Leitsatz (amtlich)

Verbotene Eigenmacht i.S.v. § 858 BGB ausgeübt in Deutschland gem. Art. 5 Nr. 3 EUGVVO scheidet aus, wenn die Entziehung des Besitzes an den ursprünglich von der Beklagten (Hellenische Republik) ausgegebenen Anleihen nach dem Vortrag des Klägers nicht in Deutschland erfolgt sein soll, sondern in Griechenland.

 

Verfahrensgang

LG Bochum (Urteil vom 27.02.2014; Aktenzeichen 8 O 381/12)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 27.2.2014 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des LG Bochum wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A. Der Kläger macht gegen den Staat Griechenland Schadensersatzansprüche gem. §§ 280 Abs. 3, 281 BGB wegen angeblicher Nichterfüllung von Besitz- und Eigentumsansprüchen an auf seinem Wertpapierdepot ausgebuchter griechischer Schuldverschreibungen geltend.

Die Beklagte begab in den Jahren 2002, 2007 und 2010 Staatsanleihen zu den ISIN GR .../..., GR .../... und GR .../...

Ausweislich der Geschäftsabrechnung der D2 vom 14.2.2011 (Bl. 22 d.A.) erwarb der Kläger im Februar 2011 griechische EO-Bonds 2007 zu der ISIN GR .../... im Nennwert von 10.000 EUR zu einem Kurswert von 89,53 %. Er wandte dafür inklusive der Gebühren von Bank und Börse einen Betrag von 9.215,82 EUR auf. Die Anlage sollte am 20.8.2012 zu 100 % gesamt fällig sein. Als Verwahrungsart bezeichnet die o.g. Geschäftsabrechnung:

"Wertpapierrechnung Griechenland".

Das griechische Gesetz .../... vom 23.2.2012 sieht vor, dass Anleihebedingungen nachträglich durch Mehrheitsentscheidung der Anleihegläubiger geändert werden können und dass die überstimmte Minderheit der Anleihegläubiger an einen Mehrheitsbeschluss gebunden ist.

Im Februar 2012 unterbreitete die Beklagte den Inhabern der oben bezeichneten Wertpapiere ein Umtauschangebot. Die von der Beklagten im Gegenzug angebotenen Papiere beliefen sich auf lediglich 53,5 % der ursprünglichen Nominalforderungen, sahen eine Laufzeitverlängerung vor und beinhalteten weitere Änderungen.

Kurz danach beschlossen die Anleihegläubiger mehrheitlich eine entsprechende Umschuldung, die am 9.3.2012 vom Ministerrat gebilligt wurde. Dadurch und aufgrund des oben genannten Gesetzes war die Umschuldung (Gesamtvolumen 199 Mrd. Euro) allgemeinverbindlich. Am 12.3.2012 wurden die neuen Anleihen in das Girosystem der griechischen Zentralbank eingebucht und gleichzeitig die alten Anleihen (Eligible Titles) eingezogen, wodurch alle Rechte und Pflichten daraus erloschen (Art. 1 Abs. 9 des vorbezeichneten Gesetzes). Der Umtausch der Anleihen führte zu einer Reduzierung ihres Nennwertes um 53,5 %.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, im Zuge des vorbeschriebenen, sog. Schuldenschnitts habe die Beklagte eigenmächtig die von ihm erworbenen Schuldverschreibungen gegen solche mit einem um 53,5 % niedrigeren Nennwert ausgetauscht bzw. umgebucht. In diesem Zusammenhang hat der Kläger auf ein nicht seine Anlage betreffendes Schreiben der E Bank vom 29.2.2012 (vgl. Bl. 23 ff. d.A.) Bezug genommen. Diese Maßnahme stelle einen Fall verbotener Eigenmacht dar, auch wenn es sich bei der streitgegenständlichen Anlage um ein sog. ent- bzw. dematerialisiertes Wertpapier gehandelt habe. Die Dematerialisierung der Wertpapiere bedeute nicht, dass ein Sachenrecht an ihnen nicht bestehe. Durch die von der Beklagten veranlasste Entnahme der Schuldverschreibung sei der depotführenden D2 zumindest ihr mittelbarer Besitz an dem Papier entzogen worden. Es handele sich hierbei nicht um eine hoheitliche Maßnahme des griechischen Staates, sondern um die privatrechtlich zu wertende einseitige Änderung der Anleihebedingungen durch die Emittentin. Die Ausbuchung sei nicht automatisch aufgrund des Gesetzes .../... erfolgt, sondern aufgrund eines durch die griechische Regelung veranlassten Einzugs. Diese von der griechischen Regierung erzwungene Buchung setze sich über die Besitzmittlungskette bis zur Ausbuchung bei den depotführenden Banken fort. Der ihm deshalb zustehende Anspruch auf Rückgabe bzw. Wiedereinbuchung gem. §§ 869, 861, 858 BGB sei durch die Beklagte nicht innerhalb der dafür gesetzten Frist erfüllt worden. Mithin könne er nunmehr Schadensersatz gem. §§ 280 Abs. 3, 281 BGB in Höhe der von der Beklagten versprochenen Rückzahlung des Nominalwertes verlangen.

Die Zuständigkeit des LG Bochum ergebe sich aus § 32 ZPO, Art. 5 Nr. 3 EuGVVO. Der Schaden sei in Recklinghausen, dem Sitz der depotführenden Bank, eingetreten.

Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.350 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hält die Klage für unzulässig.

Der Rechtsweg zu den deutschen Gerichten sei gegenüber einer hoheitlichen Maßnahme des griechischen Staates nicht eröffnet.

Als souveräner Staat genieße sie für hoheitliches Handeln sowie den Erlass von Gesetzen Immunität vor deutschen Gerichten. Die Ausb...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt VerwalterPraxis. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge