Verfahrensgang

LG Arnsberg (Entscheidung vom 21.09.2007; Aktenzeichen 4 O 278/07)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 05.10.2007 wird der Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Arnsberg vom 21.09.2007 abgeändert.

Dem Antragsteller wird ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt U aus C zu den Bedingungen eines ortsansässigen Anwalts für den Antrag bewilligt, das beklagte Land zu verurteilen, an ihn 3.380,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen und den Antragsteller von seinen Zahlungsverpflichtungen gegenüber seinen Verfahrensbevollmächtigten aus deren Kostenrechnung vom 11.06.2007 in Höhe von 359,50 EUR freizustellen.

Die weitergehende sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Die Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren ist auf die Hälfte zu ermäßigen.

 

Gründe

I.

Der Antragsteller, der in der (vor dem 01.01.1977 errichteten) JVA X eine Freiheitsstrafe verbüßt, begehrt mit seiner beabsichtigten Klage vom Land Nordrhein-Westfalen die Zuerkennung einer Entschädigung wegen der Unterbringung in einem Gemeinschaftshaftraum über einen Zeitraum von insgesamt 179 Tagen sowie Freistellung von Kosten, die ihm durch die außergerichtliche Tätigkeit seiner Prozessbevollmächtigten berechnet worden sind.

Er war nach seinem unter Beweis gestellten Vortrag vom 11.05.2006 bis zum 26.10.2006 im Haftraum D 4/304 mit zwei weiteren Gefangenen untergebracht. Der Haftraum hatte eine Bodenfläche von 14,88 qm und war mit 1 Doppelbett, 1 Einzelbett, 3 Stühlen, 1 Tisch und 3 Kleiderschränken. Ferner befand sich eine Toilette in dem Raum, wobei streitig ist, inwieweit teilweise eine Abtrennung vorhanden war, unstreitig die Toilette aber jedenfalls im Eingang nur durch einen Vorhang abgetrennt war und keine gesonderte Entlüftung hatte.

Einem Antrag des Antragstellers vom 19.06.2006 auf Einzelunterbringung wurde durch die Anstaltsleitung nicht stattgegeben. Zwischen den Parteien ist streitig, ob und wann der Antragsteller weitere Verlegungsanträge gestellt hat.

Die JVA war in dem hier maßgeblichen Zeitraum unstreitig permanent überbelegt.

Der Antragsteller macht geltend, dass die gemeinschaftliche Unterbringung in dem Haftraum gegen das Gebot menschenwürdiger Unterbringung verstoßen habe. Das begründe eine Amtspflichtverletzung, für die das Land zumindest wegen Organisationsverschuldens hafte. Abgesehen von der Toilettensituation sei er dadurch belastet gewesen, weil die Mitgefangenen starke Raucher gewesen seien und er den Gefahren des Passivrauchens ausgesetzt gewesen sei. Zwar sei er selbst auch Raucher, die Rauchbelastung durch mehrere Raucher auf einem derart engen Raum sei aber ungleich größer. Ein Schmerzensgeld von 100 EUR pro Tag der menschenunwürdigen Unterbringung sei angemessen.

Das Land ist dem entgegengetreten und macht geltend, der Antragsteller sei in dem angegebenen Haftraum nur in der Zeit vom 29.06.2006 bis zum 18.10.2006 untergebracht gewesen. Über das Rauchverhalten der Mitgefangenen habe er sich nicht beschwert. Überdies seien die Belastungen auch durch Teilnahmemöglichkeiten an Freizeitveranstaltungen und der erfolgten Zuweisung einer Arbeitstätigkeit abgemildert gewesen. Es bestehe kein Junktim zwischen der Verletzung der Menschenwürde und einem Anspruch auf Geldentschädigung. Die verlangte Entschädigung sei in jedem Fall übersetzt.

Das Landgericht hat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, ein Anspruch scheitere bereits daran, dass der Antragsteller den gebotenen Primärrechtsschutz nicht in Anspruch genommen habe. Ergänzend sei darauf hinzuweisen, dass der Antragsteller auch gesundheitliche Beeinträchtigungen aufgrund der ggf. zur Rechtswidrigkeit führenden Umstände nicht substantiiert dargelegt habe. Dies und der Umstand, dass der Antragsteller von Rechtsschutzmöglichkeiten keinen Gebrauch gemacht habe, zeige, dass die Mindestschwelle nicht überschritten worden sei, die zur Auslösung eines Schmerzensgeldes erreicht sein müsse.

Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seiner rechtzeitig eingelegten sofortigen Beschwerde, mit der er unter Wiederholung und Vertiefung des erstinstanzlichen Vortrages seinen ursprünglichen Antrag weiterverfolgt.

Das Land verteidigt die angefochtene Entscheidung.

II.

Die gem. § 127 Abs. 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde hat teilweise Erfolg. Die beabsichtigte Klage hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Aussicht auf Erfolg im Sinne von § 114 ZPO.

1.

Auf der Grundlage des für die Bewilligung von Prozesskostenhife maßgeblichen Vortrags des Antragstellers liegen die Voraussetzungen für einen Amtshaftungsanspruch nach § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG vor.

1.1

Die nach dem Vortrag des Antragstellers in der Zeit vom 11.05.2006 bis zum 26.10.2006 erfolgte gemeinschaftliche Unterbringung des Antragstellers in dem Gemeinschaftshaftraum stellt eine Am...

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