Entscheidungsstichwort (Thema)

Güterumschlag von Seeschiff auf Lkw als eigenständige Teilstrecke im Rahmen eines multimodalen Transports (§ 452a HGB)

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Umschlag von Gütern vom Seeschiff auf den Lkw kann eine eigenständige Teilstrecke im Rahmen eines multimodalen Transports (§ 452a HGB) sein, wenn er wegen seines Aufwandes eigenes Gewicht besitzt und sich als Beförderung darstellt.

2. Sofern der Umschlag nicht als eigenständige Teilstrecke i.S.v. § 452a HGB anzusehen ist, ist die Phase des Entladens noch der vorangegangenen, die Phase des Beladens dagegen der nachfolgenden Teilstrecke zuzuordnen.

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Urteil vom 01.08.2003; Aktenzeichen 420 O 34/03)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 18.10.2007; Aktenzeichen I ZR 138/04)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Hamburg, Kammer 20 für Handelssachen, vom 1.8.2003 (420 O 34/03) abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 237.352,08 Euro und 5397,25 USD nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins seit dem 11.3.2003 zu zahlen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird gestattet, die Zwangsvollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin ist Transportversicherer der Firma R. AG, die die Beklagte im Februar 2002 (Anlage K 3) mit dem Transport von Druckmaschinen von Bremerhaven via Portsmouth nach Durham (USA) beauftragte. Die Beklagte erstellte für diesen Transport ein Multimodal Transport Bill of Lading vom 2.2.2002 (Anlage K 4), in welchem die Beklagte als "Carrier" bezeichnet ist.

Die Beklagte beauftragte ihrerseits die Firma C. mit dem Seetransport der in 11 Kisten verpackten Maschinen bis Portsmouth (Anlage B 1).

Dort wurde am 27.2.2002 die Kiste Nr. 405 mit einem Gewicht von 25.940 kg beschädigt, als sie beim Rangieren eines Mafi-Trailers von diesem stürzte. Im Rahmen des Berufungsverfahrens ist zwischen den Parteien folgender Schadenshergang unstreitig geworden:

Die beschädigte Kiste Nr. 405 sowie eine weitere Kiste mit der Nr. 412 befanden sich bereits auf einem sog. Mafi-Trailer, als das Schiff, die MS "ATLANTIC CONCERT", in Bremerhaven beladen wurde. Während der Seereise blieben die Kisten auf dem Mafi-Trailer und wurden in Portsmouth von einer Zugmaschine aus dem Schiff bis in eine ca. 300 m entfernte Lagerhalle gezogen. Dort sollten sie auf einen Lkw verladen werden. Zu diesem Zweck wurden an beiden Kisten die Sicherungsketten gelöst und die Kiste Nr. 412 erfolgreich auf dem Lkw verladen. Um die Kiste Nr. 405 besser verladen zu können, wurde der Mafi-Trailer rangiert. Dabei stürzte die zwischenzeitlich ungesicherte Kiste zu Boden. An ihrem Inhalt entstand ein Schaden i.H.v. 232.673,08 Euro. Für eine neue Verpackung sowie Schadensgutachten macht die Klägerin weitere unstreitige Kosten von 4.679 Euro sowie 5.397,25 USD geltend.

Die Versicherungsnehmerin der Klägerin sowie die Empfängerin haben ihre Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte an die Klägerin abgetreten (Anlagen K 1 und K 2).

Beide Parteien gehen ausdrücklich davon aus, dass der Rechtsstreit auf der Grundlage deutschen Rechts zu entscheiden ist.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Mit diesem Urteil hat das LG der Klage nur teilweise gem. §§ 458 Satz 2, 452a, 606 HGB stattgegeben. Es hat die Ansicht vertreten, die Haftung der Beklagten sei gem. § 660 Abs. 1 HGB auf zwei Rechnungseinheiten für das Kilogramm begrenzt. Wegen der Einzelheiten der Begründung des landgerichtlichen Urteils wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen.

Die Klägerin hat gegen diese Urteil, das ihr am 4.8.2003 zugestellt worden ist, am 4.9.2003 Berufung eingelegt und diese am 2.10.2003 begründet.

Die Klägerin wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie vertritt insb. die Ansicht, die gem. § 452a HGB maßgebliche Teilstrecke sei dem Landfrachtrecht zuzuordnen. Die Beklagte hafte deshalb mit 8,33 Rechnungseinheiten für jedes Kilogramm, womit der eingetretene Schaden gedeckt wäre. Daneben könne sich die Beklagte auf die Haftungsbegrenzung des § 660 Abs. 3 HGB auch deshalb nicht berufen, weil sie sich das qualifizierte Verschulden ihrer Erfüllungsgehilfen gem. § 660 Abs. 3 HGB zurechnen lassen müsse.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des LG Hamburg vom 1.8.2003, Geschäftszeichen 420 O 34/03 unter Aufrechterhaltung im Übrigen dahin gehend abzuändern, dass die Beklagte verurteilt wird, an die Klägerin weitere 173.041,11 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11.3.2003 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte wiederholt...

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