Entscheidungsstichwort (Thema)

Löschung der Eintragung eines Hauptversammlungsbeschlusses

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Eintragung eines Eingliederungsbeschlusses in das Handelsregister setzt eine Negativerklärung des Vorstandes nach § 319 Abs. 5 S. 1 AktG voraus, aus der sich ergibt, dass der Eingliederungsbeschluss innerhalb der Anfechtungsfrist nicht angefochten wurde.

2. Das bloße Ausnutzen der durch §§ 319, 320 AktG eingeräumten Möglichkeiten, eine Gesellschaft in eine andere umzugliedern, rechtfertigt nicht den Vorwurf der Sittenwidrigkeit, auch wenn die Eingliederung dazu führt, dass die Minderheitsaktionäre aus einem profitablen Unternehmen gedrängt werden.

3. Die einschränkende Gesetzesauslegung, wonach Hauptversammlungsbeschlüsse nur nach § 144 Abs. 2 FGG (und nicht nach § 142 Abs. 1 FGG) gelöscht werden können und deshalb Fehler des Eintragungsverfahrens nicht zur Löschung führen, ist mit Art. 19 Abs. 4 und Art. 14 Abs. 1 GG vereinbar.

 

Normenkette

FGG § 142 Abs. 1, § 144 Abs. 2; AktG §§ 241, 243 Abs. 1, §§ 319-320; GG Art. 14 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4

 

Verfahrensgang

LG Karlsruhe (Aktenzeichen KfH T 1/00)

 

Tenor

1. Die weitere Beschwerde des Aktionärs gegen den Beschluss des Landgerichts vom 17. Januar 2001 – KfH T 1/00 – wird zurückgewiesen.

2. Der Beschwerdeführer hat der Beschwerdegegnerin die im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

3. Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf DM 25.000,00 festgesetzt.

 

Gründe

I.

Am 18.08.2000 fasste die Hauptversammlung der X AG mit einer Mehrheit von etwa 96 % den Beschluss, die Gesellschaft in die Y AG einzugliedern. Deren Hauptversammlung stimmte der Eingliederung am 23.08.2000 zu. Mit öffentlich-beglaubigter Urkunde vom 24.08.2000, eingegangen beim Amtsgericht am 25.08.2000, meldete der Vorstand der X AG die Eingliederung zur Eintragung ins Handelsregister an. Im Antrag erklärte der Vorstand, dass eine Klage gegen die Wirksamkeit eines der Hauptversammlungsbeschlüsse bislang nicht erhoben worden sei. Am 07.09.2000 verfügte der Richter beim Registergericht folgende Eintragung in das Handelsregister:

„Die Gesellschaft ist mit Beschluß der Hauptversammlung vom 18. August 2000 in die Y AG, deren Hauptversammlung vom 23. August 2000 zugestimmt hat, gemäß § 320 Aktiengesetz eingegliedert worden.”

Mit Schriftsatz vom 12.09.2000 stellte der Beschwerdeführer „einen Berichtigungsantrag nach §§ 144 Abs. 2, 142 FGG” und regte an, „den Eingliederungsbeschluß … gemäß Hauptversammlung vom 18.08.2000 von Amts wegen zu löschen”. Das Amtsgericht – Registergericht – wies diesen Antrag mit Beschluss vom 09.10.2000 zurück. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Beschwerdeführers wurde vom Landgericht – Kammer für Handelssachen – durch Beschluss vom 17.01.2001 zurückgewiesen. Mit seiner weiteren Beschwerde verfolgt der Beschwerdeführer seinen Antrag weiter.

II.

Die weitere Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.

1. Das als „sofortige weitere Beschwerde” eingelegte Rechtsmittel ist als (einfache) weitere Beschwerde statthaft und auch im übrigen zulässig. Die Beschwerdeberechtigung folgt bereits daraus, dass die Erstbeschwerde ohne Erfolg geblieben ist. Das Landgericht ist auch zu Recht von einer zulässigen Erstbeschwerde ausgegangen (zur Beschwerdebefugnis des Aktionärs im Amtslöschungsverfahren vgl. OLG Zweibrücken WM 1988, 1826 f.).

2. In der Sache muss dem Rechtsmittel der Erfolg versagt bleiben, weil sich die angegriffene Entscheidung des Landgerichts als rechtsfehlerfrei erweist.

a) Ein in das Handelsregister eingetragener Beschluss der Hauptversammlung kann als nichtig gelöscht werden, wenn er durch seinen Inhalt zwingende Vorschriften des Gesetzes verletzt und seine Beseitigung im öffentlichen Interesse erforderlich erscheint (§ 144 Abs. 2 FGG). Es besteht in Rechtsprechung und Literatur Einigkeit, dass diese spezielle – Hauptversammlungsbeschlüsse betreffende – gesetzliche Regelung der allgemeinen Vorschrift über Löschungen von Amts wegen in § 142 Abs. 1 FGG vorgeht (Senatsbeschlüsse vom 18.12.1985, Rpfleger 1986, 140, und vom 08.05.1998 – 11 Wx 2/98; OLG Hamm Rpfleger 1979, 308; NJW-RR 1994, 548; DB 2001, 85; BayObLGZ 1991, 337, 342; Baums BB 1981, 262, 264; Lutter/Friedewald ZIP 1986, 691f). Während nach § 142 Abs. 1 FGG eine Löschung möglich ist („kann”), wenn die Eintragung wegen Mangels einer wesentlichen Voraussetzung unzulässig war, stellt § 144 Abs. 2 FGG strengere Voraussetzungen auf. Nicht schon Mängel hinsichtlich der Eintragungsvoraussetzungen erlauben die Löschung, vielmehr muss der eingetragene Beschluss inhaltlich gegen zwingendes Recht verstoßen. Diese deutliche Differenzierung des Gesetzgebers würde unterlaufen, wenn man im Anwendungsbereich des § 144 Abs. 2 FGG einen Rückgriff auf § 142 Abs. 1 FGG zuließe. Auch nach dem Willen des historischen Gesetzgebers sollte § 144 Abs. 2 FGG abschließenden Charakter haben. Die Löschung eines eingetragenen Hauptversammlungsbeschlusses sollte „nicht wegen jeder G...

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