 1, 2 Ba, Cf, Cj, Abs. 2 Ba, Abs. 2 Cf, Abs. 2 Cj

 

Verfahrensgang

Schleswig-Holsteinisches OLG (Urteil vom 04.07.2018; Aktenzeichen 12 U 87/17)

LG Itzehoe (Entscheidung vom 15.11.2017; Aktenzeichen 2 O 334/16)

 

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 12. Zivilsenats des OLG Schleswig vom 4.7.2018 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Rz. 1

Die Klägerin, eine passionierte Amateur-Dressurreiterin, ersteigerte am 1.11.2014 auf einer von dem Beklagten veranstalteten öffentlichen Versteigerung den seinerzeit knapp zweieinhalb Jahre alten ungekörten Hengst "A." zum Preis von 25.678,32 EUR brutto. Der Verkauf erfolgte über einen öffentlichen bestellten Versteigerer, wobei der Beklagte das Pferd im eigenen Namen als Kommissionär veräußerte. Der Hengst war am 22.5.2012 geboren und bis zum Zeitpunkt der Auktion weder geritten noch angeritten worden. Vor der Versteigerung wurde das Pferd klinisch untersucht, wobei sich laut tierärztlichem Untersuchungsprotokoll keine besonderen Befunde ergaben. Der Rücken des Hengstes wurde allerdings nur äußerlich, nicht auch röntgenologisch untersucht.

Rz. 2

Die in dem von der Klägerin zur Kenntnis genommenen Auktionskatalog abgedruckten Auktionsbedingungen der Beklagten enthalten u.a. folgende Regelung:

"D. [...] V. Der Gewährleistungsanspruch des Käufers verjährt bei Schadensersatz und bei Ansprüchen wegen Beschaffenheitsmängeln gem. I. 1) [= Angaben im Auktionskatalog] und 2) [= in Röntgenaufnahmen und im Untersuchungsprotokoll dokumentierte körperliche Verfassung] drei Monate nach dem Gefahrübergang, bei Ansprüchen wegen Beschaffenheitsmängeln gem. I 3a) bis 3c) (Samenqualität, Deck- und Befruchtungsfähigkeit gekörter Hengste) am 31.05. des auf den Gefahrübergang folgenden Jahres. Diese Befristung gilt nicht, soweit Ansprüche betroffen sind, die auf Ersatz eines Körper- und Gesundheitsschadens wegen eines vom Verkäufer zu vertretenden Mangels gerichtet oder auf grobes Verschulden des Verkäufers oder seiner Erfüllungsgehilfen gestützt sind. In solchen Fällen gilt die gesetzliche Frist."

Rz. 3

Der Hengst wurde nach Übergabe an die Klägerin im Januar 2015 kastriert. Nach einer von ihr im Jahr 2016 veranlassten tierärztlichen Untersuchung forderte die Klägerin den Beklagten mit Anwaltsschreiben vom 11.10.2016 unter Fristsetzung zum 21.10.2016 vergeblich zur Rückabwicklung des Kaufvertrags auf. Sie hat ihr Begehren darauf gestützt, dass sie nach der Übergabe zunächst nur versucht habe, das in ihrem Stall untergebrachte Pferd zu longieren und an Sattel und Reitergewicht zu gewöhnen. Bereits dabei habe sich das Pferd auffällig widersetzlich, schwierig und empfindlich gezeigt. Nach einer mehrmonatigen Zeit auf der Koppelweide habe sie ab Mitte Oktober 2015 bis Frühjahr 2016 versucht, das Pferd anzureiten. Dabei habe sich herausgestellt, dass es für sie nicht reitbar sei. Es habe schon mindestens im Zeitpunkt der Auktion sog. Kissing Spines im Bereich der Brust- und der Lendenwirbelsäule sowie eine Verkalkung im Nackenband im Bereich des Hinterhauptes aufgewiesen.

Rz. 4

Der Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben.

Rz. 5

Das LG hat die auf Rückabwicklung des Kaufvertrags gerichtete Klage mit der Begründung abgewiesen, der Rücktritt sei im Hinblick auf die Verjährung eines hypothetischen Nacherfüllungsanspruchs unwirksam. Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

 

Entscheidungsgründe

Rz. 6

Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

Rz. 7

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - im Wesentlichen ausgeführt:

Rz. 8

Ein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises bestehe unabhängig davon nicht, ob der verkaufte Hengst bei Gefahrübergang einen Sachmangel aufgewiesen habe. Denn der Rücktritt vom Kaufvertrag sei nach § 218 BGB unwirksam, weil mögliche Nacherfüllungsansprüche verjährt seien. Den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Beklagten, wonach Gewährleistungsansprüche drei Monate nach Gefahrübergang verjährten, stünden die Vorschriften über den Verbrauchsgüterkauf nicht entgegen, da es sich bei dem verkauften Hengst um eine gebrauchte Sache i.S.d. § 474 Abs. 2 Satz 2 BGB handele. Die von dem Beklagten gestellten Allgemeinen Geschäftsbedingungen hielten auch einer Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB stand.

Rz. 9

Aufgrund des am 1.11.2014 erteilten Zuschlags sei zwischen den Parteien ein Kaufvertrag gem. § 433 BGB über das Pferd zustande gekommen, bei dem die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Beklagten Vertragsbestandteil geworden seien. Die Auktionsbedingungen seien nicht gem. § 476 BGB unwirksam, da die Vorschriften über den Verbrauchsgüterkauf gem. § 474 Abs. 2 Satz 2 BGB nicht anwendbar seien. Bei dem von der Klägerin anlässlich der Auktion erworbenen, zweieinhalb Jahre alten Hengst handele es sich um eine gebrauchte Sache im Sinne des Gesetzes.

Rz. 10

Zwar sei einer im Schrifttum vertretenen Auffassung nicht zu folgen, wonach Tiere stets als gebrauchte Sachen i.S.v. § 474 Abs. 2 Satz 2 BGB anzusehen seien, weil eine am Verwendungszweck orientierte Auslegung bei Tieren aufgrund vielfältiger Verwendungsformen nicht nur sachlich unangemessen, sondern auch praktisch nicht oder nur schwer handhabbar sei. Dieser Ansatz sei nach der Rechtsprechung des BGH, dem sich das Berufungsgericht anschließe, mit der Regelung des § 90a BGB unvereinbar, nach der die für Sachen geltenden Vorschriften auf Tiere entsprechend anzuwenden seien, sofern nicht etwas anderes bestimmt sei. Die Bestimmungen der §§ 474 ff. BGB enthielten keine Sonderregelungen für Tiere. Der Gesetzgeber sei ausweislich der Gesetzesmaterialien davon ausgegangen, dass es beim Tierkauf keiner speziellen Vorschriften zur Sachmängelhaftung und zur Verjährung bedürfe, weil die allgemeinen kaufrechtlichen Bestimmungen auch solche Kaufrechtsfälle angemessen regelten und hier ebenfalls zwischen "neu" und "alt" zu unterscheiden sei.

Rz. 11

Bei der danach gebotenen Abgrenzung zwischen einem neuen und gebrauchten Pferd erscheine es vorzugswürdig, auf objektive Gesichtspunkte abzustellen. Dabei sei unabhängig davon, welchem Zweck ein Pferd dienen solle und ob es schon verwendet worden sei, allein auf den Ablauf einer gewissen Zeitspanne nach der Geburt des Tieres abzustellen. Hierbei sei in besonderer Weise zu berücksichtigen, dass Tiere ab einem bestimmten Alter ein rein altersbedingt erhöhtes Sachmängelrisiko aufwiesen, sofern sich der Zeitablauf nachteilig auf die Beschaffenheit auswirke. Bei der Festlegung dieser Zeitspanne sei die fortgeschrittene körperliche Entwicklung des Tieres ausschlaggebend. Dabei sei aber weder der Zeitpunkt der ersten Fütterung bzw. der Unterbringung noch der Zeitpunkt des ersten Verkaufs ein geeignetes Kriterium für die Bewertung als gebrauchtes Tier.

