Entscheidungsstichwort (Thema)

Schutzbereich der verletzten Amtspflicht bei unrichtiger Auskunft einer Gemeinde

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zum Schutzbereich der verletzten Amtspflicht bei unrichtiger Auskunft einer Gemeinde über den aus Brandschutzgründen erforderlichen Durchmesser einer privaten Wasserleitung.

2. Eine Gemeinde, die sich die falschen Angaben der - von ihr intern eingeschalteten - Aufsichtsbehörde ungeprüft zu eigen macht, trifft in der Regel kein Verschulden. Sie braucht sich auch ein etwaiges Verschulden der Aufsichtsbehörde nicht analog § 278 BGB zurechnen zu lassen, denn die bloße Anfrage nach dem brandschutzrechtlich zulässigen Durchmesser einer Rohrleitung begründet kein über die allgemeinen Amtspflichten hinausgehendes besonderes Obhutsverhältnis zum betroffenen Bürger.

 

Verfahrensgang

LG Aachen (Urteil vom 21.11.2003; Aktenzeichen 4 O 168/02)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 4. Zivilkammer des LG Aachen vom 21.11.2003 - 4 O 168/02 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagte zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin, Betreiberin einer Schank- und Speisewirtschaft, verlangt Schadensersatz nach Amtshaftungsgrundsätzen, weil die Beklagte ihr nach Abstimmung mit dem Kreis E mit Schreiben vom 15.6.1999 auf entsprechende Anfrage eine - unstreitig - falsche Auskunft über die aus Brandschutzgründen erforderliche Dimensionierung einer privaten Wasserleitung erteilt habe. Im Hinblick auf diese Auskunft - danach durfte der Rohrquerschnitt DN 150 nicht unterschreiten, während tatsächlich DN 60-80 ausreichend waren - sah die Klägerin zunächst davon ab, die mit DN 200 überdimensionierte Wasserleitung, deren mikrobiologische Belastung vom Gesundheitsamt des Kreises E beanstandet worden war, durch eine kleinere Rohr-in-Rohr-Leitung zu ersetzen. In der Folgezeit kam es nach Darstellung der Klägerin an der - im Juni 1999 bereits schadhaften und sanierungsbedürftigen - Wasserleitung zu mehreren Rohrbrüchen. Die aus den beiden letzten Rohrbrüchen im Jahre 2001 herrührenden Schäden - Reparaturkosten und Wassermehrverbrauch - macht sie im vorliegenden Rechtsstreit geltend. Wegen der Einzelheiten wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.

Das LG hat der auf Zahlung von 25.704,57 Euro gerichteten Klage bis auf einen Teil der Wassermehrkosten und des Zinsanspruchs stattgegeben. Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie ihren Klageabweisungsantrag weiter verfolgt. Sie rügt, das LG habe nicht beachtet, dass die Gemeinden nach dem Feuerschutzgesetz NW für den - wie hier - vorbeugenden Brandschutz nicht zuständig seien. Es habe zudem verkannt, dass es sich bei der fraglichen Auskunft vom 15.6.1999 ersichtlich um eine solche des Kreises E handele, die von ihr nur weitergeleitet geworden sei. Jedenfalls aber fehle es am Verschulden, weil sie über eigene Kräfte mit entsprechendem Fachwissen nicht verfüge und mit Einschaltung des Brandschutzingenieurs des Kreises alles getan habe, was ihr in der konkreten Situation möglich gewesen sei.

Die Beklagte beantragt, die Klage unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils abzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das landgerichtliche Urteil und beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II. Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg. Das LG hat zu Unrecht eine Haftung der Beklagten aus § 839 Abs. 1 BGB, Art. 34 GG bejaht.

I. Allerdings vermag der Einwand der Beklagten, die Anfrage der Klägerin nach etwaigen brandschutzrechtlichen Bedenken gegen eine Reduzierung des Rohrquerschnitts von DN 200 auf DN 50 habe außerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs gelegen, eine Haftung aus § 839 BGB, Art. 34 GG nicht auszuschließen. Eine amtliche Auskunft ist auch dann richtig, klar, unmissverständlich und vollständig zu erteilen, wenn keine Pflicht zur Erteilung besteht (BGH NJW 1980, 2574) oder der Beamte zur Erteilung fachlich nicht ausgebildet (OLG Zweibrücken vom 24.6.1999 - 6 U 24/98, OLGReport Zweibrücken 2000, 506 = VersR 2000, 1507) oder befugt ist (BGH v. 17.1.1985 - III ZR 109/83, MDR 1986, 33 = VersR 1985, 492). Nach diesen Grundsätzen kann sich die Beklagte im Falle einer schuldhaft falschen Auskunft nicht nachträglich darauf berufen, sie sei für die Erteilung eigentlich nicht zuständig gewesen.

II. Aus der Sicht des Senats nicht zu beanstanden ist auch die Annahme des LG, das an die Klägerin gerichtete Schreiben vom 15.6.1999 (Bl. 16 GA) beinhalte eine eigene Auskunft der Beklagten und nicht die Weiterleitung einer Auskunft de...

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