Leitsatz (amtlich)

Die Kunden eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens, das zur Führung von Konten nicht berechtigt ist, können das zur Kontoführung eingeschaltete Kreditinstitut nicht allein aufgrund der Tatsache, dass die dort eingezahlten Gelder entgegen § 34a WpHG statt auf Einzelkonten auf einem sog. Omnibuskonto des Wertpapierdienstleistungsunternehmens verwahrt wurden, auf Schadensersatz in Anspruch nehmen.

§ 34a WpHG, der kein Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB, darstellt, regelt ausschließlich die Pflichten eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens, das zur Kontoführung nicht berechtigt ist.

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 15.11.2007; Aktenzeichen 2/18 O 172/07)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 22.06.2010; Aktenzeichen VI ZR 212/09)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 15.11.2007 verkündete Urteil der 18. Zivilkammer des LG in Frankfurt/M. wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Berufung zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet oder hinterlegt.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (abgedruckt in EWiR 2008, 639) wird Bezug genommen.

Die wirtschaftliche Entwicklung der Firma P. Kapitaldienst GmbH (im Folgenden: P.) und ihre Auseinandersetzungen mit der Aufsichtsbehörde nahmen folgenden Verlauf:

Die Firma P. wurde im Jahre 1976 als Wertpapierhandelsunternehmen gegründet und begann mit ihrer Tätigkeit. Im August 1989 eröffnete sie bei der Beklagten ein Konto mit der Nr. 251017 (Bl. 325 f.). Im Jahre 1992 begann sie, das von ihr entwickelte Produkt "P ... Managed Account" (PMA) zu vertreiben. Zum 1.1.1998 erhielt sie den Status einer Wertpapierhandelsbank und wurde der Aufsicht des Bundesaufsichtsamts für den Wertpapierhandel unterstellt. Im Juni 1999 wurde das Omnibuskonto mit der Nr. 251017 mit dem Sperrvermerk "Treuhandkonto für Anleger" gekennzeichnet (Bl. 156). Mit Schreiben vom 20.1.2000 (Bl. 191 ff.) wies das Bundesaufsichtsamts für den Wertpapierhandel die Firma P. auf die sich aus § 34a I WpHG ergebenden Pflichten hin und forderte, für jeden Kunden ein separates Konto einzurichten. Die Firma P. übersandte am 24.1.2000 das Schreiben des Bundesaufsichtsamts an ihren rechtlichen Berater und an die Beklagte "mit der Bitte um Mitteilung, wie das Problem der Einzelkonten gelöst werden" könne (Bl. 189). Der rechtliche Berater widersprach der Auffassung des Bundesaufsichtsamts mit Schreiben vom 17.2.2000, von dem die Beklagte eine Durchschrift erhielt (Bl. 195 f.). Am 21.3.2000 erließ das Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel einen Bescheid, wonach die Firma P. die Verwendung von Kundengeldern im eigenen Namen für fremde Rechnung einzustellen und dies auch zukünftig zu unterlassen habe, soweit nicht die Kundengelder unverzüglich getrennt von den Geldern des Unternehmens und von anderen Kundengeldern auf Treuhandkonten bei entsprechenden Einlagesicherungskreditinstituten verwahrt würden. Der Widerspruch der Firma P. gegen diesen Bescheid wurde mit Bescheid vom 23.8.2000 zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Klage der Firma P. wurde mit Urteil des VG in Frankfurt/M. vom 12.11.2001 unter Zulassung der Sprungrevision zurückgewiesen. Das BVerwG wies die Revision der Firma P. mit in mehreren Fachzeitschriften publiziertem Urteil vom 24.4.2002 (BVerwGE 116, 198 ff. = ZIP 2002, 1569 ff.) zurück und wies zur Begründung darauf hin, dass beim PMA die gesetzlich gebotene strikte Trennung der Kundengelder nicht erfolge. Zwischenzeitlich (mit Schreiben vom 24.4.2001, Bl. 202) hatte das Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel bei der Beklagten angefragt, wie bei ihr die verschiedenen Treuhandkonten für Anleger der Firma P. geführt wurden. Die Beklagte teilte daraufhin mit Schreiben vom 4.5.2001 mit, es handle sich um Einzelkonten, auf denen die Gelder in ihrer Gesamtheit verwahrt würden (Bl. 203).

Am 7.8.2002 ordnete die BaFin, die mittlerweile die Aufgaben des Bundesaufsichtsamts für den Wertpapierhandel übernommen hatte, eine Sonderprüfung der Firma Phoenix an. Die beauftragte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft legte ihr Gutachten am 31.3.2003 vor. Am 7.4.2004 verstarb der Geschäftsführer der Firma P. B.. Am 7.3.2005 wurde der neue Geschäftsführer über Fälschungen informiert. Dies führte zur Untersagung des Geschäftsbetriebs am 11.3.2005 und zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 1.7.2005. Auf dem Konto bei der Beklagten, auf das die Klägerin einzahlte, befinden sich 26.185.138 EUR. Eine Schadensersatzklage gegen die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft blieb erfolglos (BGH, Urt. v. 7.5.2009 - III ZR 277/08, bei Juris). Auszahlungen aus der Insolvenzmasse sind noch nicht erfolgt. Der Insolvenzverwalter vertritt die umstrittene und rechtlich noch nicht geklärte Auffassung, den Anlegern s...

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