Entscheidungsstichwort (Thema)

Sachlicher Geltungsbereich des Postpaketabkommens

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der sachliche Geltungsbereich des Postpaketabkommens ist eröffnet, wenn eine durch den Weltpostvertrag gewährleistete internationale Paketpostdienstleistung in Auftrag gegeben worden ist.

2. Die Vorschriften des Postpaketabkommens 1974, das Bestandteil der Verträge des Weltpostvereins vom 5.7.1974 ist, sind unmittelbar geltendes Recht zwischen der Bundesrepublik als Postverwaltung und den jeweiligen Absendern (im Anschluss an BGH v. 28.1.2003 - X ZR 113/02, MDR 2003, 617 = BGHReport 2003, 627 = NJW 2003, 1602 ff.).

3. Kann die Ratifizierung einer neueren Fassung der Verträge des Weltpostvereins für einen Mitgliedsstaat nicht festgestellt werden, ist das in Bezug auf den Schadenszeitpunkt jüngste von beiden Mitgliedsstaaten ratifizierte Vertragswerk anzuwenden.

 

Verfahrensgang

LG Bonn (Urteil vom 30.01.2003; Aktenzeichen 14 O 166/02)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Bonn vom 30.1.2003 - 14 O 166/02 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Die Klägerin verfolgt mit der Klage als alleiniger Transportversicherer der Firma E (Versicherungsnehmerin) Schadensersatzansprüche i.H.v. 19.935,14 Euro aus übergegangenem Recht der Versicherungsnehmerin wegen des Teilverlustes einer am 4.10.1999 bei der Beklagten eingelieferten Sendung. Wegen des Sach- und Streitstandes einschließlich der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Das LG hat die Klage nach Beweisaufnahme abgewiesen, da es davon ausgegangen ist, dass die Klägerin den ihr obliegenden Beweis für den Sendungsinhalt weder durch Anscheinsbeweis noch nach Vernehmung des Zeugen B erbracht habe.

Mit der Berufung rügt die Klägerin, dass das LG die Grundsätze der Beweislastverteilung bezüglich des Sendungsinhaltes nach der neueren BGH-Rechtsprechung falsch gesehen und übersehen habe, dass für sie ein Anscheinsbeweis streite. Im Übrigen habe es bei der Beweiswürdigung auf der Grundlage der Aussage des Zeugen B das an sie zu stellende Beweismaß überspannt. Hilfsweise vertritt sie die Auffassung, dass die in dem Postpaketübereinkommen enthaltenen Haftungsbeschränkungen nicht einschlägig seien. Hierzu behauptet sie ferner, dass das Gut im Gewahrsam der Beklagten in Verlust geraten sei.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des LG Bonn vom 30.1.2003 - 14 O 166/02 - zu verurteilen, an sie 19.935,14 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 7.9.2000 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und bestreitet weiterhin Inhalt und Wert der Sendung. Im Übrigen hält sie das Postpaketübereinkommen auf den vorliegenden Sachverhalt für anwendbar. Sie vertritt dazu die Auffassung, dass die Ratifizierung des Postpaketübereinkommens im Bereich der Bundesrepublik Deutschland ausreichend sei, im Übrigen ergäben sich Haftung und Haftungsbeschränkung auch aus dem Postpaketabkommen vom 5.7.1974. Dieses zweite Postpaketabkommen sei am 6.6.1980 per Dekretnummer 84.774 in Brasilien ratifiziert worden und seit dem 11.6.1980 Gesetz. Ihre Berufung auf die Haftungsbeschränkungen des Postpaketübereinkommens von 1994 sei für die Klägerin lediglich vorteilhaft, da die Ausgleichzahlung auf der Grundlage dieses Übereinkommens erfolgt sei und die Beklagte einen höheren Betrag geleistet habe, als sie unter Anwendung des Postpaketabkommens von 1974 hätten leisten müssen.

II. Die zulässige Berufung bleibt im Ergebnis ohne Erfolg. Der Klägerin steht gegen die Beklagte jedenfalls ein über den an die Versicherungsnehmerin gezahlten Betrag i.H.v. insgesamt 838 DM hinausgehender Schadensersatzanspruch aus abgetretenem Recht nicht zu.

Die Haftung der Beklagten für den Sendungsverlust richtet sich nach dem Postpaketabkommen, nämlich Art. 39 Abs. 1 des Postpaketabkommens i.d.F. vom 5.7.1974 (Lausanne), nach dem eine Haftung der Postverwaltung bei Verlust, Beraubung oder Beschädigung von Paketen nach näherer Maßgabe der weiteren Absätze vorgesehen ist.

Die Geltung des PPA 74, auf das es hier maßgeblich ankommt, ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz. Brasilien und die Bundesrepublik Deutschland sind Mitglieder des Weltpostvereins und damit Vertragspartner auch des Postpaketabkommens. Bei diesem handelt es sich um ein völkerrechtliches Vertragswerk, dem Gesetzesrang zukommt. Es ist gem. der Bekanntmachung vom 17.2.1976 über das In-Kraft-Treten der Verträge des Weltpostvereins vom 5.7.1974 für die Bundesrepublik Deutschland am 1.1.1976 in Kraft getreten (BGBl. II 1976, 406). Das Postpaketabkommen ist gem. Art. 1 Nr. 5 des vorbezeichneten Gesetzes Bestandteil der Verträge des Weltpostvereins vom 5.7.1974. Diesen Verträgen hat die Bundesrepublik Deutschland mit Gesetz vom 7.11.1975 (BGBl. II 1975, 1513) zugestimmt.

Brasilien gehört b...

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