Leitsatz (amtlich)

1. Die Löschungsklage nach § 55 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist eine Popularklage. Der Kläger braucht weder nachzuweisen, dass er ein eigenes Interesse an der Löschung hat noch dass ein konkretes Allgemeininteresse besteht. Die Löschungsklage ist auch dann zulässig, wenn die Marke wegen anderweitiger Kennzeichenrechte ihres Inhabers – hier des Firmenkennzeichens „OTTO” bzw. „OTTO Versand” – auch nach Löschung von keinem Dritten verwendet werden kann.

2. Die rechtserhaltende Benutzung einer Warenmarke setzt nicht zwingend voraus, dass die Marke auf der Ware selbst angebracht wird. Die Benutzung in Geschäftspapieren, Katalogen oder in der Werbung kann genügen, wenn der Verkehr die Marke dennoch auf die Produkte bezieht; die Verwendung nur als geschäftliche Bezeichnung genügt nicht.

3. Diverse Marken des Versandhauses OTTO, die für umfangreiche Warenverzeichnisse eingetragen sind, sind löschungsreif, weil der Verkehr das Kennzeichen OTTO nicht produktbezogen versteht, sondern als geschäftliche Bezeichnung des Versandhauses OTTO und dessen Leistung, nämlich den Versandhandel.

 

Normenkette

MarkenG §§ 26, 49 Abs. 1, § 55 Abs. 2 Nr. 1

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Aktenzeichen 407 O 16/01)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 21.07.2005; Aktenzeichen I ZR 293/02)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Hamburg, Kammer 7 für Handelssachen, vom 17.7.2001 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung von 26.000 Euro abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Dem Kläger wird nachgelassen, die Sicherheit durch selbstschuldnerische, unwiderrufliche, unbefristete und unbedingte Bürgschaft einer als Zoll- und Steuerbürgin zugelassenen Bank oder Sparkasse mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland zu erbringen. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger, ein Patentanwalt aus Landshut, nimmt die Beklagte, das weltgrößte Versandhandelsunternehmen, auf Einwilligung in die Löschung von 27 Marken in Anspruch, welche im Markenregister des Deutschen Patent- und Markenamts für die Beklagte eingetragen sind. Der Kläger hatte zuvor einer Mandantin, der Firma I. GmbH, die Verwendung des Kennzeichens „OTTOMOBIL” für Kraftfahrzeuge, Ersatzteile für Kraftfahrzeuge und Reparatur von Kraftfahrzeugen empfohlen; dieses Zeichen wurde auch als Marke eingetragen. Daraufhin hatte die Beklagte die Firma I. vor dem LG Frankfurt erfolgreich auf Unterlassung verklagt. Die Verurteilung der Firma I. erfolgte aufgrund einer jüngeren OTTO-Marke der Beklagten, die sich noch in der Benutzungsschonfrist befindet (Anlagen B 1 und B 18a). Die Löschungsklage des Klägers richtet sich gegen Wort- und Wort/Bildmarken mit dem Wortbestandteil „OTTO” für unterschiedliche, größtenteils sehr umfangreiche Warenverzeichnisse (entgegen den tatbestandlichen Feststellungen des LG ist keine der Marken auch für Dienstleistungen eingetragen). Alle Marken befinden sich außerhalb der Benutzungsschonfrist. Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sachvortrags, der gestellten Anträge und der einzelnen Marken wird auf den Tenor und den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils sowie auf die Anlage K 4 Bezug genommen. Das LG hat der Löschungsklage hinsichtlich sämtlicher Marken stattgegeben; wegen der Rechtsausführungen des LG wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen. Gegen das ihr am 23.7.2001 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 20.8.2001 Berufung eingelegt und diese – nach entsprechender Fristverlängerung – am 15.10.2001 begründet. Die Beklagte macht mit ihrer Berufung im Wesentlichen geltend:

Die Klage sei rechtsmissbräuchlich. Der Geschäftsführer S. der Firma I. habe der Beklagten angeboten, dass bei gütlicher Beilegung des Frankfurter Verfahrens auch die Hamburger Löschungsklage zurückgezogen werde. Damit werde klar, dass das vorliegende Verfahren nur ein Druckmittel sei, um die Beklagte zu einem Verzicht auf ihre begründeten Rechte in dem Frankfurter Verfahren zu bewegen. Es bestünde auch kein öffentliches Interesse an der Löschung der Marken, weil die Beklagte auf Grund ihrer gleichfalls geschützten geschäftlichen Bezeichnung die Nutzung der OTTO-Marken durch Dritte ohnehin verhindern könne.

Außerdem habe der Kläger weitere rund 100 Löschungsanträge gegen alle Marken der Beklagten gestellt, die sich außerhalb der Benutzungsschonfrist befänden. Dem Kläger gehe es offenbar darum, möglichst großen Schaden anzurichten.

Die Beklagte habe die Marken auch rechtserhaltend benutzt. Eine Anbringung der Marken auf der Ware selbst sei nach neuerer Rechtsprechung und Literatur nicht notwendig. Es genüge, wenn die Marke auf Geschäftspapieren und in der Werbung benutzt werde. Die Auffassung des LG führe dazu, dass Handelsunternehmen keine Markenrechte erwerben könnten.

Die Rechtsprechung habe auch anerkannt, dass es...

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