1 Einführung

Schon im Mittelalter war es Brauch, wegen der beengten Raumverhältnisse innerhalb der Städte Gebäude in geschlossener Bauweise zu errichten. Bei dieser Bauweise stoßen zwei auf verschiedenen Grundstücken errichtete Häuser aneinander.

  • Hat jedes dieser Häuser eine eigene, unmittelbar an der Grenze zum Nachbargrundstück gebaute Abschlusswand, dann handelt es sich um eine Grenzwand im Sinne des Nachbarrechts.
  • Haben demgegenüber beide Häuser eine gemeinsame Abschlusswand, die auf der gemeinsamen Grenze beider Grundstücke steht, dann handelt es sich nach der Terminologie des Nachbarrechts um eine Nachbarwand, die auch als "Kommunmauer" oder "halbscheidige Giebelwand" bezeichnet wird, wenn sie mittig auf die gemeinschaftliche Grundstücksgrenze gesetzt und die Dachtraufe zur Straßenseite hin ausgerichtet ist.

Der Bau von Nachbarwänden hat sich vor allem im Geltungsbereich des früheren Rheinischen Rechts (code civil) eingebürgert und war auch noch nach dem Zweiten Weltkrieg üblich, wo es darum ging, beim Wiederaufbau zerstörter Städte nicht nur Raum, sondern vor allem auch Baukosten zu sparen.

 
Hinweis

Heutige Bauweise

Heutzutage sind wegen der Anforderungen des modernen Brand- und Lärmschutzes Nachbarwände eher selten. Vielmehr ist im modernen Doppel- und Reihenhausbau die zweischalige Bauweise mit jeweils getrennten Abschlusswänden und dazwischenliegender Dämmschicht üblich, wodurch die Schallübertragung zwischen den angrenzenden Häusern wirksam vermindert werden kann. In der Praxis geschieht dies in der Weise, dass Reihen- oder Doppelhäuser in zweischaliger Bauweise auf dem Grund und Boden eines Eigentümers (meist des Bauträgers) errichtet werden. Nach Baufertigstellung wird dann das Grundstück dergestalt parzelliert, dass die Trennfugen der Abschlusswände auf den neuen Grundstücksgrenzen zu liegen kommen. In rechtlicher Sicht bedeutet dies, dass die Abschlusswände der Doppel- und Reihenhäuser Grenzwände der jeweils aneinander grenzenden und auf eigenen Grundstücken stehenden Häuser sind, wobei die genau auf der Grenze aufstehende Dämmschicht, die beide Trennwände trennt und beiden angrenzenden Häusern zum Vorteil gereicht (vor allem dem Schallschutz), eine gemeinschaftliche Grenzeinrichtung im Sinne der §§ 921, 922 BGB ist.

Im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) findet sich keine ausdrückliche Regelung der nachbarrechtlichen Beziehungen bei Nachbarwänden und Grenzwänden. Das ist sicher einer der Gründe dafür, dass die Rechtslage speziell bei der Nachbarwand sehr umstritten ist.

Nachbarrechtsgesetz

Mangels einer ausdrücklichen Regelung im BGB sind die Vorschriften über Nachbarwände und Trennwände eine Domäne der Nachbarrechtsgesetze der Bundesländer. Entsprechende Vorschriften gibt es in

  • Berlin,
  • Brandenburg,
  • Hessen,
  • Niedersachsen,
  • Nordrhein-Westfalen,
  • Rheinland-Pfalz,
  • dem Saarland,
  • Sachsen-Anhalt,
  • Schleswig-Holstein und
  • Thüringen.

Keine Vorschriften bzw. nur unvollständige Regelungen gibt es in

  • Baden-Württemberg,
  • Bayern,
  • Bremen,
  • Hamburg,
  • Mecklenburg-Vorpommern und
  • Sachsen.

2 Nachbarwand

2.1 Tatbestandsmerkmale

2.1.1 Besondere Grenzlage und bautechnische Funktion

Unter einer Nachbarwand oder Kommunmauer versteht man die auf der Grenze zweier benachbarter Grundstücke errichtete Wand aus gemauerten Ziegeln, gegossenem Beton oder etwa in Stahlbauweise, die den auf beiden Grundstücken stehenden oder noch zu errichtenden Bauwerken als Abschlusswand oder zur Unterstützung oder Aussteifung (also zu baustatischen Zwecken) dient oder dienen soll. Die Nachbarwand muss also zum einen eine bestimmte bautechnische Funktion für aneinander grenzende Bauwerke auf benachbarten Grundstücken erfüllen und zum anderen mit einem Teil ihrer Dicke auf jedem der beiden Grundstücke stehen.

In der Regel wird die Nachbarwand zur Hälfte über die Grenze gebaut und in diesem Fall als halbscheidige Wand oder halbscheidige Giebelwand bezeichnet, wenn die Dachtraufe zur Straßenfront hin ausgerichtet ist. Wie eine halbscheidige Giebelwand beschaffen ist, können Sie der folgenden Skizze entnehmen.

Beispiel einer Nachbarwand (Kommunmauer)

Keine Nachbarwand

  • Keine Nachbarwand ist wegen des Fehlens der besonderen Grenzlage die unmittelbar an der Grenze auf dem eigenen Grundstück stehende Abschlusswand (sog. Grenzwand).
  • Keine Nachbarwand, sondern Überbau, ist auch die in ihrer ganzen Dicke auf dem benachbarten fremden Grundstück errichtete Gebäudewand.
  • Keine Nachbarwände im Sinne des Nachbarrechts sind schließlich die Haustrennwände bei Doppel- und Reihenhausbebauung in Wohneigentum, weil hier die Häuser nicht auf jeweils eigens herausvermessenen Grundstücken, sondern auf dem Gemeinschaftsgrundstück stehen.

2.1.2 Das Zustimmungserfordernis

Weil die Nachbarwand zum Teil auf fremdem Grund und Boden steht, ist die Zustimmung des Eigentümers des Nachbargrundstücks Voraussetzung dafür, dass die Nachbarwand legal errichtet wird; gehört das Nachbargrundstück mehreren Personen, müssen alle zustimmen. Wird eine Nachbarwand ohne Zustimmung des Nachbarn auf die Grundstücksgrenze gesetzt, handelt es sich um einen Grenzüberbau, mit den in den §§ 912 ff. BGB geregelten Rechtsfolgen.

 
Hinweis

Schriftform

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