Leitsatz (amtlich)

1. Für die Einziehung von Forderungen durch den vorläufigen Insolvenzverwalter dürfen Verwertungskosten vom Erlös nicht vorweg für die Insolvenzmasse entnommen werden.

2. Für Beträge, welche von Drittschuldnern direkt an den Gläubiger bezahlt wurden, können Feststellungskosten nicht vorweg für die Insolvenzmasse entnommen werden.

3. Die Zinsverpflichtung des § 169 S. 2 InsO knüpft an die Anordnung gemäß § 21 InsO an. Auf zusätzliche Erfordernisse, insbesondere auf eine verzögerte oder schuldhaft verzögerliche Verwertung durch den Insolvenzverwalter, kommt es nicht an.

 

Normenkette

InsO §§ 169, 170 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Hechingen (Aktenzeichen 2 O 226/01)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 20.02.2003; Aktenzeichen IX ZR 81/02)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin wird das Urteil des LG Hechingen – 2 O 226/01 – unter Zurückweisung der Berufungen i.Ü. abgeändert.

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.989,56 Euro (5.847,07 DM) nebst 4 % Zinsen hieraus vom 26.1.2000 bis 30.4.2000 und 5 % hieraus seit 1.5.2000

sowie

4 % Zinsen aus 40.473,29 Euro (79.158,87 DM) vom 26.1.2000 bis 30.4.2000,

5 % Zinsen aus 40.473,29 Euro (79.158,87 DM) vom 1.5.2000 bis 11.7.2000,

5 % Zinsen aus 26.638,63 Euro (52.100,63 DM) vom 12.7.2000 bis 7.9.2000,

5 % Zinsen aus 15.929,56 Euro (31.155,52 DM) vom 8.9.2000 bis 8.5.2001,

5 % Zinsen aus 4.762,95 Euro (9.315,52 DM) vom 9.5.2001 bis 30.8.2001

und 5 % Zinsen aus 3.101,47 Euro (6.065,94 DM) seit 1.9.2001 zu bezahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Von den Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin 3/20, der Beklagte 17/20. Die Kosten der 1. Instanz werden gegeneinander aufgehoben.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Vollstreckung durch die Klägerin durch Sicherheitsleistung i.H.v. 6.500 Euro abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch den Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 200 Euro abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

Streitwert des Berufungsverfahrens: bis 6.500 Euro

Beschwer der Klägerin: bis 1.500 Euro

Beschwer des Beklagten: bis 5.000 Euro.

 

Tatbestand

I. Die Klägerin begehrt aufgrund Globalzession vom Beklagten die Auszahlung von Beträgen, welche von Drittschuldnern an diesen bezahlt wurden.

Die Parteien streiten darüber, inwieweit der Beklagte berechtigt ist, von den eingegangenen Zahlungen vor Weiterleitung an die Klägerin Kostenbeiträge (Kosten der Feststellung und Kosten der Verwertung) gem. § 170 Abs. 1 InsO vorweg für die Insolvenzmasse zu entnehmen, und ob der Beklagte verpflichtet ist, Zinsen nach Maßgabe von § 169 InsO zu zahlen.

Zu den Einzelheiten wird auf die Feststellungen im Urteil des LG verwiesen (§ 540 Abs. 1 Ziff. 1 n.F. ZPO).

Das LG hat der Klage teilweise stattgegeben und den Beklagten verurteilt, 3.638,06 DM nebst 4 % Zinsen daraus vom 26.1. bis 30.4.2000 sowie 5 % über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 1.5.2000, sowie 4 % Zinsen aus 79.158,87 DM vom 26.1. bis 30.4.2000 sowie 5 % über dem Basiszinssatz hieraus vom 1.5.2000 bis 11.7.2000, aus restlichen 52.100,63 DM vom 1.7.2000 bis 7.9.2000, aus restlichen 31.155,52 DM vom 8.9.2000 bis 8.5.2001, aus restlichen 9.315,52 DM vom 9.5.2001 bis 30.8.2001 und aus restlichen 6.065,94 DM seit 1.9.2001 zu bezahlen.

Das LG hält die Zinsforderung der Klägerin gem. § 169 S. 2 InsO für berechtigt und hat Kostenbeiträge für die vor und nach Insolvenzeröffnung beim Beklagten eingegangenen Zahlungen der Drittschuldner vom Erlös in Abzug gebracht.

Gegen das ihm am 12.11.2001 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 15.11.2001 Berufung eingelegt und diese am 10.12.2001 begründet.

Gegen das ihr am 9.11.2001 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 30.11.2001 Berufung eingelegt und diese nach gewährter Fristverlängerung am 23.1.2002 begründet.

Die Klägerin verfolgt mit ihrer Berufung eine weiter gehende Verurteilung des Beklagten mit der Begründung, dass Kostenbeiträge für die vor Insolvenzeröffnung eingezogenen Beträge nicht zugunsten der Masse vorweg entnommen werden könnten.

Die Klägerin beantragt, unter Abänderung von Ziff. 1 des Urteils des LG Hechingen den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 5.847,07 DM nebst 4 % Zinsen hieraus vom 26.1. bis 30.04.2000 sowie 5 % über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 1.5.2000 zu bezahlen.

Sowie, die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen und unter Abänderung des Urteils des LG Hechingen die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Auffassung, dass er auch zur Vorwegentnahme von pauschalen Feststellungskosten (4 %) bezüglich der Beträge berechtigt sei, welche unmittelbar bei der Klägerin eingegangen seien. Eine Zinsverpflichtung nach § 169 InsO bestehe nicht, da eine Verzögerung der Verwertung durch ihn nicht zu erkennen sei.

Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivor...

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