Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Ordnungsmäßigkeit eines Eigentümerbeschlusses über den Ausgleich von Wohngeldausfällen durch Entnahmen aus der Instandhaltungsrückstellung

 

Leitsatz (amtlich)

  • 1.

    Ist das Ziel der Beschwerdeführer nicht in erster Linie die Freistellung von der mit dem angefochtenen Beschluss verbundenen anteiligen finanziellen Belastung sondern die Ordnungsmäßigkeit der Verwaltung, nämlich die Frage, ob Wohngeldausfälle durch Rücklagenentnahme (vorübergehend oder auf Dauer) ausgeglichen werden können oder eine andere Finanzierung der Deckungslücke stattfinden muss, ist dies bei der Bemessung des Beschwerdewertes zu berücksichtigen; insoweit geht es nicht um die Höhe sondern um die Art der Finanzierung.

  • 2.

    Grundsätzlich widerspricht es der Zweckbestimmung einer Instandhaltungsrücklage und bewegt sich damit nicht mehr im Rahmen einer ordnungsmäßigen Verwaltung, wenn diese für andere Maßnahmen, etwa zum Ausgleich von Wohngeldausfällen, verwendet wird; in mehr oder minder engen Grenzen kommen jedoch Ausnahmen in Betracht.

  • 3.

    In der Instandhaltungsrückstellung gebundene Mittel, die jedenfalls eine angemessene Höhe übersteigen, können für andere Zwecke verwendet werden; erforderlich ist aber der Erhalt einer "eisernen Reserve", der sich nicht abstrakt festlegen lässt sondern von den Umständen des Einzelfalles, etwa dem Zustand der Anlage, ihrem Alter und ihrer Reparaturanfälligkeit abhängt.

  • 4.

    Im Allgemeinen ist es nicht rechtsmissbräuchlich, auf die Ordnungsmäßigkeit der Verwaltung hinzuwirken, auch wenn über mehrere Jahre hin abweichend verfahren wurde; dies gilt umso mehr, wenn anderweitige Finanzierungsmöglichkeiten für die Wohngeldausfälle nicht unzumutbar erscheinen.

 

Verfahrensgang

LG Deggendorf (Entscheidung vom 30.04.2007; Aktenzeichen 1 T 56/07)

AG Viechtach (Entscheidung vom 16.02.2007; Aktenzeichen 2 UR II 14/06)

 

Gründe

I.

Die Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird. Den drei Antragstellern gehört zu Bruchteilseigentum das Sondereigentum an der Wohneinheit Nr. 253 mit einem 36,395/10.000-stel Miteigentumsanteil.

Die Gemeinschaftsordnung bestimmt in § 3 Nr. 1, dass die Wohnungs- und Teileigentumseinheiten ausschließlich als fremdenverkehrsgewerbliche Hotelappartements genutzt werden und jeder Eigentümer seine Wohnung an eine Gesellschaft zu vermieten hat, die die Appartements mit ständig wechselnder Belegung hotelmäßig nutzt. Nach § 8 Nr. 2 sind die Eigentümer zur Ansammlung einer Instandhaltungsrückstellung verpflichtet, aus der die Kosten für die Instandhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums bestritten werden.

In der Eigentümerversammlung vom 10.6.2006 wurden zu den Tagesordnungs-punkten (TOP) 3.1, 3.2 und 3.3 (Sonderumlage für uneinbringliche Forderungen; Jahresabrechnung 2005; Verwalterentlastung) Beschlüsse gefasst. Nach der im Protokoll wiedergegebenen Diskussion hatte die Hausverwaltung eine Sonderumlage wegen uneinbringlicher Hausgeldzahlungen in Höhe von 24.250 EUR angeregt. Die Eigentümer entschieden sich hingegen, den Betrag in Höhe der Sonderumlage aus der Rücklage zu entnehmen, "bis im Januar 2007 eine exakte Abrechnung möglich ist". Der Beschluss zu TOP 3.1 hat folgenden Wortlaut:

"Es wird beschlossen, die Liquiditätsumlage über die Rücklage auszugleichen, bis genau abgerechnet werden kann. Die genaue Abrechnung aller bisherigen Sonderumlagen erfolgt bei der nächsten Eigentümerversammlung."

Die Antragsteller haben beantragt, die Beschlüsse zu TOP 3.1, 3.2 und 3.3 für ungültig zu erklären. Durch Beschluss des Amtsgerichts vom 16.2.2007 wurde dem Antrag hinsichtlich der Beschlüsse zu TOP 3.2 und 3.3 im Wesentlichen stattgegeben; hinsichtlich des Beschlusses zu TOP 3.1 wurde der Antrag abgewiesen.

Die gegen den Beschluss des Amtsgerichts eingelegte sofortige Beschwerde der Antragsteller, bezogen auf die Abweisung ihres Anfechtungsantrags zum Beschluss über die Liquiditätsumlage, hat das Landgericht mit Beschluss vom 30.4.2007 als unzulässig verworfen, weil der Beschwerdewert nicht erreicht sei. Zugleich hat das Landgericht über die Beschwerde der Antragsteller gegen die amtsgerichtliche Geschäftswertfestsetzung entschieden, ohne die weitere Beschwerde insoweit zugelassen zu haben. Der Beschluss wurde den Antragstellern am 15.5.2007 ohne Rechtsmittelbelehrung zugestellt.

Mit eigenhändigem Schreiben vom 20.5.2007, eingegangen beim Landgericht am 22.5.2007, hat der Antragsteller zu 3 für sich und zugleich für die Antragsteller zu 1 und 2 sofortige weitere Beschwerde eingelegt. Nach der ihm am 14.6.2007 zugegangenen Belehrung über Form und Frist des zulässigen Rechtsmittels hat der Antragsteller zu 3 zugleich für die Antragsteller zu 1 und 2 zu Protokoll der Geschäftsstelle des Oberlandesgerichts am 21.6.2007 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 22 Abs. 2 FGG beantragt und zugleich sofortige weitere Beschwerde eingelegt. Mit Beschluss vom 28.11.2007 hat der Senat den Antragstellern Wiedereins...

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