Entscheidungsstichwort (Thema)

Normenkontrolle einer naturschutzrechtlichen Sicherstellungsverordnung. Baurechtliche Veränderungssperre

 

Leitsatz (amtlich)

1. Es genügt, wenn eine einstweilige Sicherstellungsverordnung nach § 21 SNG das angestrebte materielle Schutzziel mit hinreichender Deutlichkeit bezeichnet; die angestrebte Art der endgültigen Unterschutzstellung braucht hingegen nicht ausdrücklich benannt zu werden.

2. Mit der einstweiligen Sicherstellung soll in der Funktion vergleichbar einer baurechtlichen Veränderungssperre im Bauplanungsrecht der „status quo” des betreffenden Landschafts(bestand)teiles gegen Veränderungen geschützt werden, die die Zwecke der ins Auge gefassten Unterschutzstellung beeinträchtigen oder gar vereiteln würden.

3. Die einstweilige Sicherstellung mit ihren Verboten und Nutzungsbeschränkungen bewirkt eine Einschränkung der Eigentümerbefugnisse in Form einer Inhalts- und Schrankenbestimmung im Verständnis von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG, die einer sachlichen Rechtfertigung bedarf und verhältnismäßig sein muss.

4. Rechtmäßigkeitsvoraussetzung ist, dass der sichergestellte Bereich nach dem Ergebnis einer überschlägigen fachlichen Bewertung für eine endgültige Unterschutzstellung in Betracht kommt.

5. Die Rechtmäßigkeit einer Sicherstellungsverordnung hängt nicht vom Ergebnis einer vorweggenommenen Normenkontrolle der angestrebten Unterschutzstellung ab. Beachtlich können allerdings Umstände sein, aus denen sich im Sinne von Offenkundigkeit ergibt, dass die in Betracht gezogene Unterschutzstellung nicht Ergebnis einer rechtmäßigen Entscheidung der zuständigen Naturschutzbehörde sein kann.

6. Zu den der Behörde eröffneten Möglichkeiten zur Berücksichtigung von auf eine bauliche Nutzung des in Rede stehenden Geländes abzielenden Eigentümerinteressen bei einer Entscheidung über eine Unterschutzstellung.

7. Zum Begriff des geschützten Landschaftsbestandteiles im Verständnis von § 19 SNG.

8. Zu den Grenzen naturschutzrechtlicher Eigentumsbeschränkungen innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortslage im Verständnis von § 34 BauGB.

 

Normenkette

SNG §§ 21, 19; GG Art. 14 Abs. 1 S. 2; BauGB § 34

 

Tenor

Die Normenkontrollanträge werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens fallen den Antragstellern zu 1., 3. und 4., die für den auf sie entfallenden Kostenanteil als Gesamtschuldner haften, einerseits und der Antragstellerin zu 2. andererseits jeweils zur Hälfte zur Last.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Gültigkeit der „Verordnung zur einstweiligen Sicherstellung des Bereichs „Am Triller” in Alt-A-Stadt” – im Folgenden: Sicherstellungsverordnung –, die die Antragsgegnerin als Untere Naturschutzbehörde – erstmals – am 23.3.2005 erlassen hat.

Die Sicherstellungsverordnung erfasst eine zusammenhängende, ca. 3 Hektar große Freifläche des Bereichs „Triller” im Stadtteil Alt-A-Stadt der Antragsgegnerin, die teilweise von den Straßen „Trillerweg”, „Am Triller”, „Lilienstraße”, „Nelkenstraße” und der Fußwegeverbindung „Am Jakobsgärtchen”, im Übrigen von bebauten Grundstücken begrenzt wird. Wegen Einzelheiten der Abgrenzung wird auf die Grenzbeschreibung in § 2 der Sicherstellungsverordnung und den zum Bestandteil der Verordnung erklärten, mit veröffentlichten Lageplan verwiesen.

Die im Geltungsbereich der Sicherstellungsverordnung gelegenen Flurstücke, die teils einer aus den Antragstellern zu 1., 3. und 4. bestehenden Erbengemeinschaft, teils der Antragstellerin zu 2. als Alleineigentümerin gehören, waren Teil einer von einer hohen Mauer umschlossenen privaten Parkanlage, in der früher die nach Beschädigungen im zweiten Weltkrieg abgebrochene Villa eines Industriellen und einige, heute allerdings nur noch teilweise vorhandene Nebengebäude standen.

Auf dem Gelände hat sich im Laufe der Jahre ein umfangreicher Baumbestand entwickelt, der unter anderem mehr als 100 Jahre alte Eichen, Buchen und Kastanien mit bis zu 22 Meter Kronendurchmesser umfasst. Wegen Einzelheiten wird insoweit auf die in den Behördenakten befindliche Bewertung der Unteren Naturschutzbehörde der Antragsgegnerin „bü 18.8.2003”) und den zugehörigen Bestandsplan verwiesen.

Offenbar angestoßen durch eine Bürgerinitiative, die sich aus Anlass der Bebauung der an der Narzissenstraße gelegenen Flurstücke Nr. 42/32 und Nr. 42/33 gebildet hatte und die für den Erhalt des Baumbestandes im Bereich des ehemaligen Parkgeländes eintritt, leitete der Stadtrat der Antragsgegnerin im Dezember 2001 ein Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplanes mit dem Ziel ein, Bebauungsmöglichkeiten nur zurückhaltend im straßennahen Bereich von bereits wegemäßig erschlossenen Flurstücken zu eröffnen, um den als wertvoll eingestuften Baumbestand und die als Stadtbild prägend angesehene Baum bestandene Hangkante zum Saartal hin möglichst weitgehend zu schonen und zu sichern. Zur Absicherung der Planung erließ die Antragsgegnerin am 22.5.2002 eine Veränderungssperre...

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