Rz. 12

Der BGH habe in einer Entscheidung aus dem Jahr 2006 den bloßen Zeitablauf als unerheblich bewertet, solange das Tier noch jung sei. Nach Ansicht des Berufungsgerichts sei der zum Zeitpunkt des Verkaufs zweieinhalb Jahre alte Hengst aber nicht mehr als jung und infolgedessen als "gebraucht" im Sinne des Gesetzes anzusehen. Nach den Erfahrungen der Mitglieder des Berufungsgerichts aus einer Reihe zivil- und strafrechtlicher Verfahren, die u.a. die Rückabwicklung von Pferdekäufen, die körperliche Entwicklung von Pferden und das Schmerzempfinden von Pferden im Rahmen der Turniersportausbildung zum Gegenstand gehabt hätten und sachverständig begleitet worden seien, sei festzustellen, dass ein Hengst in diesem Alter schon längere Zeit von der Mutterstute getrennt sei, infolgedessen über einen nicht unerheblichen Zeitraum eine eigenständige Entwicklung vollzogen habe und bereits seit längerem geschlechtsreif sei.

Rz. 13

Gerade die Geschlechtsreife, die bei einem Hengst spätestens mit Vollendung des zweiten Lebensjahres eintrete, erhöhe bereits allein durch die bei dem Tier zu diesem Zeitpunkt eingetretenen biologischen Veränderungen das Mängelrisiko beträchtlich. Weiter sei bei einem Zeitablauf von zweieinhalb Jahren ab der Geburt zu berücksichtigen, dass die Möglichkeit von nachteiligen Veränderungen des Tieres beispielsweise durch unzureichende Stallhaltung/Weidehaltung, Fütterung und tierärztliche Versorgung gegenüber einem jüngeren Pferd deutlich gestiegen sei.

Rz. 14

Dagegen sei eine Abgrenzung zwischen einem neuen und einem gebrauchten Pferd, die auf den erstmaligen Einsatz als Reitpferd abstelle, ungeeignet, weil hierdurch der Erwerber das Risiko nachteiliger Veränderungen einseitig auf den Verkäufer abwälzen könnte, indem er das Tier erst in sehr vorgerücktem Alter einer Zweckbestimmung (Sport- oder Freizeitpferd) zuführe. Letztlich bliebe auch offen, wie zu urteilen sei, wenn sich der Erwerber entschließen sollte, das Pferd gar nicht als Reitpferd einzusetzen. Ebenso wenig sei der übliche Zeitpunkt des Beginns der Reitausbildung eines Pferdes als Abgrenzungskriterium geeignet. Eine solche Anknüpfung würde zu erheblichen Rechtsunsicherheiten führen, da nach den beruflichen Erfahrungen des Berufungsgerichts Pferdehalter und insb. Bereiter unterschiedliche Auffassungen dazu verträten, wann mit dem Bereiten eines Pferdes begonnen werden sollte.

Rz. 15

Letztlich komme es auch nicht entscheidend darauf an, ob das Pferd zum Zeitpunkt des Verkaufs bereits die anatomischen und physischen [gemeint ist wohl psychischen] Voraussetzungen für den Einsatz als Reitpferd aufgewiesen habe. Maßgeblich sei vielmehr, ob das Tier insgesamt über einen längeren Zeitraum so vielen Umwelteinflüssen und äußeren Einwirkungen ausgesetzt gewesen sei, dass das altersbedingte Sachmängelrisiko zum Verkaufszeitpunkt dermaßen gestiegen gewesen sei, dass das Tier nicht mehr als neu angesehen werden könne.

Rz. 16

Die Auktionsbedingungen des Beklagten hielten auch einer Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB stand. Die in Abschnitt D.V. der Auktionsbedingungen des Beklagten geregelte Verkürzung der Verjährungsfrist bei Ansprüchen wegen Beschaffenheitsmängeln auf drei Monate ab Gefahrübergang verstoße nicht gegen die Klauselverbote des § 309 Nr. 7 Buchst. a und b BGB. Denn der Beklagte habe von dieser Befristung gerade Ansprüche ausgenommen, die auf Ersatz eines Körper- oder Gesundheitsschadens wegen eines vom Verkäufer zu vertretenden Mangels gerichtet oder auf grobes Verschulden des Verkäufers oder seiner Erfüllungsgehilfen gestützt seien. Ein Verstoß gegen § 309 Nr. 8 Buchst. b BGB liege ebenfalls nicht vor, da es sich bei dem veräußerten Pferd - anders als von dieser Vorschrift vorausgesetzt - nicht um eine neu hergestellte Sache handele.

Rz. 17

Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Beklagten verstießen schließlich auch nicht gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, denn sie benachteiligten die Klägerin nicht unangemessen. Eine unangemessene Benachteiligung sei im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit dem wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen werde, nicht zu vereinbaren sei oder wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrages ergäben, so einschränke, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet sei. So lägen die Dinge hier nicht. Die Verkürzung der gesetzlichen Rechte des Käufers liege in der besonderen Situation der Versteigerung begründet. Nach den bindenden Feststellungen des LG habe der Beklagte die Pferde im eigenen Namen für Rechnung des Ausstellers über einen öffentlich bestellten Versteigerer verkauft. Dieser kenne naturgemäß nicht die besonderen Eigenschaften eines Pferdes und könne nicht in gleicher Weise für die Beschaffenheit des Tieres einstehen wie der Züchter, der das Pferd in der Regel nach der Geburt habe aufwachsen sehen. Auf der anderen Seite sei der Erwerber, der auf einer Auktion ein Tier kaufe, weniger schutzwürdig als wenn er dieses direkt vom Züchter beziehe. Der auf einer Auktion erwerbende Käufer wisse um deren spekulativen Charakter. Die Verkürzung der Verjährungsfrist gegenüber dem gesetzlichen Leitbild sei daher nicht zu beanstanden.

II.

Rz. 18

Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand, so dass die Revision der Klägerin zurückzuweisen ist.

Rz. 19

Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass der von der Klägerin gem. §§ 437 Nr. 2, 434 Abs. 1 Satz 1, 323 Abs. 1 BGB erklärte Rücktritt nach §§ 438 Abs. 4 Satz 1, 218 BGB unwirksam ist, weil ein möglicher Nacherfüllungsanspruch zum Zeitpunkt der Ausübung des Rücktrittsrechts bereits verjährt war und der Beklagte sich hierauf berufen hat. Die in den Auktionsbedingungen des Beklagten enthaltene Verkürzung der Verjährung auf drei Monate ab Gefahrübergang verstößt weder gegen § 475 Abs. 2 BGB a.F. (heute § 476 Abs. 2 BGB) noch gegen die Regelungen der §§ 307 ff. BGB. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Revision bleiben ohne Erfolg.

Rz. 20

1. Das Berufungsgericht hat frei von Rechtsfehlern festgestellt, dass die Auktionsbedingungen des Beklagten Vertragsbestandteil des zwischen den Parteien gem. § 156 BGB zustande gekommenen Kaufvertrags geworden sind. Dies zieht auch die Revision nicht in Zweifel.

Rz. 21

2. Ebenfalls ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht angenommen, dass die in den Auktionsbedingungen des Beklagten in Abschnitt D.V. vorgesehene Verkürzung der Verjährungsfrist auf drei Monate ab Gefahrübergang bei Gewährleistungsansprüchen des Käufers, die Beschaffenheitsmängel nach I.1 (Angaben im Auktionskatalog zur Abstammung, zum Alter, Geschlecht und Farbe) und nach I.2 (in Röntgenaufnahmen sowie im tierärztlichen Untersuchungsprotokoll dokumentierte körperliche Verfassung) betreffen, nicht gegen § 475 Abs. 2 BGB a.F. (heute § 476 Abs. 2 BGB) verstößt.

Rz. 22

a) Nach dieser Vorschrift kann die Verjährung der in § 437 BGB bezeichneten Ansprüche vor Mitteilung eines Mangels an den Unternehmer nicht durch Rechtsgeschäft erleichtert werden, wenn die Vereinbarung zu einer Verjährungsfrist ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn von weniger als zwei Jahren, bei gebrauchten Sachen von weniger als einem Jahr führt. Diese Vorschrift ist allerdings richtlinienwidrig, weil Art. 7 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25.5.1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter (im Folgenden Verbrauchsgüterkaufrichtlinie) den Mitgliedstaaten nur die Befugnis verleiht, im Falle gebrauchter Güter vorzusehen, dass die Parteien die Haftungsdauer des Verkäufers auf ein Jahr ab Lieferung begrenzen dürfen, ihnen dagegen nicht die Möglichkeit einräumt, zu bestimmen, dass die Parteien die Dauer der in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie genannten Verjährungsfrist begrenzen dürfen (EuGH, Urt. v. 13.7.2017 - C-133/16 - Ferenschild, JZ 2018, 298 Rz. 44 ff., insb. Rz. 47).

