Entscheidungsstichwort (Thema)

Abänderung eines Unterhaltstitels

 

Verfahrensgang

AG Tettnang (Aktenzeichen 2 FH 17/01 (RP))

 

Tenor

Das Verfahren wird gemäß Art. 100 Abs. 1 S. 1 GG ausgesetzt. Die Akten sind dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe zur Prüfung der Frage vorzulegen, ob § 2 des Unterhaltstitelanpassungsgesetzes (Art. 4 des Gesetzes zur Ächtung der Gewalt in der Erziehung und zur Änderung des Kindesunterhaltsrechts vom 02.11.2000) insoweit gegen das Rechtsstaatsprinzip (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 GG) verstößt, als er eine Anpassung von Unterhaltstiteln, die bisher auf nicht mehr als 100 % des Regelbetrages abzüglich des hälftigen Kindergeldes lauteten, im Vereinfachten Verfahren nach § 655 ZPO ermöglicht.

 

Tatbestand

I.

Die Antragstellerin ist die getrennt lebende Ehefrau des Antragsgegners und hat die am 29.03.1991, 11.08.1994 und 07.09.1996 geborenen gemeinsamen Kinder in ihrer Obhut. Der Antragsgegner ist nach einem vor dem 01.01.2001 errichteten Titel, nämlich einem zwischen den Parteien ergangenen Urteil vom 08.12.1999, verpflichtet, an die Kinder bezifferte Beträge von je 100 % des (damaligen) Regelbetrages der 3. Altersstufe abzüglich des hälftigen Kindergeldes für ein erstes, zweites bzw. drittes Kind zu bezahlen. Die Antragstellerin nimmt ihn im eigenen Namen im vereinfachten Verfahren gemäß §§ 2 Unterhaltstitelanpassungsgesetz (im folgenden: UTAG; Art. 4 des Gesetzes zur Ächtung der Gewalt in der Erziehung und zur Änderung des Kindesunterhaltsrechts vom 2.11.2000), 655 ZPO auf Abänderung der vollstreckbaren Urkunde ab 1.1.2001 dahin in Anspruch, dass der Kindergeldabzug entfällt, soweit der geschuldete Betrag zuzüglich des hälftigen Kindergeldes 135 % des Regelbetrages nicht übersteigt; für das erste Kind wurde zudem eine Unterhaltserhöhung geltend gemacht. Das Familiengericht (Rechtspfleger) hat nach Anhörung des Antragsgegners durch den angefochtenen Beschluss das Erhöhungsverlangen abgewiesen, im übrigen (Wegfall der Kindergeldanrechnung) für die Zeit vom 01.01.2001 bis 30.06.2001 antragsgemäß entschieden und darüber hinaus ab 01.07.2001 eine (nicht beantragte) Dynamisierung des Unterhalts entsprechend § 1612 a Abs. 1, 2. Alt. BGB vorgenommen. Als Antragsteller werden im angefochtenen Beschluss die Kinder, vertreten durch die Mutter, bezeichnet. Der Antragsgegner hat sich in erster Instanz zum Abänderungsantrag nicht geäußert. Gegen die ihm am 30.06.2001 zugestellte Entscheidung hat der Antragsgegner sofortige Beschwerde eingelegt, die am Montag, 16.07.2001, beim Familiengericht einging. Er beruft sich auf fehlende Leistungsfähigkeit. Gegen den Zeitpunkt der Abänderung oder die Dynamisierung des Unterhalts ab 01.07.2001 wendet er sich nicht.

 

Entscheidungsgründe

II.

Der Abänderungsantrag ist zulässig. Die Befugnis der Antragstellerin zur Geltendmachung des (erhöhten) Kindesunterhalts im eigenen Namen ergibt sich aus § 1629 Abs. 3 S. 1 BGB.

Die Beschwerde ist form- und fristgerecht eingelegt worden. Ob sie auch sonst zulässig ist, hängt ebenso wie ihre Begründetheit von der in der Beschlußformel zur Prüfung des Bundesverfassungsgerichts gestellten Frage nach der Verfassungsmäßigkeit des § 2 UTAG ab. § 655 Abs. 5 ZPO i.V.m. Abs. 3 der Vorschrift (auf beide verweist § 2 UTAG) sieht vor, dass mit der sofortigen Beschwerde nur Einwendungen gegen die Zulässigkeit des vereinfachten Verfahrens, gegen den Zeitpunkt der Abänderung, gegen die Berechnung des Betrags der anzurechnenden Kindergeldleistungen sowie die Unrichtigkeit der Kostenfestsetzung geltend gemacht werden und im Falle eines (nach Meinung des Beschwerdeführers) sofortigen Anerkenntnisses die Kostengrundentscheidung angegriffen werden können. Die nachstehend dargestellten verfassungsrechtlichen Bedenken des Senats stellen auch die Zulässigkeit des vereinfachten Verfahrens in Frage. Wenn es zutrifft, dass § 2 UTAG in der vorliegenden Fallkonstellation verfassungswidrig ist, dürfte eine Neufestsetzung entsprechend dieser Vorschrift nicht im vereinfachten Verfahren erfolgen.

Das Familiengericht hat die Akten zu Recht nicht dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt. Die Durchführung des vereinfachten Verfahrens beim Familiengericht ist dem Rechtspfleger übertragen. Dieser ist, selbst wenn er die anzuwendenden Vorschriften für verfassungswidrig hält, nicht zur Richtervorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG befugt (vgl. BVerfGE 61, 75, 77; FamRZ 2000, 731, 732 f.). Die Frage stellt sich erstmals für den erkennenden Senat, der sie in Bezug auf § 2 UTAG bejaht, soweit nach dieser Vorschrift auch Kindesunterhaltstitel einer Anpassung im Vereinfachten Verfahren nach § 655 ZPO unterliegen, die auf keinen höheren Betrag als 100 % des (bei Errichtung des Titels maßgeblichen oder des jeweiligen) Regelbetrages abzüglich des hälftigen Kindergeldes lauten.

III.

Die Vortrage, ob § 1612 b Abs. 5 BGB in der Fassung des Art. 1 Nr. 2 des Gesetzes vom 2.11.2000 gegen das Grundgesetz verstößt (auch dann müßte eine Beschwerde ungeachtet einfach-rechtlicher Beschränkungen ...

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