Entscheidungsstichwort (Thema)

Zu den Voraussetzungen für die Schutzwirkung von § 14 Abs. 1 BGB-InfoV und zur Behandlung von Abweichung von der Musterbelehrung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV besteht nach der Rechtsprechung grundsätzlich nur dann, wenn ein Formular verwendet wird, das dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV a.F. sowohl inhaltlich als auch in den äußeren Gestaltung vollständig entspricht (vgl. BGH v. 10.02.2015 - II ZR 163/14, Juris Rdnr. 8; BGH v. 18.03.2014 m.w.N.)

2. Der Senat neigt zu der Annahme, dass durch die Anbringung einer Fußnote, deren Text "Bitte Frist im Einzelfall prüfen" sich zudem außerhalb der Umrandung befindet, gerade keine inhaltliche Bearbeitung des Textes stattfinden sollte, sodass diese einem Vertrauensschutz im Zweifel noch nicht entgegensteht. Soweit Ziffer 9 der Gestaltungshinweise der Anlage 2 zu § 14 BGB-lnfoV vorsieht, dass für das Vorliegen eines finanzierten Geschäftes mehrere Alternativen der Belehrung zur Verfügung stehen, weicht eine Bank im Rahmen ihrer Möglichkeiten zur Gestaltung der Widerrufsbelehrung durch die von ihr bearbeiteten Gestaltungshinweise unter Verlust des Vertrauensschutzes des § 14 BGB-lnfoV inhaltlich von der vorgesehenen Gestaltung ab, wenn sie ohne das Vorliegen eines finanzierten Geschäftes bei mehreren dafür zur Verfügung stehenden Alternativen der Belehrung diese ungeachtet des Inhalts der vorgegebenen Gestaltungshinweise verwendet.

3. Die Erklärung eines Widerrufs zwei Monate nach Rückführung des Darlehens und Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung ist weder verwirkt noch rechtsmissbräuchlich. Indem ein Verbraucher das Widerrufsrecht ohne besondere Begründung ausüben kann, liegt auch dann kein Rechtsmissbrauch vor, wenn der Verbraucher - wie hier - für sich keinen Übereilungsschutz in Anspruch zu nehmen gedenkt, sondern aus dem Widerruf einen wirtschaftlichen Vorteil ziehen will.

 

Normenkette

BGB §§ 346, 495, 355

 

Verfahrensgang

LG Wiesbaden (Urteil vom 18.12.2014; Aktenzeichen 9 O 95/14)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 18.12.2014 verkündete Urteil des LG Wiesbaden - Az. 9 O 95/14 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 21.072,33 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt von der Beklagten die Rückzahlung eines Teilbetrags zweier von ihm gezahlter Vorfälligkeitsentschädigungen nach dem Widerruf zweier Darlehensverträge.

Der Kläger schloss als Verbraucher mit der Beklagten im Juni 2007 einen Darlehensvertrag zur Nr ... 1 über ein Darlehen im Nennbetrag von 66.500,- EUR bei einer Zinsfestschreibung bis zum 30.04.2018, wobei wegen der Einzelheiten des schriftlichen Vertrages auf dessen Kopie (Anlage K 1) verwiesen wird. Diesem Darlehensvertrag war eine Widerrufsbelehrung beigefügt, wobei wegen deren Inhalt und Ausgestaltung ebenfalls auf deren Kopie (Bl. 9 d.A.) Bezug genommen wird. In Zusammenhang mit der Veräußerung der finanzierten Immobilie löste der Kläger das Darlehen im Januar 2014 durch am 07.01.2014 erfolgte Zahlung einer von der Beklagten berechneten Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 9.072,33 EUR ab.

Der Kläger schloss als Verbraucher im Juni 2007 ebenfalls zur Finanzierung der Immobilie mit der Beklagten einen weiteren Darlehensvertrag zu der Nr ... 2 über einen Darlehensbetrag in Höhe von 333.500,- EUR bei entsprechender Zinsfestschreibung bis zum 30.04.2018. Auch insoweit wird wegen des Inhalts des Darlehensvertrages sowie der Widerrufsbelehrung auf die entsprechenden Kopien (Anlage K 10, Bl. 95 ff. d.A.) verwiesen. Auch dieses Darlehen löste der Kläger durch Zahlung einer von der Beklagten begehrten Vorfälligkeitsentschädigung am 15.01.2014 in Höhe von 46.524,85 EUR in Zusammenhang mit der Veräußerung der Immobilie ab.

Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 04.03.2014 ließ der Kläger in seinem Namen seine Erklärungen zum Abschluss der oben dargestellten Darlehensverträge widerrufen, wobei wegen der weiteren Einzelheiten auf die Anlage K 2 Bezug genommen wird.

Der Kläger hat vorgetragen, dass sein Widerrufsrecht mangels ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung nach § 355 Abs. 3 Satz 3 BGB noch nicht erloschen sei. Die Beklagte könne sich auch nicht auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV berufen, da die streitgegenständlichen Widerrufsbelehrungen der Beklagten sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung nicht vollständig der Musterwiderrufsbelehrung entsprächen. Insbesondere sei die Aufnahme der zusätzlichen Worte in der Überschrift: "Zu Darlehens-/Kreditvertra...

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