Rz. 23

Welche Auswirkungen sich daraus ergeben (zum Meinungsstand vgl. Kulke, EWiR 2018, 397 f.), bedarf hier jedoch keiner Erörterung, denn § 475 Abs. 2 BGB a.F. ist - trotz des Umstands, dass der Beklagte bei der Versteigerung als Unternehmer (§ 14 BGB) gehandelt und die Klägerin den Hengst als Verbraucherin (§ 13 BGB) erworben hat - im Streitfall nicht anwendbar, da hier die Ausnahmeregelung des § 474 Abs. 2 Satz 2 BGB eingreift, nach der die Vorschriften über den Verbrauchsgüterkauf (und damit auch § 475 Abs. 2 BGB a.F.) in Übereinstimmung mit Art. 1 Abs. 3 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie in den Fällen, in denen gebrauchte Sachen in einer öffentlich zugänglichen Versteigerung verkauft werden, an der der Verbraucher teilnehmen kann, nicht gelten.

Rz. 24

b) Anders als die Revision in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht hat, ist die Vorschrift des § 474 Abs. 2 Satz 2 BGB nicht dahin teleologisch zu reduzieren, dass von ihr nur Versteigerungen erfasst werden, die sich auf Gegenstände von geringerem Wert, etwa auf gebrauchte Fahrräder oder DVDs, beziehen. Für eine teleologische Reduzierung dieser Bestimmung ist kein Raum, weil sich den Gesetzesmaterialien gerade nicht entnehmen lässt, dass sie bei wertvollen Versteigerungsgegenständen nicht eingreifen soll. Zwar hatte der Bundesrat, auf dessen - von der Bundesregierung und vom Rechtsausschuss des Bundestags aufgegriffener (vgl. BT-Drucks. 14/6857, 62 f.; BT-Drucks. 14/7052, 198) - Anregung die Vorschrift des § 474 Abs. 2 Satz 2 BGB (damals noch § 474 Abs. 1 Satz 2 BGB) in das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts aufgenommen worden ist, insb. die Fälle der öffentlichen Versteigerung von Fundsachen gem. § 979 BGB oder der Versteigerung nicht hinterlegungsfähiger Sachen gem. § 383 BGB im Blick (BT-Drucks. 14/6857, 30 f.). In diesen Fällen - vor allem bei § 383 BGB - können aber auch wertvolle Sachen zur Versteigerung gebracht werden, etwa teure Autos, Antiquitäten oder Tiere. Davon abgesehen lässt sich den Gesetzesmaterialien in aller Deutlichkeit entnehmen, dass die genannten Fallgestaltungen nicht abschließend sein sollen.

Rz. 25

c) Die Annahme des Berufungsgerichts, die Voraussetzungen der - grundsätzlich einschlägigen - Ausnahmeregelung des § 474 Abs. 2 Satz 2 BGB lägen vor, ist entgegen der Auffassung der Revision aus rechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Das Berufungsgericht hat verfahrensfehlerfrei festgestellt, dass der Hengst "A." im Rahmen einer öffentlich zugänglichen Versteigerung verkauft wurde, an der die Klägerin persönlich teilnehmen konnte (vgl. zum Begriff der öffentlichen Versteigerung BGH, Urt. v. 24.2.2010 - VIII ZR 71/09, NJW-RR 2010, 1210 Rz. 11 ff. m.w.N.). Diese Feststellungen werden weder von der Revision noch von der Revisionserwiderung angegriffen. Die Revision wendet sich aber dagegen, dass das Berufungsgericht den zum Zeitpunkt der Versteigerung knapp zweieinhalb Jahre alten Hengst trotz des Umstands, dass er zu diesem Zeitpunkt weder als Reit- noch als Zuchttier verwendet und auch nicht angeritten war, als gebrauchte Sache im Sinne dieser Vorschrift beurteilt hat. Damit ist ihr kein Erfolg beschieden.

Rz. 26

aa) Das Berufungsgericht geht im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats davon aus, dass Tiere entgegen einer im Schrifttum verbreiteten Meinung - unbeschadet des Umstands, dass sie schon ab ihrer Geburt ein gewisses, nur schwer beherrschbares Sachmängelrisiko in sich tragen mögen - nicht bereits ab diesem Zeitpunkt oder mit der ersten Nahrungsaufnahme als "gebraucht" anzusehen sind (BGH, Urt. v. 15.11.2006 - VIII ZR 3/06, BGHZ 170, 31 Rz. 28 ff. mit Nachweisen zu abweichenden Literaturmeinungen). Denn die gegenteilige Sichtweise lässt sich nicht mit §§ 90a Satz 3, 474 ff. BGB vereinbaren, wonach mangels Sonderbestimmungen für Tiere die für Sachen geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden sind. Der Gesetzgeber hat sich bei der Reform des Schuldrechts von der Erwägung leiten lassen, dass es beim Kauf von Tieren keiner speziellen Regelung zur Sachmängelhaftung und zur Verjährung bedürfe, weil die neu eingeführten kaufrechtlichen Vorschriften auch diesen Bereich angemessen regelten und auch hier zwischen "neu" und "gebraucht" zu unterscheiden sei, wobei für die Abgrenzung an die bisherige Rechtsprechung zu § 11 Nr. 10 AGBG anzuknüpfen sei und daher etwa junge Haustiere oder lebende Fische als "neu" auch i.S.d. § 475 Abs. 2 BGB zu behandeln seien (BGH, Urt. v. 15.11.2006 - VIII ZR 3/06, a.a.O., Rz. 29 f. BT-Drucks. 14/6040, 205 ff., 245). Daher verbietet es sich, ein Tier unmittelbar nach seiner Geburt oder kurze Zeit danach - jedenfalls nicht ohne das Hinzutreten weiterer Umstände - bereits als "gebraucht" anzusehen.

Rz. 27

bb) Aus diesen Gründen hat der Senat zur Abgrenzung eines "neuen" Tiers von einem "gebrauchten" Tier in Übereinstimmung mit seiner Rechtsprechung zu § 11 Nr. 10 AGBG (BGH, Urt. v. 3.7.1985 - VIII ZR 152/84, NJW-RR 1986, 52 unter III 1b bb [zu lebenden Forellen]) auch im Anwendungsbereich der § 474 Abs. 2 Satz 2 BGB, § 475 Abs. 2 BGB a.F. jedenfalls solche Tiere nicht als "gebraucht" angesehen, die nur mit dem in ihrer Existenz ("Beschaffenheit") wurzelnden Lebens- und Gesundheitsrisiko behaftet sind, nicht aber mit Risiken, die typischerweise durch Gebrauch entstehen (BGH, Urt. v. 15.11.2006 - VIII ZR 3/06, a.a.O., Rz. 30). Dabei hat der Senat in Anbetracht der gesetzgeberischen Wertung, nach der jedenfalls junge Haustiere nicht als "gebraucht", sondern als "neu" anzusehen sein sollen (BT-Drucks. 14/6040, 245), bei einem noch nicht seinem Bestimmungszweck zugeführten Tier (noch nicht zu Reit- oder Zuchtzwecken genutztes Hengstfohlen) den bloßen Zeitablauf für den Eintritt erhöhter Sachmängelrisiken nicht ausreichen lassen, solange das Tier noch jung ist (BGH, Urt. v. 15.11.2006 - VIII ZR 3/06, a.a.O., Rz. 32). Da Kaufgegenstand in dem vom Senat entschiedenen Fall ein zum Veräußerungszeitpunkt sechs Monate altes Hengstfohlen war, das sich noch nicht von der Mutterstute "abgesetzt" hatte, hat der Senat das Fohlen noch als "jung" bewertet. Deswegen konnte er offenlassen, ob und wann ein Tier auch unabhängig von der Frage, welchem Zweck es dienen soll und ob es schon dafür verwendet worden ist, allein durch den Ablauf einer gewissen Zeitspanne nach der Geburt zur "gebrauchten" Sache wird (BGH, Urt. v. 15.11.2006 - VIII ZR 3/06, a.a.O., Rz. 32).

