Leitsatz (amtlich)

1. Der Erfüllungseinwand des Schuldners ist im Verfahren nach § 887 Abs. 1 ZPO zu berücksichtigen, wenn er liquide beweisbar ist.

2. Zu den Anforderungen an einen Buchauszug.

 

Normenkette

ZPO § 887; HGB § 87c Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG München I (Aktenzeichen 13 HKO 22583/99)

 

Tenor

I. Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin gegen den Beschluss des LG München I vom 21.11.2001 wird zurückgewiesen.

II. Die Schuldnerin trägt die Kosten ihrer sofortigen Beschwerde.

III. Der Wert der Beschwerde beträgt 10.225,84 Euro.

 

Gründe

I. Die Schuldnerin wurde gem. Ziff. I. des Teilurteils des LG München I vom 4.4.2000 rechtskräftig verurteilt, dem Gläubiger einen Buchauszug über sämtliche Verkaufsgeschäfte, die zwischen ihr und ihren Kunden in A. und B. mit dem Verkauf der Y.-Kollektion im Zeitraum vom 1.1.1995 bis zum 31.12.1999 zustande gekommen sind, zu erteilen. Mit Beschluss vom 21.11.2001 ermächtigte das LG München I auf Antrag den Gläubiger, die Erteilung des Buchauszugs durch einen vom Gläubiger zu beauftragenden Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer vornehmen zu lassen, und verpflichtete die Schuldnerin, die voraussichtlichen Kosten hierfür i.H.v. 20.000 DM an den Gläubiger im Voraus zu bezahlen und dem Wirtschaftsprüfer oder dem vereidigten Buchprüfer zur Erstellung des Buchauszuges das Betreten und Durchsuchen ihrer Geschäftsräume zu gestatten. Gegen diese ihr am 4.1.2002 zugestellte Entscheidung wendet sich die Schuldnerin mit ihrer Beschwerde vom 8.1.2002. Sie ist zum einen der Ansicht, der von ihr vorgelegte Ordner erfülle die Erfordernisse eines Buchauszuges, zum anderen behauptet sie, die Parteien hätten sich außergerichtlich verglichen. Der Gläubiger bestreitet beides.

II. Das als sofortige Beschwerde zulässige Rechtsmittel der Beklagten, das nach § 793 Abs. 1, § 567 Abs. 1 und § 577 ZPO in der gem. § 26 Nr. 10 EGZPO am 31.12.2001 geltenden Fassung statthaft ist, hat in der Sache keinen Erfolg. Das LG hat den Gläubiger zu Recht ermächtigt, die Erteilung des geschuldeten Buchauszuges auf Kosten der Schuldnerin vornehmen zu lassen, und die Schuldnerin zur Vorauszahlung dieser Kosten verurteilt. Entgegen ihrer Ansicht hat die Schuldnerin bisher nicht einen der Vorschrift des §§ 87c Abs. 2 HGB und dem Teilurteil vom 4.4.2000 entsprechenden Buchauszug erteilt. Im Übrigen kann sie hier nicht Erledigung des zu vollstreckenden Anspruchs einwenden.

1. Die Verurteilung zur Erteilung eines Buchauszuges war, wovon das LG zutreffend ausgeht, nach § 887 ZPO zu vollstrecken.

Es handelt sich insoweit um eine vertretbare Handlung. Zur Erteilung des Buchauszuges ist nicht nur derjenige in der Lage, der die Bücher geführt hat, sondern auch jeder Buchsachverständige, der die Bücher und die dazugehörigen Urkunden einsieht. Erfüllt ein Schuldner seine Verpflichtung zur Erteilung oder Ergänzung eines Buchauszuges nicht, so ist der Gläubiger nach § 887 Abs. 1 ZPO auf Antrag zu ermächtigen, diese Handlung auf Kosten des Schuldners vornehmen zu lassen, und der Schuldner nach § 887 Abs. 2 ZPO auf Antrag des Gläubigers zur Vorauszahlung der Kosten zu verurteilen (OLG Koblenz v. 17.12.1993 – 6 U 732/93, MDR 1994, 198 = NJW-RR 1994, 358 f.; OLG Köln v. 3.5.1995 – 3 W 10/95, OLGReport Köln 1995, 186 = MDR 1995, 1064 = NJW-RR 1996, 100, jeweils m.w.N.).

2. Das von der Schuldnerin in einem Ordner vorgelegte Konvolut stellt keinen Buchauszug dar und ist daher nicht zur Erfüllung des titulierten Anspruchs tauglich.

a) Es ist heftig umstritten, ob und inwieweit Erfüllung im Vollstreckungsverfahren zu prüfen ist (vgl. nur die Darstellung des Streitstandes bei Zöller/Stöber, ZPO, 23. Aufl., § 887 Rz. 7; Musielak/Lackmann, ZPO, 2. Aufl., § 887 Rz. 19). Während die eine Ansicht vertritt, der Einwand der Erfüllung verzögere die gebotene zügige Zwangsvollstreckung und gehöre als materiell-rechtlicher Einwand gegen den titulierten Anspruch grundsätzlich nicht in das Vollstreckungsverfahren, sondern sei in dem dafür vom Gesetz eigens unter bestimmten Voraussetzungen gegebenen Weg der Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO mit der Möglichkeit eines Einstellungsantrages nach § 769 ZPO geltend zu machen (z.B. OLG München v. 2.7.1987 – 28 W 1163/87, MDR 1987, 945 = NJW-RR 1988, 22 f.; OLG Köln v. 2.12.1987 – 2 W 165/87, MDR 1988, 505 = NJW-RR 1988, 1212 f.; MDR 1993, 579; OLG Düsseldorf v. 11.12.1995 – 3 W 407/95, MDR 1996, 309; OLG Hamm v. 29.3.1996 – 12 W 15/95, OLGReport Hamm 1996, 220 = BauR 1996, 900 [902], jeweils m.w.N.; auch BGH v. 22.6.1995 – IX ZR 100/94, MDR 1995, 1060 = NJW 1995, 3189 [3190], jedoch ohne nähere Begründung), verweist die Gegenansicht auf den Wortlaut des § 887 ZPO und den Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit (z.B. OLG Nürnberg v. 3.5.1994 – 11 W 1940/93, NJW-RR 1995, 63 f.; OLG Köln v. 3.5.1995 – 3 W 10/95, OLGReport Köln 1995, 186 = MDR 1995, 1064 = NJW-RR 1996, 100; OLG Zweibrücken JurBüro 2001, 155, jeweils m.w.N.). Voraussetzung für die Anordnung der Ersatzvornahme sei es nach dieser Vorschrift gerade...

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