Leitsatz (amtlich)

Der Insolvenzverwalter ist berechtigt, bei Auskehr des Verwertungserlöses (§ 170 Abs. 1 InsO) für Gegenstände, die dem Vermieterpfandrecht unterliegen, nach § 366 Abs. 1 BGB zu bestimmen, dass zunächst die Mietzinsforderungen des Vermieters getilgt werden sollen, die als Masseverbindlichkeiten zu berichtigen sind und sodann erst offene Mietzinsinsolvenzforderungen.

 

Verfahrensgang

LG Zwickau (Urteil vom 24.06.2011; Aktenzeichen 2 O 1746/05)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Teilurteil des LG Zwickau vom 24.6.2011 - 2 O 1746/05 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Es wird festgestellt, dass der Beklagte zu Lasten der Masse aus dem Mietvertrag zwischen der Klägerin und der M. GmbH vom 19.9.2003 der Klägerin Miete i.H.v. 15.198,18 EUR nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 4.11.2005 schuldet. Ferner schuldet der Beklagte der Klägerin Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 73,10 EUR seit dem 4.11.2005 bis zum 10.9.2010, aus 285,14 EUR seit dem 6.12.2006 bis zum 10.9.2010, aus 14.986,14 EUR seit dem 6.12.2006 bis zum 30.9.2008, aus jeweils 15.271,28 EUR seit dem 5.1.2006, 6.2.2006, 6.3.2006, 6.4.2006 jeweils bis zum 30.9.2008 sowie Zinsen aus jeweils 12.927,04 EUR seit dem 6.5.2006, 6.6.2006 und 4.7.2006 bis jeweils zum 30.9.2008.

2. Darüber hinaus wird festgestellt, dass der Beklagte zu Lasten der Masse der Klägerin Nutzungsausfall i.H.v. 33.777,11 EUR nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 20.850,07 EUR seit dem 4.11.2006 und aus 12.927,04 EUR seit dem 5.12.2006 schuldet.

3. Es wird festgestellt, dass der Beklagte der Klägerin als Masseverbindlichkeit Jahreszinsen i.H.v. 4 % des auszukehrenden Verwertungserlöses i.H.v. 358,24 EUR seit dem 22.6.2005 schuldet.

4. a) Der Beklagte wird verurteilt, umfassend Auskunft zu erteilen über den Verbleib aller dem Vermieterpfandrecht der Klägerin unterliegenden, in den Mietgegenstand gem. § 1 des Mietvertrags zwischen der Klägerin und der M. GmbH vom 19.9.2003 über das Mietobjekt ... in Z ... (bestehend aus 1.010 m2 Hallenfläche, 60 m2 Büroräume, 100 m2 Sanitär-/Aufenthaltsräume und Flure) eingebrachten Sachen der M. GmbH einschließlich der dort von der M. GmbH hergestellten Produkte sowie der für die Produktion notwendigen Rohstoffe, soweit sie bis einschließlich 16.10.2004 und ab 1.4.2005 eingebracht wurden, und zwar sowohl für alle Forderungen der Klägerin aus dem vorgenannten Mietvertrag bis zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der M. GmbH am 1.4.2005 als auch für Forderungen aus vorgenanntem Mietvertrag ab dem Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bis einschließlich 31.12.2006.

Davon ausgenommen sind Sachen des Umlaufvermögens, insbesondere Hilfs- und Betriebsstoffe sowie hergestellte Produkte, soweit sie bis zum 28.2.2006 eingebracht wurden.

b) Der Beklagte wird weiter verurteilt, Auskunft zu erteilen über den Rohstoff-, Waren- und Kassenbestand am 1.3.2006.

c) Der Beklagte wird weiter verurteilt, Auskunft zu erteilen über sämtliche Verwertungserlöse hinsichtlich sämtlicher eingebrachter Sachen nach Nr. 4. a), hinsichtlich welcher der Klägerin ein Absonderungsrecht zusteht bzw. zustand.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die weitergehende Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 4/5 und der Beklagte zu 1/5.

IV. Das Urteil ist hinsichtlich der Nr. I. 4. vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 25.000 EUR abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckung kann insoweit durch den jeweiligen Schuldner durch Sicherheitsleistung i.H.v. 115 % des gegen ihn aufgrund dieses Urteil vollstreckbaren Betrags abgewendet werden, wenn nicht der jeweilige Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

V. Die Revision wird zugelassen.

VI. Die Beschwer beider Parteien übersteigt 20.000 EUR.

VII. Gegenstandswert des Berufungsverfahrens: 240.925,91 EUR.

 

Gründe

A. Der Beklagte ist Insolvenzverwalter in dem auf Antrag vom 17.1.2005 am 1.4.2005 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der M. GmbH, Z. (im Folgenden: Schuldnerin). Die Parteien streiten um gewerblichen Mietzins, um Nutzungsentschädigung, Zinsen sowie Ersatz für Wertverluste und Auskunft. Darüber hinaus begehrt die Klägerin vom Beklagten Auskunft über den Verbleib von mit dem Vermieterpfandrecht belasteten Gegenständen.

Hinsichtlich des Vorbringens erster Instanz wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen. Im Weiteren sind folgende Einzelheiten zu ergänzen: Das Mietverhältnis wurde erst unter dem 15.8.2006 gekündigt. Die Klägerin rechnete mit Schreiben vom 19.12.2006 sowie 4.7.2007 die Nebenkosten für das Ja...

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