Rz. 28

cc) An diesem Punkt setzt nun das Berufungsgericht bei der Beurteilung der Frage an, ob und ab welchem Zeitpunkt ein noch nicht als Reit- oder Zuchtpferd verwendeter, knapp zweieinhalb Jahre alter Hengst aufgrund seines Alters ein erhöhtes Sachmängelrisiko aufweist und damit nicht mehr "neu" i.S.v. § 474 Abs. 2 Satz 2 BGB, § 475 Abs. 2 BGB a.F. (heute § 476 Abs. 2 BGB) ist. Entgegen der Auffassung der Revision ist dem Berufungsgericht dabei nicht zum Vorwurf zu machen, dass es die unzutreffenden Unterscheidungsbegriffe "neu" und "alt" statt "neu" und "gebraucht" angewendet hätte. Das Berufungsgericht hat zwar bei der Darstellung des Inhalts des Senatsurteils vom 15.11.2006 ( a.a.O., Rz. 28 ff.) ausgeführt, auch bei einem Tierkauf sei nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung zwischen "neu" und "alt" zu unterscheiden. Mit der Verwendung dieses Begriffspaars hat das Berufungsgericht jedoch ersichtlich nicht in Zweifel ziehen wollen, dass es auf die Unterscheidung zwischen einem "neuen" und einem "gebrauchten" Pferd ankommt. Das von der Revision beanstandete Begriffspaar beruht vielmehr darauf, dass das Berufungsgericht seiner weiteren Begründung das Ergebnis einer aus zwei Schritten bestehenden Prüfung vorangestellt hat. Es hat sich zunächst damit befasst, ob der verkaufte Hengst "jung" im Sinne der zitierten Senatsrechtsprechung ist und daher - weil bisher auch nicht als Nutztier eingesetzt - als "neu" zu bewerten wäre.

Rz. 29

Nachdem es dies aufgrund der in dem Zeitraum von zweieinhalb Jahren ab Geburt eingetretenen biologischen Veränderungen verneint hat, hat das Berufungsgericht sich weiter die vom Senat bislang nicht geklärte Frage gestellt, ob der Hengst zum Zeitpunkt des Verkaufs aufgrund der bei ihm bislang eingetretenen biologischen Veränderungen und der Umwelteinflüsse und äußeren Einwirkungen, denen er in dieser Zeitspanne ausgesetzt war, ein erhöhtes Sachmängelrisiko aufwies. Das Berufungsgericht hat damit trotz an manchen Stellen missverständlicher Formulierungen nicht allein auf das Alter des Pferdes zum Zeitpunkt der Veräußerung, sondern darauf abgestellt, ob sich dieses in einer Verfassung befand, die nicht mehr als neuwertig zu beurteilen ist. Anders als die Revision meint, fußt die Beurteilung des Berufungsgerichts, der von der Klägerin erworbene Hengst sei nicht mehr als "neu", sondern als "gebraucht" anzusehen, damit nicht auf einer fehlgehenden Unterscheidung zwischen "neu" und "alt". Es hat den zweieinhalb Jahre alten Hengst auch nicht als "alt in Lebensjahren" angesehen, sondern ihn nur nicht mehr als "jung" im Sinne der Senatsrechtsprechung bewertet. Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht auch nicht allein aufgrund eines Umkehrschlusses aus der Senatsentscheidung vom 15.11.2006 ( a.a.O., Rz. 26 ff.) abgeleitet, dass ein an Lebensjahren "altes" Pferd stets als gebraucht anzusehen sei. Vielmehr hat es Kriterien herausgearbeitet, aufgrund derer es zu der Beurteilung gelangt ist, dass sich bei dem verkauften Hengst zum Zeitpunkt der Veräußerung das Sachmängelrisiko beträchtlich erhöht habe.

Rz. 30

dd) Es ist aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht für die Bewertung, ob der Hengst als "gebraucht" einzustufen ist, nicht allein darauf abgestellt hat, ob ihm zum Verkaufszeitpunkt Risiken angehaftet haben, die typischerweise durch eine Nutzung des Tiers entstehen. Vielmehr ist bei Tieren im Rahmen der Abgrenzung "neu" und "gebraucht" - was der Senat bislang offenlassen konnte - nicht nur eine nutzungs-, sondern auch eine rein lebensaltersbedingte Steigerung des Sachmängelrisikos zu berücksichtigen (vgl. auch OLG Düsseldorf, ZGS 2004, 271, 273 f.; Lorenz in MünchKomm/BGB, 8. Aufl., § 474 Rz. 17, 20; jurisPK/BGB/Ball, 8. Aufl. Stand: 21.9.2017, § 474 Rz. 52; Wurmnest in MünchKomm/BGB, 8. Aufl., § 309 Nr. 8 Rz. 17; BeckOK/BGB/Becker, Stand: 1.8.2019, § 309 Nr. 8 Rz. 23; von Bardeleben, Rechtliche Besonderheiten des Pferdekaufs unter besonderer Berücksichtigung der tierärztlichen Kaufuntersuchung, 2013, S. 153; Dammann in Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, 6. Aufl., Vor § 309 Nr. 8 lit. b Rz. 8; ähnlich PWW/Schmidt, BGB, 14. Aufl., § 476 Rz. 10). Anders als die Revision meint, kann daher auch ein Tier, das - wie hier - noch nicht seiner Gebrauchsbestimmung (hier: als Reit- bzw. Dressurpferd) zugeführt wurde, je nach Umständen als "gebraucht" einzustufen sein. Aus der von der Revision zitierten Senatsrechtsprechung ergibt sich gerade nicht, dass allein auf eine nutzungsbedingte Erhöhung des Mängelrisikos abzustellen ist. Vielmehr hat der Senat - was die Revision letztlich auch erkennt - ausdrücklich offengelassen, ob bei der Ausfüllung des Begriffs "gebraucht" im Rahmen des § 474 Abs. 2 Satz 2 BGB auch ein altersbedingtes Sachmängelrisiko einzufließen hat und damit ein Tier unter Umständen unabhängig davon, welchem Zweck es dienen soll und ob es dafür schon verwendet worden ist, allein durch den Ablauf einer gewissen Zeitspanne nach der Geburt als "gebraucht" zu bewerten ist (BGH, Urt. v. 15.11.2006 - VIII ZR 3/06, a.a.O., Rz. 32). Aus der Senatsrechtsprechung kann damit - entgegen der Auffassung der Revision - nicht hergeleitet werden, dass bei der Abgrenzung, ob ein Tier als "neu" oder "gebraucht" zu bewerten ist, allein zwischen der bloßen "Existenz" eines Tiers und dessen "Gebrauch" zu unterscheiden wäre und daher nachteilige Veränderungen, die ausschließlich durch sein fortschreitendes Altern bedingt sind, außer Betracht zu bleiben hätten.

Rz. 31

(1) Bei der in § 474 Abs. 2 Satz 2 BGB, § 475 Abs. 2 BGB a.F. angelegten Unterscheidung zwischen "neu" und "gebraucht" handelt es sich um Rechtsbegriffe, die sich gegenseitig ausschließen. Nach der Intention des Gesetzgebers soll zwingend zwischen diesen beiden Kategorien unterschieden werden (vgl. BT-Drucks. 14/6040, 245). Eine Sache oder ein Tier muss daher denknotwendig der einen oder der anderen Kategorie zuzuordnen sein. Das Gesetz selbst enthält keine Legaldefinition dieser Begriffe; entscheidend ist damit letztlich der allgemeine Sprachgebrauch sowie der Umstand, dass der Begriff "gebraucht" im Gesetzestext und auch in der Gesetzesbegründung als vollumfassender Gegensatz von "neu" verwendet wird. Ausgehend vom Wortsinn ist eine Sache dann "gebraucht", wenn sie bereits benutzt worden ist (BGH, Urt. v. 15.11.2006 - VIII ZR 3/06, a.a.O., Rz. 27 m.w.N.). Darin erschöpft sich die Bedeutung dieses Begriffs jedoch nicht, denn nach üblichem Sprachverständnis wird eine Sache auch dann als "gebraucht" bezeichnet, wenn sie "nicht mehr frisch" ist (https://www.duden.de/rechtschreibung/gebraucht_gebrauchen). Bereits nach allgemeinem Sprachgebrauch ist der Begriff "gebraucht" damit ein Synonym zu "nicht mehr neu" oder zu "abgenutzt" (https://www.duden.de/rechtschreibung/gebraucht_gebrauchen). Dieses Verständnis liegt ersichtlich auch den genannten Vorschriften zugrunde, da eine "gebrauchte" Sache oder ein "gebrauchtes" Tier nach der gesetzgeberischen Konzeption nicht zugleich "neu" sein kann.

