Leitsatz (amtlich)

Auf eine Feststellungsklage gem. § 184 InsO kann jedenfalls seit dem Gesetz zur Vereinfachung des Insolvenzrechts vom 13.4.2007 die in § 189 Abs. 1 InsO geregelte Ausschlussfrist nicht analog angewendet werden.

 

Normenkette

InsO §§ 184, 189

 

Verfahrensgang

LG Ellwangen (Aktenzeichen 5 O 303/07)

 

Tenor

1. Der Senat weist darauf hin, dass er beabsichtigt, die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des LG Ellwangen vom 30.11.2007 - 5 O 303/07, durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.

2. Der Beklagte kann hierzu bis Montag, 17.3.2008, Stellung nehmen.

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass Rechtsgrund der seitens der Klägerin in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen des Beklagten zur Insolvenztabelle angemeldeten Forderung i.H.v. 8.905,47 EUR eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung des Beklagten sei.

Mit Urteil vom 30.11.2007 hat das LG Ellwangen der Klage stattgegeben und das in der mündlichen Verhandlung vom 9.11.2007 gegen den Beklagten erlassene Versäumnisurteil aufrecht erhalten. Die Klage sei nach § 184 InsO zulässig. Laut Spalte 10 der Insolvenztabelle habe die Klägerin eine Deliktsforderung i.H.v. 8.905,47 EUR angemeldet. Als Ergebnis der Prüfungsverhandlung sei in Spalte 8 eingetragen: "Vom Schuldner insgesamt vorläufig bestritten" ... Damit stehe fest, dass der Beklagte im Prüfungstermin die Qualifizierung der Forderung der Klägerin als aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung herrührend vorläufig bestritten habe. Dies gelte als uneingeschränkter Widerspruch mit der Folge, dass eine Feststellungsklage nach § 184 InsO erhoben werden könne. Dass der Insolvenzverwalter inzwischen die angemeldete Forderung anerkannt habe, habe mit dem Widerspruch des Schuldners nichts zu tun und stehe der Klage deshalb nicht entgegen. Die vom Beklagten herangezogene Norm des § 189 InsO sei nicht einschlägig und stehe deshalb der Klage nicht entgegen. Das vorsätzliche Vorenthalten fälliger Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung stelle eine vorsätzliche unerlaubte Handlung nach den §§ 823 Abs. 2 BGB, 266a StGB dar. Zwar liege ein Vorenthalten in der Regel dann nicht vor, wenn es dem Arbeitgeber wegen Zahlungsunfähigkeit nicht möglich gewesen sei, die Beiträge abzuführen. Der Beklagte habe jedoch nur pauschal den Feststellungsanspruch nach Grund und Höhe bestritten. Zur möglichen Zahlungsunfähigkeit habe er nicht substantiiert vorgetragen und auch die anderen Tatbestandsmerkmale nicht substantiiert bestritten.

II. Die dagegen gerichtete zulässige Berufung des Beklagten hat keine Aussicht auf Erfolg; die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht (§ 522 Abs. 2 ZPO).

1. ...

2. ...

3. Die Klage ist nicht nach § 189 InsO analog verfristet.

Die entsprechende Anwendung des § 189 InsO auf die Feststellungsklage gem. § 184 InsO war in der Vergangenheit strittig (ablehnend: MünchKomm/Schumacher, InsO, 2. Aufl., § 184 Rz. 2; FK-Kießner, InsO, 3. Aufl., § 189 Rz. 6 und 10; a.A. Hattwig, ZInsO 2004, 636 ff.; Braun-Kießner, InsO, 3. Aufl., § 189 Rz. 13a; Kübler/Brütting, InsO § 184 Rz. 111). Dabei beziehen sich diejenigen Meinungen, die eine analoge Anwendung des § 189 InsO auf die Feststellungsklage nach § 184 InsO befürworten, auf die Ziele des Gesetzgebers und auf die Annahme einer Regelungslücke, die durch eine möglichst gesetzesnahe Anwendung zu schließen sei. Mit dem Gesetz zur Vereinfachung des Insolvenzverfahrens vom 13.4.2007 hat sich jedoch der Gesetzgeber auch mit dem § 184 InsO befasst und diesem einen neuen Abs. 2 angefügt, der lediglich eine Widerspruchsfrist für den Schuldner hinsichtlich Forderungen regelt, für die ein vollstreckbarer Schuldtitel oder ein Endurteil vorliegt. Obwohl in der Literatur der Streit über eine analoge Anwendung des § 189 InsO vor und während dieses Gesetzgebungsverfahrens bekannt war und z.B. Hattwig in seinem viel zitiertem Aufsatz (a.a.O., S. 641) den Gesetzgeber ausdrücklich aufgefordert hatte, im Zuge der anstehenden Änderungen der InsO eine Ausschlussfrist zur Klageerhebung in § 184 InsO aufzunehmen, hat der Gesetzgeber davon abgesehen. Spätestens jetzt ist daher nicht mehr von einer unbewussten Gesetzeslücke oder einer Regelungslücke etwa aufgrund einer nachträglichen Änderung wirtschaftlicher oder sonstiger wesentlicher Verhältnisse auszugehen (so noch Hattwig, a.a.O., S. 637 f.). Wenn der Gesetzgeber vor diesem Hintergrund eine Frist für die Feststellungsklage nach § 184 InsO in das Gesetz auch nicht nachträglich aufgenommen hat, darf die Rechtsprechung angesichts des Prinzips der Gewaltenteilung diese Lücke nicht durch eine Analogie schließen. Es mag zwar sinnvoll sein, den zwischen den Beteiligten umstrittenen Charakter einer Forderung möglichst frühzeitig abzuklären, damit nicht die Ungewissheit fortbesteht, ob trotz der vom Schuldner angestrebten Restschuldbefreiung die betreffende Forderung tituliert und du...

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