Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 02.12.2014; Aktenzeichen 3-5 O 44/14)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 07.11.2017; Aktenzeichen II ZR 37/16)

 

Tenor

Auf die Berufung der Kläger wird das am 02.12.2014 verkündete Urteil der 5. Kammer für Handelssachen des LG Frankfurt am Main teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger zu 1) einen Betrag von 68.957,20 EUR zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 28.05.2014 zu zahlen;

an den Kläger zu 2) einen Betrag von 99.040,30 EUR zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 28.05.2014 zu zahlen;

an den Kläger zu 3) einen Betrag von 30.328,95 EUR zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 28.05.2014 zu zahlen;

an den Kläger zu 4) einen Betrag von 62.423,55 EUR zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 28.05.2014 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weiter gehende Berufung wird zurück gewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um die Angemessenheit der Gegenleistung im Rahmen eines Aktien-Übernahmeangebots gem. § 31 Abs. 1, Abs. 6 Satz 1 WpÜG.

Die Kläger waren Aktionäre einer X AG, deren Übernahme die Beklagte seit dem Jahr 2013 plante. Hierbei strebte sie eine Beteiligung von mindestens 75 % an, um nach der Übernahme sicher einen Beherrschungsvertrag mit der X AG schließen zu können. Um die angestrebte Beteiligung zu erreichen, musste die Beklagte in großem Umfang Wandelanleihen kaufen, welche die X. BV, die niederländische Finanzierungsgesellschaft der X Gruppe, ausgegeben hatte. Die Anleihen gewährten ihrem Inhaber ein Recht zur Wandlung in Aktien der X AG und waren von dieser garantiert. Sie sollten zum 29.10.2014 (im Folgenden "Anleihen 2014") bzw. 07.04.2018 (im Folgenden "Anleihen 2018") fällig werden und enthielten eine Klausel, wonach der Inhaber im Falle eines Kontrollwechsels am oder vor dem Kontrollstichtag die Wandlung zu einem angepassten Wandlungspreis verlangen konnte. Wegen der Einzelheiten der Ausgestaltung wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils, S. 4 ff., Bezug genommen.

Am 23.01.2014 kam zwischen der Beklagten und der Großaktionärin der X AG, der Y GmbH, ein Aktienkaufvertrag zustande, in dem sich die Beklagte zur Zahlung von 23,50 EUR pro Aktie verpflichtete. Ebenfalls am 23.01.2014 schloss die Beklagte mit dem Inhaber eines großen Teils der Wandelanleihen, dem Finanzinvestor Z, einen Kaufvertrag über 4.840 Anleihen 2014 zum Preis von 71.428,57 EUR je Anleihe und weiteren 2.180 Anleihen 2018 zum Preis von 162.473,00 EUR je Anleihe. Bezogen auf eine Aktie betrug der Kaufpreis hinsichtlich der Anleihen 2014 30,943 EUR und hinsichtlich der Anleihen 2018 30,951 EUR. Wegen der Berechnung wird auf die - von der Beklagten als solche nicht bestrittenen - Ausführungen in der Klageschrift (S. 25 ff., Bl. 26 ff. d.A.) Bezug genommen.

Die Anleihen waren spätestens am 24.01.2014 zum angepassten Wandlungspreis wandelbar, weil die Y GmbH am 22.01.2014 ihre Beteiligung aufgestockt hatte, dies am 24.01.2014 veröffentlichte und jedenfalls dadurch ein Kontrollwechsel im Sinne der Anleihebedingungen eintrat.

Am 27.01.2014 wurden die Anleihen 2018 übertragen. Einen Tag später übte die Beklagte die Wandlungsrechte zu einem Wandlungspreis von 19,05 EUR aus. Anfang Februar erwarb sie 11.443.569 (von insgesamt 170.100.000) Aktien der X AG.

Die Übertragung der Anleihen 2014 erfolgte am 06.02.2014. Mitte Februar übte die Beklagte die Wandlungsrechte aus diesen Anleihen zu einem Wandlungspreis von 21,66 EUR aus und erhielt 11.172.668 Aktien der X AG.

Bis zur Abgabe des Übemahmeangebots erwarben die Beklagte und eine Schwestergesellschaft zusammen weitere 519 Wandelanleihen, von denen sie 442 in 1.429.076 Aktien der X AG umtauschten.

Nach Prüfung und Gestattung der Angebotsunterlagen durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) gab die Beklagte am 28.02.2014 ein auf den Erwerb sämtlicher Aktien der X AG gerichtetes öffentliches Übernahmeangebot zum Preis von 23,50 EUR je Aktie ab. Die Vorerwerbe der Wandelanleihen und die hierfür gezahlten Preise hatte die Beklagte gegenüber der BaFin offengelegt. Auf das Angebot lieferten der Kläger zu 1) 9.256 Aktien ein, der Kläger zu 2) 13.294 Aktien, der Kläger zu 3) 4.071 Aktien und der Kläger zu 4) 8.379 Aktien.

Die Kläger haben die Auffassung vertreten, dass der Preis von 23,50 EUR je Aktie keine angemessene Gegenleistung im Sinne von § 31 Abs. 1 WpÜG i.V.m. § 4 WpÜG-AngVO darstelle. Denn aus § 31 Abs. 6 WpÜG folge, dass bei der Berechnung des Mindestprei...

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