Rz. 32

(2) Hiervon ausgehend ist ein Tier nicht nur dann als "gebraucht" einzustufen, wenn es einer bestimmten mit einer "Abnutzungsgefahr" verbundenen Verwendung - etwa als Reit- oder Zuchtpferd - zugeführt worden ist. Vielmehr kann ein über das auch einem "neuen" Tier anhaftende allgemeine Lebens- und Gesundheitsrisiko hinausgehendes Sachmängelrisiko auch allein aufgrund eines bei einem ungenutzten Tier eintretenden altersbedingten Abnutzungsprozesses bestehen. Der unterschiedlichen Behandlung des Kaufs von "gebrauchten" und "neuen" beweglichen Sachen liegt die gesetzgeberische Wertung zugrunde, dass dem Verkäufer bei "gebrauchten" Sachen Haftungserleichterungen zu Gute kommen sollen, weil diese - auch aus objektiver Käufersicht - mit einem höheren Sachmängelrisiko als "neue" Gegenstände behaftet sind (vgl. die Bezugnahme auf die Senatsentscheidung v. 3.7.1985 - VIII ZR 152/84, a.a.O.; BT-Drucks. 14/6040, 245). Vor den daraus resultierenden gesteigerten Gefahren einer Inanspruchnahme soll der Verkäufer geschützt werden (Brückner/Böhme, MDR 2002, 1406, 1407; BeckOGK/BGB/Augenhofer, Stand: 1.7.2019, § 474 Rz. 99).

Rz. 33

Eine solch erhöhte Gefahr eines Sachmangeleintritts kann aber bei Tieren wegen ihrer Eigenschaft als Lebewesen auch ohne einen Einsatz als Nutztier bestehen. Anders als unbelebte Gegenstände "gebraucht" sich ein Tier allein dadurch ständig selbst, dass es lebt und sich bewegt; hierdurch steigert es das ihm anhaftende Sachmängelrisiko (so auch Adamczuk, Pferdekaufrecht, 2008, S. 140). Davon geht auch der Gesetzgeber aus. Denn ausweislich der Gesetzesmaterialien sollen auch Haustiere (etwa Hunde), die - anders als beispielsweise Arbeits- oder Reitpferde, Wollschafe oder Milchtiere (BGH, Urt. v. 3.7.1985 - VIII ZR 152/84, a.a.O.) - nicht als Nutztiere gelten, nicht stets, sondern nur, so lange sie noch "jung" sind, als "neu" angesehen werden (BT-Drucks. 14/6040, 245 unter Verweis auf LG Aschaffenburg NJW 1990, 915). Damit setzt der Gesetzgeber implizit voraus, dass auch noch nicht einer bestimmten Verwendung zugeführte Tiere ab einem gewissen Alter nicht mehr als "neu" einzustufen sind.

Rz. 34

Dies alles blendet die Revision aus, wenn sie einen "Gebrauch" allein mit der Nutzung eines Tieres gleichsetzt und den Umstand, dass ein Lebewesen altert, als einen ausschließlich seiner Existenz zuzuordnenden Gesichtspunkt und nicht als einen das Sachmängelrisiko erhöhenden Faktor bewertet. Insbesondere übersieht sie, dass - wie die Vorinstanzen zutreffend gesehen haben - das Alter eines Tieres (hier eines Pferdes) ab einer bestimmten Zeitspanne bei der Beurteilung, ob zwischenzeitlich ein erhöhtes Sachmängelrisiko eingetreten ist, ein nicht mehr zu vernachlässigender Gesichtspunkt ist, weil das Tier in der Zwischenzeit nicht - wie dies bei unbelebten Gegenständen möglich ist - vor äußeren Einwirkungen (weitgehend) geschützt verwahrt werden kann, sondern tagtäglich den Einflüssen des Lebens ausgesetzt war und ist.

Rz. 35

(a) Anders als bewegliche Sachen unterliegen Tiere während ihrer gesamten Lebenszeit einer ständigen Entwicklung und Veränderung ihrer körperlichen und gesundheitlichen Verfassung, die sowohl von den natürlichen Gegebenheiten des Tieres (Anlagen, Alter) als auch von seiner Haltung (Ernährung, Pflege, Belastung) beeinflusst wird (vgl. BGH, Urt. v. 29.3.2006 - VIII ZR 173/05, BGHZ 167, 40 Rz. 27, 24). Darin lag der Grund für das Viehgewährleistungsrecht in §§ 481 ff. BGB a.F., das den Besonderheiten des Handels mit lebenden Organismen Rechnung tragen sollte (BT-Drucks. 14/6040, 206). Der wesensmäßige Unterschied zwischen Tieren und Sachen, der in der Bestimmung des - durch das Gesetz zur Verbesserung der Rechtsstellung des Tieres im bürgerlichen Recht vom 20.8.1990 (BGBl. I 1762) eingefügten - § 90a BGB zum Ausdruck kommt, ist nach der Aufhebung dieser Vorschriften im Zuge der Schuldrechtsreform nicht gegenstandslos geworden (vgl. BGH, Urt. v. 29.3.2006 - VIII ZR 173/05, a.a.O.).

Rz. 36

(b) Die genannten Faktoren spielen mit Ausnahme des Gesichtspunkts der Belastung auch bei einem noch nicht einer bestimmten Verwendung zugeführten Tier, insb. bei Pferden, eine Rolle. Auch ein solches Tier muss gefüttert, gepflegt und tierärztlich versorgt werden und kann mit fortschreitendem Alter, insb. durch bestimmte biologische Entwicklungen, durch äußere Einwirkungen oder durch Umwelteinflüsse, nachteilig verändert werden. So kann kein ernsthafter Zweifel daran bestehen, dass ein noch nicht als Reit- bzw. als Fahrpferd (sei es zu Freizeit- oder Sportzwecken) oder zur Zucht eingesetztes oder zu diesen Zwecken ausgebildetes Pferd, das infolge einer langen Lebenszeit an einer nachteiligen Veränderung seiner körperlichen oder gesundheitlichen Verfassung leidet (etwa Einschränkungen im Bereich des Bewegungsapparats oder des Sehvermögens) weder nach der gesetzgeberischen Intention noch nach der allgemeinen Verkehrsanschauung als "neu" i.S.d. § 474 Abs. 2 Satz 2 BGB, § 475 Abs. 2 BGB a.F. einzustufen ist. In solchen Fällen ist das Sachmängelrisiko nicht nur erhöht, es hat sich bereits verwirklicht.

Rz. 37

(c) Aber auch vor Erreichen eines solch hohen Alters wird es Fälle geben, in denen ein Tier aufgrund der seit seiner Geburt verstrichenen Lebenszeit ein gegenüber dem "Urzustand" deutlich erhöhtes Sachmängelrisiko in sich trägt. Dies wird insb. bei Pferden der Fall sein. Denn nach den vom Berufungsgericht in Bezug genommenen und insoweit im Revisionsverfahren nicht angegriffenen tatsächlichen Feststellungen des LG entspricht es der in Deutschland üblichen Vorgehensweise, ein Pferd erst ab einem Alter von drei Jahren anzureiten. Dementsprechend war der Hengst "A." zum Verkaufszeitpunkt auch noch nicht angeritten. Bei Pferden besteht also die Besonderheit, dass sie relativ spät nach ihrer Geburt einer bestimmten Verwendung zugeführt werden, in der Zwischenzeit aber gleichwohl den Einflüssen des Lebens ausgesetzt sind (vgl. zu diesem Gesichtspunkt Dauner-Lieb/Langen/Büdenbender, BGB, 3. Aufl., § 474 Rz. 18).

