Leitsatz (amtlich)

1. Der Streitwert einer Klage auf Feststellung, dass ein Darlehensvertrag unwirksam ist, bestimmt sich nach der Höhe der noch offenen Darlehensvaluta.

2. Die aufgrund des Darlehensvertrags geschuldeten Zinsen erhöhen den Streitwert nicht; § 9 ZPO gilt nur für die Bewertung eines Stammrechts.

3. Ansprüche auf Rückgabe von Sicherheiten erhöhen den Streitwert nicht.

4. Bei Gegenansprüchen, die auf die Auszahlung der Darlehensvaluta gestützt werden, handelt es sich um mit dem Darlehensanspruch wirtschaftlich identische Ansprüche.

 

Normenkette

ZPO §§ 3, 9; GKG § 12

 

Verfahrensgang

LG Mannheim (Beschluss vom 02.03.2005; Aktenzeichen 9 O 556/03)

 

Tenor

1. Der Beschluss des LG Mannheim vom 2.3.2005 - 9 O 556/03 wird dahingehend abgeändert, dass der Streitwert für die erste Instanz auf 17.319,85 EUR festgesetzt wird.

2. Die Beschwerde der Rechtsanwälte Dr. D. gegen den Beschluss des LG Mannheim vom 2.3.2005 - 9 O 556/03 - wird zurückgewiesen.

3. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet; der Streitwert für die erste Instanz war von Amts wegen auf 17.319,85 EUR festzusetzen.

Der Streitwert setzt sich zusammen aus dem Wert des Zahlungsantrags (Klageantrag Ziff. 1; hier 7.094,01 EUR) und dem Wert des Feststellungsantrags (Klageantrag Ziff. 2; hier 10.225,84 EUR). Die übrigen Anträge und Gegenansprüche erhöhen den Streitwert nicht. Es gilt das GKG a.F., weil die Klage vor dem 1.7.2004 bei Gericht einging (§ 72 Nr. 1 GKG n.F.).

1. Der Zahlungsantrag ist entsprechend der Bezifferung zu berücksichtigen (§ 12 Abs. 1 GKG, § 3 ZPO). Der Feststellungsantrag ist nach dem vollen Wert der noch offenen Darlehensvaluta zu bemessen, weil es sich um eine negative Feststellungsklage handelt. Hier haben die Kläger bislang nichts getilgt, so dass der volle Betrag der Darlehensvaluta i.H.v. 10.225,84 EUR einzusetzen ist. Die nach dem Darlehensvertrag zu zahlenden Zinsen erhöhen den Streitwert der negativen Feststellungsklage nicht. Sie werden bei einer negativen Feststellungsklage, die das Stammrecht betrifft, nur als Nebenforderungen geltend gemacht, die gem. §§ 12 Abs. 1, 22 Abs. 1 GKG, § 4 Abs. 1 ZPO bei der Wertberechnung außer Betracht bleiben (BGH NJW 1960, 2336, zum Fall der Schuldbefreiung). Die Rechtsschutzform, in der die Nebenforderung erhoben wird, ist unerheblich. Insbesondere kommt es nicht darauf an, ob es sich um eine Leistungs- oder eine Feststellungsklage handelt (Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Aufl., § 4 Rz. 31). Dies entspricht auch dem Gesetzeszweck des § 4 Abs. 1 ZPO, der eine praktische, einfache und klare Wertermittlung ohne umständliche und zeitraubende Untersuchungen ermöglichen will. Dies wäre - wenn nicht lediglich auf die Darlehensvaluta abgestellt würde - gefährdet, weil die Zinsberechnung insb. bei einem Tilgungsdarlehen nicht ganz einfache Rechenoperationen erfordert.

§ 9 ZPO ändert daran nichts. Die Vorschrift regelt den Wert einer Klage, bei der das Recht auf die wiederkehrenden Leistungen selbst, also das Stammrecht im Streit ist (allg. Meinung, Zöller/Herget, ZPO, 25. Aufl., § 9 Rz. 1; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Aufl., § 9 Rz. 11). Es geht also bei § 9 ZPO darum, einen Streitwert für das Stammrecht selbst festzulegen, nicht etwa die aus dem Stammrecht fließenden Nebenleistungen zu bewerten. Damit handelt es sich in der Sache um eine den § 3 ZPO konkretisierende Vorschrift, die die Fälle erfassen soll, in denen das Stammrecht selbst keinen eigenen, bezifferbaren Wert hat (so auch OLG Köln v. 14.5.1999 - 11 W 3/99, OLGReport Köln 1999, 404; Schwerdtfeger in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., § 9 Rz. 6). Die Vorschrift bezieht sich mithin auf Fallgestaltungen, bei denen ein Stammrecht sich darin erschöpft, Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen zu gewähren (insb. Leibrenten, Reallasten, Altenteil, Rentenansprüche, Überbau- und Notwegrenten, Dienst- oder Versorgungsbezüge, vgl. nur Zöller/Herget, ZPO, 25. Aufl., § 9 Rz. 4) und regelt, wie ein solches Stammrecht wertmäßig zu bestimmen ist. Damit erlaubt § 9 ZPO nicht, den isoliert festgestellten Wert des Stammrechts und den nach den wiederkehrenden Leistungen bemessenen Wert des Stammrechts zu addieren.

2. Die übrigen Anträge und Gegenansprüche erhöhen den Streitwert nicht.

a) Die Rückabtretung der Lebensversicherung (hier Klageantrag Ziff. 3) erhöht den Streitwert nicht, weil die Lebensversicherung eine vom Bestand des Darlehensvertrages abhängige Sicherheit ist (Zöller/Herget, ZPO, 25. Aufl., § 5 Rz. 8; vgl. auch § 3 Rz. 16 Stichwort "Bürgschaft"). Da die Darlehensforderung selbst Streitgegenstand ist, ist allein auf ihren Wert abzustellen (§ 6 ZPO; Zöller/Herget, ZPO, 25. Aufl., § 6 Rz. 8, 10).

b) Die von der Beklagten geltend gemachten Gegenansprüche beeinflussen den Streitwert nicht. Unabhängig von der Frage, inwieweit im vorliegenden Fall der Streitgegenstand von Darlehens- und Kondiktionsanspruch identisch ist und ob der von der Beklagten behauptete Anspruch au...

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