Leitsatz (amtlich)

1. Das auf Verneinung der Unterhaltspflicht zielende Begehren hat hinreichende Erfolgsaussicht i.S.d. § 114 ZPO, soweit eine Haftung des anderen Elternteils gem. § 1603 Abs. 2 S. 3 BGB in Betracht kommt.

2. Die Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde gegen Entscheidungen über die Einstellung der Zwangsvollstreckung nach § 769 ZPO kann nicht damit begründet werden, dass die Entscheidung auf einer unzutreffenden Beurteilung der Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung beruht.

 

Normenkette

BGB § 1603 Abs. 2 S. 3; ZPO §§ 114, 769, 793

 

Verfahrensgang

AG Mannheim (Aktenzeichen 4D F 61/02)

 

Tenor

I. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird Nr. 1 des Beschlusses des AG-FamG – Mannheim vom 10.4.2002 – 4D F 61/02 – aufgehoben.

Dem Antragsteller wird raten- und beitragsfreie Prozesskostenhilfe für den ersten Rechtszug bewilligt und Rechtsanwalt W., beigeordnet.

II.1. Die gegen Nr. 4 des Beschlusses des AG-FamG – Mannheim vom 10.4.2002 – 4D F 61/02 – gerichtete sofortige Beschwerde des Antragstellers wird verworfen.

2. Im Umfang der Verwerfung trägt der Antragsteller die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens betreffend die Ablehnung der einstweiligen Einstellung der Zwangsvollstreckung wird auf 788,76 Euro festgesetzt.

4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

A. Durch Jugendamtsurkunden vom 20.1.2000 verpflichtete sich der Antragsteller, den 1992 bzw. 1994 geborenen Antragsgegnerinnen als seinen Kindern einen laufenden monatlichen Unterhalt i.H.v. 121,10 % des jeweiligen Regelbetrages nach der Regelbetrag-Verordnung abzgl. des hälftigen staatlichen Kindergeldes zu zahlen. Im vorliegenden Verfahren verfolgt der Antragsteller die Abänderung der Jugendamtsurkunden auf je monatlich 67,65 Euro ab Januar 2002, weil er infolge einer betriebsbedingten Kündigung ab Juni 2000 seine Stelle als Kfz-Meister verloren habe und nach einer Zeit der Arbeitslosigkeit und „vielfachen” Bewerbungen seit Januar 2001 als Kfz-Mechaniker nur noch ein regelmäßiges monatliches Nettoeinkommen von 1.053 Euro erziele. Die Antragsgegnerinnen sind dem Begehren entgegengetreten: Wenn schon ihre Mutter neben der Kinderbetreuung ganztags beruftätig sei, könne sich der Antragsteller nicht ernsthaft auf den Standpunkt stellen, nur den verminderten Unterhalt zu schulden. Durch den angegriffenen Beschluss hat das FamG – soweit hier von Interesse – in Nr. 1 im Hinblick auf eine gesteigerte Erwerbsobliegenheit des Antragstellers die von ihm nachgesuchte Prozesskostenhilfe versagt und in Nr. 4 den Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers, der das FamG nicht abgeholfen hat.

B.I. Die hinsichtlich der Versagung von Prozesskostenhilfe gem. § 127 Abs. 2 S. 2 und 3 ZPO zulässige Beschwerde ist begründet. Der anhängigen Abänderungsklage des Antragstellers fehlt die hinreichende Erfolgsaussicht nicht (§ 114 ZPO). Die Voraussetzungen für die Bewilligung ratenfreier Prozesskostenhilfe liegen vor.

Die Annahme des FamG, der Antragsteller könne sich unterhaltsrechtlich nicht auf sein derzeitiges Arbeitseinkommen berufen, weil er den Antragsgegnerinnen gesteigert unterhaltspflichtig sei, ist unzutreffend. gem. § 1603 Abs. 2 S. 3 Halbs. 1 BGB tritt diese Verpflichtung nämlich nicht ein, wenn ein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter vorhanden ist. Dies könnte hier nach dem eigenen Vortrag der Antragsgegnerinnen ihre Mutter sein, da sie ganztags erwerbstätig ist, ohne dass Angaben zur Höhe ihres Einkommens gemacht wurden. Es besteht deshalb die nicht fernliegende Möglichkeit, dass die Mutter allein zum Barunterhalt verpflichtet ist.

Eine Kostenentscheidung ist im Beschwerdeverfahren wegen Prozesskostenhilfe entbehrlich (§ 127 Abs. 4 ZPO).

II.1. Die gegen die Zurückweisung des Antrags auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung nach § 769 ZPO eingelegte sofortige Beschwerde ist nach der ständigen – mit der h.M. übereinstimmenden – Rspr. der Senate des OLG Karlsruhe (OLG Karlsruhe, Beschl. v. 17.7.1997 – 20 WF 37/97 – nicht veröffentlicht –; Beschl. v. 16.8.2002 – 20 WF 102/02 – zur Veröffentlichung vorgesehen –; FamRZ 1999, 1000; FamRZ 1996, 1486; Zöller/Herget, ZPO, 23. Aufl., § 769 ZPO Rz. 13 m.w.N.) zu verwerfen, da gegen Entscheidungen nach § 769 ZPO in entsprechender Anwendung des § 707 Abs. 2 S. 2 ZPO grundsätzlich kein Rechtsmittel statthaft ist, es sei denn, das das Einstellungsgesuch verbescheidende Gericht habe eine greifbar rechtswidrige Entscheidung getroffen, insb. die objektiven Voraussetzungen für eine Einstellung der Zwangsvollstreckung zu Unrecht verneint bzw. angenommen oder sonst die gesetzlichen Grenzen seines Ermessensspielraums grundlegend verkannt.

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Zwar hat das FamG – wie vorstehend aus I. ersichtlich – seiner Entscheidung eine unzutreffende Rechtsauffassung zugrunde gelegt, also die Erfolgsaussichten der Abänderungsklage verkan...

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