Rz. 38

Für die Annahme eines erhöhten Sachmängelrisikos, das zu der Bewertung führt, ein Tier sei nicht mehr "neu", genügt allerdings - wie das Berufungsgericht im Einklang mit der von ihm zitierten Rechtsprechung des Senats angenommen hat - nicht bereits der Umstand, dass die Geburt des Tieres einige Wochen oder Monate zurückliegt (BGH, Urt. v. 15.11.2006 - VIII ZR 3/06, a.a.O., Rz. 28 ff. [für den Fall eines sechs Monate alten Hengstfohlens, das sich noch nicht von der Mutter abgesetzt hatte]). Zwar mag ein Tier schon ab seinen ersten Lebenstagen ein gewisses, nur schwer beherrschbares Sachmängelrisiko in sich tragen (BGH, Urt. v. 15.11.2006 - VIII ZR 3/06, a.a.O., Rz. 29). Dies rechtfertigt aber angesichts der gesetzgeberischen Wertung, dass Tiere nicht bereits ab Geburt oder kürzere Zeit danach als "gebraucht" gelten sollen (BT-Drucks. 14/6040, 245), noch nicht die Annahme, das noch nicht einer Verwendung zugeführte Tier habe damit einen Zustand erreicht, der nicht mehr als "neu" zu bewerten sei.

Rz. 39

Vielmehr wird regelmäßig nur ein deutlich längerer Zeitraum den Schluss zulassen, dass das Sachmängelrisiko in einer die Bewertung als "neu" ausschließenden Weise angestiegen ist. Dabei lassen sich keine allgemein gültigen zeitlichen Grenzen aufstellen, ab denen ein noch nicht einer Verwendung zugeführtes Tier, insb. ein Pferd, nicht mehr als "neu" zu bewerten ist. Diese Beurteilung ist vielmehr aufgrund einer umfassenden Würdigung der Einzelfallumstände zu treffen und obliegt in erster Linie dem Tatrichter. Sie kann vom Revisionsgericht regelmäßig nur darauf überprüft werden, ob das Berufungsgericht Rechtsbegriffe verkannt oder sonst unzutreffende Maßstäbe angelegt hat, ob es Denkgesetze und allgemeine Erfahrungssätze hinreichend beachtet hat oder ihm von der Revision gerügte Verfahrensverstöße unterlaufen sind, indem es etwa wesentliche tatsächliche Umstände übersehen oder nicht vollständig gewürdigt hat (st.Rspr.; vgl. nur BGH, Urt. v. 7.2.2018 - VIII ZR 148/17, NJW-RR 2018, 1012 Rz. 15 m.w.N.).

Rz. 40

ee) Solche Rechtsfehler sind dem Berufungsgericht entgegen der Auffassung der Revision nicht unterlaufen. Das Berufungsgericht hat nicht nur seine Sachkunde bezüglich der Haltung, Nutzung und der körperlichen Entwicklung von Pferden ausreichend dargelegt, sondern hat die Beurteilung, ob der verkaufte Hengst aufgrund seiner seit der Geburt verstrichenen Lebenszeit und der in dieser Zeit bestehenden Umwelteinflüsse und sonstigen äußeren Umstände eine erhöhte Sachmängelgefahr in sich trägt, anhand von sachgerechten Kriterien vorgenommen.

Rz. 41

(1) Anders als die Revision meint, sind die Ausführungen im angefochtenen Urteil ausreichend, um die Sachkunde des Berufungsgerichts für das Revisionsgericht hinreichend nachprüfbar darzulegen (zu diesem Erfordernis vgl. etwa BGH, Urt. v. 18.3.1993 - IX ZR 198/92, NJW 1993, 1796 unter II 1 m.w.N.). Das Berufungsgericht hat eigene Sachkunde für sich in Anspruch genommen für die Frage, welche Lebens- und Entwicklungsphasen ein zweieinhalb Jahre alter Hengst hinter sich gebracht und ob sich in dieser Zeitspanne die Gefahr nachteiliger Veränderungen erhöht hat. Es hat ausgeführt, dass es diese Sachkunde in einer Reihe zivil- und strafrechtlicher Verfahren erworben hat, die u.a. die Rückabwicklung von Pferdekäufen, die körperliche Entwicklung von Pferden und das Schmerzempfinden von Pferden im Rahmen der Turniersportausbildung zum Gegenstand hatten und die sachverständig begleitet worden sind.

Rz. 42

Aus diesen Ausführungen ergibt sich nicht nur, aus welcher Quelle die in Anspruch genommene Sachkunde stammt, sondern auch, dass das Berufungsgericht über ausreichendes Fachwissen für die Beurteilung der sich vorliegend stellenden Frage verfügt, ab wann die tatsächlichen Voraussetzungen für eine Erhöhung des Sachmängelrisikos gegeben sind und ein Pferd infolgedessen als "gebraucht" i.S.d. § 474 Abs. 2 Satz 2 BGB anzusehen ist. Anders als etwa bei schwierigen medizinischen Fragen handelt es sich bei der Haltung von Pferden, ihrer körperlichen Entwicklung und den sich daraus ergebenden Weiterungen sämtlich um Gesichtspunkte, zu denen sich bereits - soweit es sich nicht schon um Allgemeinwissen handelt - aus allgemein zugänglichen Quellen (Internet, Fachliteratur) leicht Informationen finden lassen. Das Berufungsgericht hat sich hiermit nicht begnügt, sondern hat sogar auf aus früheren Fällen gewonnene berufliche Erfahrungen und auf das dort aufgrund der Hinzuziehung von Sachverständigen erworbene Spezialwissen zurückgegriffen. Damit ist die in Anspruch genommene Sachkunde ohne jeden Zweifel hinreichend dargelegt.

Rz. 43

Die Revision macht bezeichnender Weise auch nicht geltend, dass die vom Berufungsgericht aufgrund eigener Sachkunde getroffenen Feststellungen, ein zweieinhalb Jahre alter Hengst sei schon längere Zeit von der Mutterstute getrennt, habe infolgedessen über einen nicht unerheblichen Zeitraum eine eigenständige Entwicklung vollzogen und sei bereits seit längerem geschlechtsreif, unzutreffend seien. Sie stellt auch nicht die weiteren Feststellungen des Berufungsgerichts in Frage, dass bei einem geschlechtsreifen Pferd biologische Veränderungen eingesetzt haben, die auch das Verhalten des Tiers beeinflussen. Weiter zieht sie auch nicht in Zweifel, dass eine nicht artgerechte Haltung, Fütterung oder tierärztliche Versorgung nachteilige Veränderungen bei einem Pferd auslösen können.

Rz. 44

Vielmehr meint die Revision, diese Feststellungen ließen nicht den Schluss zu, das Sachmängelrisiko sei beträchtlich gestiegen; es handele sich hierbei nur um das allgemeine Lebensrisiko, zu verunfallen oder zu erkranken, und gerade nicht um ein Sachmängelrisiko. Damit legt die Revision bei näherer Betrachtung dem Berufungsgericht nicht eine verfahrensfehlerhafte Tatsachenfeststellung zur Last, sondern meint, dieses sei bei seiner Bewertung, die mit der Haltung oder der biologischen Entwicklung eines Pferdes verbundenen Gefahren nachteiliger Veränderungen steigerten das Sachmängelrisiko, von falschen rechtlichen Maßstäben ausgegangen.

Rz. 45

(2) Auch ein solcher Fehler ist dem Berufungsgericht nicht unterlaufen.

