Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Sittenwidrigkeit von Darlehensverträgen u.a. unter dem Gesichtspunkt der Verjährung und Ermittlung des marktüblichen Vergleichszinses

 

Verfahrensgang

LG Landau (Pfalz) (Aktenzeichen 4 O 393/08)

 

Gründe

I. Die Parteien werden auf Folgendes hingewiesen:

1. Wie im Termin vom 19.4.2010 erörtert geht der Senat auch weiterhin davon aus, dass mögliche Ansprüche des Klägers gegen die Beklagte auf Neuberechnungen der Zinsen wegen falscher Angabe des effektiven Jahreszinses und Bereicherungsansprüchen wegen behaupteter Sittenwidrigkeit der Darlehen ganz überwiegend verjährt sind, da der Kläger Kenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen hatte. In den jeweiligen Darlehensverträgen waren jeweils die genauen Beträge der Kosten und der entstehenden Zinsen aufgeführt, so dass der Kläger schon damals hätte die Richtigkeit des angegebenen effektiven Zinssatzes jeweils überprüfen lassen können und auch dann die behauptete Sittenwidrigkeit des vereinbarten Zinses zu dem allgemeinen Marktzins hätte feststellen lassen können. Dies stellt eine ausreichende Kenntnis der den Anspruch begründenden Tatsachen dar. Dass der Kläger aus diesen ihm bekannten Tatsachen den Schluss gezogen hat, dass ihm Ansprüche auf Neuberechnung des Zinses zustehen bzw. die Darlehen sittenwidrig sind und ihm deswegen Bereicherungsansprüche zustehen, ist für die Kenntnis i.S.v. § 199 BGB nicht erforderlich (vgl. BGH ZIP 2008, 1538 [1539 m.w.N.]). Ein Hinausschieben des Fristbeginns wegen einer unübersichtlichen und zweifelhaften Rechtslage kommt nicht in Betracht, da seit langem in der Rechtsprechung des BGH geklärt ist, unter welchen Bedingungen Ratenkredite als sittenwidrig anzusehen sind. Die vom Kläger zitierten Entscheidungen des BGH betreffen nicht die Frage der Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen i.S.v. § 199 BGB, sondern die Frage der geschäftlichen Unerfahrenheit i.S.v. § 138 BGB und sind daher nicht einschlägig.

2. Nicht verjährt wären Bereicherungsansprüche wegen der behaupteten Sittenwidrigkeit des Kreditvertrages vom 8.6.2004, soweit auf diesen Kredit Zahlungen nach dem 31.12.2004 geleistet wurden. Denn die Verjährungsfrist kann nicht vor dem Entstehen des Anspruchs beginnen. Bereicherungsansprüche wegen rechtsgrundlos erbrachter Zahlungen entstehen aber nicht vor der Vornahme der Zahlungen.

Bezüglich des Kredites vom 8.6.2004 liegt aber bereits nach den Darlegungen des Klägers Sittenwidrigkeit nicht vor. Denn der vertraglich vereinbarte Zins übersteigt den marktüblichen Vergleichszins keinesfalls um annähernd 100 %. Dies hatte der Kläger in der Klageschrift zutreffend selbst so ausgeführt.

Wie das LG zutreffend ausführt sind bei dem Vergleich des Vertragszinses mit dem marktüblichen Zins die Kosten einer Restschuldversicherung nach der Rechtsprechung des BGH entweder sowohl beim Vertragszins als auch beim zu vergleichenden Marktzins (hälftig) zu berücksichtigen oder die Kosten der Restschuldversicherung sind weder beim Vertragszins noch beim zu vergleichenden Marktzins zu berücksichtigen, da nur dann eine Vergleichbarkeit der Bedingungen vorliegt (vgl. BGHZ 80, 153, 169, 170). Dabei ist es für den Verbraucher günstiger, die Kosten der Restschuldversicherung beiderseits nicht zu berücksichtigen, da ansonsten sich die Vergleichsrechnung zugunsten der Bank verschiebt (vgl. BGH WM 1982, 921 [923]; 919, 920).

Bei dem Vertrag vom 8.6.2004 lag aber der vereinbarte Zins ohne Einberechnung der Kosten der Restschuldversicherung bei 17,89 %. Selbst wenn man als Marktzins auf die EWU-Statistik abstellt, wäre hier die Zinsreihe SUD 115 heranzuziehen, die für Konsumentenkredite an private Haushalte im Neugeschäft mit einer anfänglichen Zinsbindung über 5 Jahre gilt. Diese Zeitreihe weist aber für Juni 2004 einen Wert von 9,11 % aus und nicht wie vom Kläger vorgetragen 8,64 %. Rechnet man noch eine 2,5%ige Bearbeitungsgebühr hinzu, wie dies nach der Rechtsprechung des BGH erforderlich ist, so ergibt sich nach den zutreffenden Ausführungen der Beklagten im Schriftsatz vom 20.4.2009 ein Zinssatz von 9,87 % als Marktzins. Der Vertragszinssatz überschreitet selbst diesen Zinssatz -nur- um 81 %, so dass die Voraussetzungen eines Übersteigens des Marktzinses um fast 100 % sicher nicht gegeben sind. Es kann daher dahinstehen, ob die Zinsreihe SUD 115 tatsächlich den vergleichbaren Marktzins abbildet oder ob hier im Hinblick auf die Unterschiede in der Erhebung zu dem vorher als Marktzins anerkannten Schwerpunktzins der Deutschen Bundesbank noch Zuschläge zu machen sind, wie dies von den meisten Kommentatoren angenommen wird.

3. Nicht verjährt sind jedenfalls Ansprüche, soweit sie aufgrund des von dem Kläger erklärten Widerrufs der letzten drei Darlehensverträge entstanden sind. Denn diese Rückabwicklungsansprüche sind erst mit der Erklärung des Widerrufs entstanden.

Wie in der mündlichen Verhandlung dargelegt, geht der Senat davon aus, dass die Entscheidung des BGH vom 15.12.2009 zur Frage, ob Restschuldversicherung und...

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