Rz. 46

(a) Die Revision rechnet Verletzungs- und Gesundheitsgefahren dem allgemeinem Lebens- und Gesundheitsrisiko und nicht den Risiken zu, die "typischerweise durch Gebrauch entstehen". Dabei blendet sie aus, dass bei einem bereits seiner Verwendung zugeführten Pferd das erhöhte Sachmängelrisiko gerade in Verletzungs- und Gesundheitsgefahren begründet liegt, die zu unbemerkt gebliebenen Vorschädigungen (verdeckten Mängeln) geführt haben können. Solche Gefahren nachteiliger Veränderungen werden also bei einem in Nutzung befindlichen Pferd gerade nicht als unbeachtliche allgemeine Lebens- oder Gesundheitsrisiken bewertet. Ein solch erhöhtes Gefahrenpotential besteht aber aufgrund der weitgehend biologisch gesteuerten Interaktionen eines Pferdes mit seinen Artgenossen und der bei Lebewesen nie auszuschließenden nachteiligen Veränderungen durch falsche Nahrung oder durch Krankheiten, durch tiermedizinische Behandlungen (etwa Impfungen) oder unsachgemäße Pflege auch dann, wenn das Pferd noch nicht seinem Bestimmungszweck als Reit-, Fahr- oder Zuchttier zugeführt worden ist, aber bereits eine längere Zeit gelebt hat (vgl. OLG Frankfurt, Urt. v. 27.8.2013 - 15 U 7/12, juris Rz. 49 f.; OLG Schleswig OLGR Schleswig 2006, 193, 194 [Vorinstanz zu BGHZ 170 31]; vgl. ferner Lorenz in MünchKomm/BGB, a.a.O., Rz. 20 und Reuter, ZGS 2005, 88, 90 f., die Tiere sogar schon ab der ersten Fütterung oder Unterbringung als "gebraucht" einstufen).

Rz. 47

Sämtliche vom Berufungsgericht angeführten Verletzungs- und Gesundheitsgefahren etwa durch triebgesteuertes Paarungsverhalten unerfahrener geschlechtsreifer Junghengste, durch nicht artgerechte Stall- oder Weidehaltung des von der Mutterstute abgesetzten Tieres, durch eine mögliche Fütterung mit ungeeigneter oder schädlicher Nahrung oder durch unzureichende bzw. fehlerhafte tierärztliche Behandlung des Pferdes, sind damit als Erhöhung des Sachmängelrisikos zu werten, die jedenfalls bei einem (knapp) zweieinhalb Jahre alten Hengst aufgrund der vielen in einem solchen Zeitraum auf ihn einwirkenden Einflüsse als so erheblich einzustufen sind, dass das Tier nicht mehr als "neu" i.S.d. § 474 Abs. 2 Satz 2 BGB, § 475 Abs. 2 BGB a.F. anzusehen ist.

Rz. 48

(b) Soweit die Revision - im Ansatz zutreffend - geltend macht, auch Fohlen könnten bei nicht artgerechter Haltung und Fütterung sowie unzureichender tierärztlicher Versorgung nachteilige Veränderungen erleiden (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 15.11.2006 - VIII ZR 3/06, a.a.O., Rz. 29 OLG Schleswig, a.a.O.), ist daraus nicht abzuleiten, dass ein mit zweieinhalb Jahren deutlich älteres Pferd nicht auch dann als "gebraucht" zu werten ist, wenn es noch nicht zu Reit-, Fahr- oder Zuchtzwecken verwendet worden ist. Davon abgesehen, dass ein Fohlen deutlich jünger und damit äußeren Einflüssen viel kürzer als der verkaufte Hengst ausgesetzt ist (als Fohlen werden Pferde bis zu einem Jahr bezeichnet), hat das LG, auf dessen Erwägungen das Berufungsgericht ergänzend verwiesen hat, zutreffend ausgeführt, dass ein (Saug-)Fohlen, solange es noch nicht von der Mutter getrennt worden ist, besonderen Schutz durch das Muttertier erfährt. Der von der Klägerin erworbene Hengst nahm dagegen nach den rechtsfehlerfrei getroffenen und insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts schon seit längerer Zeit eigenständig am Leben mit all seinen Gefahren teil.

Rz. 49

(c) Soweit die Revision (so noch in ihrer Revisionsbegründung) bei Pferden die Eigenschaft "gebraucht" erst ab dem Zeitpunkt bejahen will, in dem sie entweder ihrer Nutzung zugeführt sind oder sich in einem Alter befinden, in dem üblicherweise mit ihrem Einsatz als Nutztier begonnen werde (so auch Wertenbruch, NJW 2012, 2065, 2069) bzw. (so in der mündlichen Revisionsverhandlung) in dem sie ihrem Verwendungszweck entsprechend tatsächlich genutzt werden (so auch Müller, Festschrift Westermann, 2008, S. 517, 531; wohl auch Soergel/Wertenbruch, BGB, Stand: 2009, § 474 Rz. 89a [ab Beginn des Anreitens]), knüpft sie nicht an den für die in § 474 Abs. 2 Satz 2 BGB, § 475 Abs. 2 BGB a.F. für den Verkauf gebrauchter Sachen vorgesehenen Haftungserleichterungen maßgeblichen Grund an. Dieser liegt darin, dem ab einem bestimmten Zeitpunkt erhöhten Sachmängelrisiko Rechnung zu tragen und den Verkäufer vor den daraus entstehenden gesteigerten Gefahren einer Inanspruchnahme zu schützen (vgl. hierzu Brückner/Böhme, a.a.O.; BeckOGK/BGB/Augenhofer, a.a.O.).

Rz. 50

Den genannten Regelungen liegt - wie die Revisionserwiderung zu Recht geltend macht - der Gedanke zugrunde, dass beim Verkauf einer "neuen" Sache berechtigterweise die Erwartung besteht, dass diese für einen Mindestzeitraum ordnungsgemäß funktionieren wird, weil sie noch keine Einflüsse erfahren hat, die diese Funktion hätte beeinträchtigen können. Dies lässt die Revision außer Acht, wenn sie auf den Beginn des Reiteinsatzes oder den Eintritt des Zeitpunktes, zu dem typischerweise eine solche Verwendung erfolgt, abstellt und damit letztlich das Interesse des Käufers an der ungehinderten Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen für ausschlaggebend erachtet.

Rz. 51

3. Frei von Rechtsfehlern hat das Berufungsgericht schließlich angenommen, dass die in Abschnitt D.V. der Auktionsbedingungen geregelte Verkürzung der Verjährungsfrist für Gewährleistungsansprüche des Käufers wegen Fehlens der vereinbarten Beschaffenheit einer Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB standhält. Bei diesen Bedingungen handelt es sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts um Allgemeine Geschäftsbedingungen i.S.v. § 305 Abs. 1 BGB.

Rz. 52

a) Wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen hat und die Revision auch nicht in Frage stellt, verstößt die in Abschnitt D.V. enthaltene Verkürzung der Verjährungsfrist auf drei Monate nach Gefahrübergang nicht gegen die Klauselverbote des § 309 Nr. 7 BGB (zur Unwirksamkeit uneingeschränkter Verkürzungen der Verjährung vgl. BGH, Urt. v. 19.6.2013 - VIII ZR 183/12, NJW 2014, 211 Rz. 30 m.w.N.). Denn die genannte Allgemeine Geschäftsbedingung nimmt die Fallgestaltungen des § 309 Nr. 7 Buchst. a und b BGB (unzulässige Haftungsausschlüsse bei Verletzung von Leben, Körper, Gesundheit und bei grobem Verschulden) ausdrücklich von der abgekürzten Verjährung aus.

Rz. 53

Insoweit liegt auch kein Verstoß gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) vor (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 29.4.2015 - VIII ZR 104/14, NJW 2015, 2244 Rz. 18 ff.), weil die Auktionsbedingungen des Beklagten in D.V. Schadensersatz- und Gewährleistungsansprüche sämtlich denselben Regeln unterstellen, indem sie entweder für alle Ansprüche die Verjährungsfrist verkürzen oder - in den Fallgestaltungen des § 309 Nr. 7 BGB - der gesetzlichen Verjährung unterwerfen und damit keine Unklarheiten aufkommen lassen.

Rz. 54

b) Entgegen der Auffassung der Revision ist die Klausel in Abschnitt D.V. der Auktionsbedingungen der Beklagten auch nicht deswegen unwirksam, weil sie mit dem Klauselverbot des § 309 Nr. 8 Buchst. b Doppelbuchst. ff BGB nicht vereinbar wäre. Denn dieses Verbot greift nur ein, wenn Gegenstand des Vertrags, in den die zu prüfenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen einbezogen sind, eine "neu hergestellte Sache" ist (Grüneberg in Palandt, BGB, 78. Aufl., § 309 Rz. 61; Wurmnest in MünchKomm/BGB, a.a.O., Rz. 14; vgl. ferner BGH, Urt. v. 3.7.1985 - VIII ZR 152/84, a.a.O., [zu § 11 Nr. 10 AGBG]). Dies ist aber - wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen hat - nicht der Fall.

Rz. 55

Gemäß § 309 Nr. 8 Buchst. b Doppelbuchst. ff BGB ist eine Allgemeine Geschäftsbedingung unwirksam, durch die bei Verträgen über Lieferungen neu hergestellter Sachen bei Ansprüchen gegen den Verwender wegen eines Mangels eine weniger als ein Jahr betragende Verjährungsfrist ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn erreicht wird. Diese Bestimmung gilt auch für den Kauf von Tieren (BGH, Urt. v. 3.7.1985 - VIII ZR 152/84, a.a.O.; BT-Drucks. 14/4060, 245 [jeweils zu § 11 Nr. 10 AGBG]). Für die Beurteilung, ob ein Vertrag den Kauf einer "gebrauchten" oder einer "neu hergestellten" Sache (oder eines Tieres) betrifft, gelten die gleichen Maßstäbe wie bei § 474 Abs. 2 Satz 2 BGB, § 475 Abs. 2 BGB a.F. (BT-Drucks. 14/6040, 245, S. 157 f.; vgl. auch BGH, Urt. v. 15.11.2006 - VIII ZR 3/06, a.a.O., Rz. 30). Gemessen daran handelt es sich bei dem veräußerten Hengst - wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen hat - nicht um eine "neu hergestellte Sache".

Rz. 56

c) Die von dem Beklagten verwendete Klausel über die Verkürzung der gesetzlichen Verjährungsfrist für Gewährleistungsansprüche (vgl. § 438 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BGB) auf drei Monate ab Gefahrübergang hält auch einer Kontrolle am Maßstab der §§ 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB stand.

Rz. 57

aa) Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist eine Formularklausel unwirksam, wenn sie den Vertragspartner entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Unangemessen ist eine Benachteiligung, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen (st.Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 8.11.2017 - VIII ZR 13/17, BGHZ 217, 1 Rz. 21 m.w.N.). Davon ist im Zweifel im Falle eines Abweichens von einem wesentlichen Grundgedanken einer dispositiven gesetzlichen Regelung oder bei einer die Erreichung des Vertragszwecks gefährdenden Einschränkung wesentlicher, sich aus der Natur des Vertrags ergebender Rechte oder Pflichten auszugehen (§ 307 Abs. 2 BGB). Gemessen an diesen Maßstäben benachteiligt die Verkürzung der Verjährungsfrist auf drei Monate ab Gefahrübergang den Käufer nicht unangemessen.

Rz. 58

bb) Die Bestimmung des § 474 Abs. 2 Satz 2 BGB (früher § 474 Abs. 1 Satz 2 BGB) nimmt den Kauf einer gebrauchten Sache im Rahmen einer öffentlich zugänglichen Versteigerung, an der der Käufer persönlich teilnehmen kann, von dem in sonstigen Fällen eines Verbrauchsgüterkaufs geltenden Käuferschutz aus. Hierdurch wollte der nationale Gesetzgeber nicht allgemein die Vertriebsform "Versteigerung" gegenüber anderen Formen des Verbrauchsgüterkaufs begünstigen, sondern vielmehr im Hinblick auf bestimmte öffentliche Versteigerungen i.S.v. § 383 Abs. 3 Satz 1 BGB, nämlich bei Versteigerungen von gebrauchten Sachen, bei denen eine Teilnahmemöglichkeit des Kaufinteressenten besteht, die nach bisherigem Recht bestehenden Möglichkeiten eines Gewährleistungsausschlusses erhalten (vgl. BGH, Urt. v. 9.11.2005 - VIII ZR 116/05, NJW 2006, 613 Rz. 12).

Rz. 59

Auch Art. 1 Abs. 3 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie, auf dem § 474 Abs. 2 Satz 2 BGB beruht, liegen im Kern weder Verbraucherschutzgesichtspunkte noch Erwägungen zu einer gebotenen oder zumindest gerechtfertigten Beschränkung des Verbraucherschutzes bei bestimmten Vertriebsmethoden zugrunde (BGH, Urt. v. 9.11.2005 - VIII ZR 116/05, a.a.O., Rz. 13). Diese "fakultative Ausschlussbestimmung" sollte vielmehr der "speziellen Situation in einigen Mitgliedstaaten Rechnung tragen" (Begründung zum Gemeinsamen Standpunkt (EG) Nr. 51/98, vom Rat festgelegt am 24.9.1988 im Hinblick auf den Erlass der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter, ABl. Nr. C 333, S. 46, 53; Senat, Urt. v. 9.11.2005 - VIII ZR 116/05, a.a.O.).

Rz. 60

cc) Die damit nach wie vor bei öffentlich zugänglichen Versteigerungen über gebrauchte Sachen, an denen der Käufer teilnehmen konnte (§§ 474 Abs. 2 Satz 2, 383 Abs. 3 Satz 1 BGB), bestehende Möglichkeit des Verkäufers, Gewährleistungsrechte zu beschränken oder unter Umständen sogar auszuschließen, prägt somit das gesetzliche Leitbild mit, so dass die Verkürzung der Verjährungsfrist auf drei Monate nach Gefahrübergang den Käufer nicht gem. §§ 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1, 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB unangemessen benachteiligt.

Rz. 61

dd) Auch ein Fall des § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB ist nicht gegeben. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Beklagte keinen vollständigen Gewährleistungsausschluss vorgenommen hat, was im Hinblick darauf, dass der verkaufte Hengst noch nicht angeritten und von der Klägerin damit auch nicht probegeritten werden konnte, nicht unbedenklich gewesen wäre.

Rz. 62

Der von dem Beklagten gewählte Weg, die Verjährungsfrist auf drei Monate ab Gefahrübergang zu verkürzen, stellt das Erreichen des Vertragszwecks nicht ernsthaft in Frage. Vielmehr wird - auch in Anbetracht der Begleitumstände (§ 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB) - den Interessen beider Seiten noch angemessen Rechnung getragen und werden die Rechte und Pflichten der Kaufvertragsparteien nicht zu stark zu Lasten des Käufers beschnitten.

Rz. 63

Der Beklagte hat das Pferd nicht als Eigentümer, sondern als Kommissionär versteigert, so dass ihm der Hengst und dessen "Vorleben" nicht aus eigener Anschauung bekannt waren und für ihn aus diesem Grunde bezüglich eventuell vorhandener verdeckter Mängel typischerweise ein nicht unerhebliches Haftungsrisiko bestand (vgl. hierzu auch BGH, Urt. v. 15.1.1975 - VIII ZR 80/73, BGHZ 63, 369, S. 374 f. [für den Kunsthandel]), das es aus seiner Sicht zu verringern galt. Auf der anderen Seite wies das Pferd zum Verkaufszeitpunkt noch nicht das Alter auf, in dem üblicherweise mit der Reitausbildung begonnen wird, weswegen sich ein Sichtbarwerden verdeckter Mängel nach dem Gefahrübergang auf einen Zeitpunkt nach Ablauf der verkürzten Verjährungsfrist hinauszögern konnte. Diese Verschlechterung der Position des Käufers, die von der Revision als "Härte" bezeichnet wird, wird aber dadurch abgemildert, dass dem Käufer nicht die Möglichkeit abgeschnitten wird, sich durch erweiterte Untersuchungen des Pferdes nach der Übergabe zusätzliche Erkenntnisse über seinen Zustand zu verschaffen und ggf. durch Verhandlungen mit dem Verkäufer (§ 203 BGB) oder durch Einleitung eines selbständigen Beweisverfahrens (§ 204 Abs. 1 Nr. 7 BGB) eine Hemmung der Verjährung zu bewirken.

Rz. 64

Nach alledem hält die verwendete Klausel auch einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB stand.

 

Fundstellen

Haufe-Index 13509760

BGHZ 2020, 235

NJW 2020, 759

EWiR 2020, 399

JurBüro 2019, 663

WM 2020, 788

ZIP 2020, 1243

ZIP 2020, 21

JA 2020, 226

JZ 2019, 817

JuS 2020, 561

MDR 2019, 1497

VersR 2021, 378

RÜ 2020, 142

AuUR 2020, 277

IHR 2020, 99

ZVertriebsR 2020, 31

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