Entscheidungsstichwort (Thema)

Kostenentscheidung gemäß § 91 a ZPO

 

Verfahrensgang

AG Stuttgart-Bad Cannstatt (Beschluss vom 09.12.2005; Aktenzeichen 8 C 3081/05)

 

Tenor

wird die sofortige Beschwerde der Kläger gegen den Beschluss des Amtsgerichts Stuttgart-Bad Cannstatt vom 09.12.2005 kostenpflichtig zurückgewiesen.

Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens: bis EUR 3.000,–.

 

Gründe

Die sofortige Beschwerde der Kläger ist zulässig, aber unbegründet. Der Beschluss des AG Stuttgart-Bad Cannstatt über die Kostenentscheidung gem. § 91 a ZPO ist zutreffend.

Die Räumungsklage der Kläger war unschlüssig. Die fristlose Kündigung vom 31.10.2005 (K 4 = Bl. 16 ff.), auf welche die Klage gestützt war, war aus formellen Gründen (unzureichend angegebene Kündigungsgründe) unwirksam.

Bei einer fristlosen Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses (§§ 543 Abs. 1, 569 Abs. 2 BGB) ist der zur Kündigung führende wichtige Grund im Kündigungsschreiben anzugeben (§ 569 Abs. 4 BGB), was zu den Wirksamkeitsvoraussetzungen der Kündigung gehört (Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 8. Aufl. 2003, § 569 BGB Rn. 74). Die mit dem Mietrechtsreformgesetz neu eingeführte Vorschrift ähnelt der für die ordentliche Kündigung gültigen rechtsähnlichen Vorschrift des § 573 Abs. 3 S. 1 BGB. Die Angaben im Kündigungsschreiben müssen substantiiert sein, d.h. nach Art. Zeitpunkt und Dauer der Störung (hier: der Lärmerzeugung) konkretisiert (LG Hamburg WuM 1977, 30; LG Bonn WuM 1992, 18; Schmidt-Futterer/Blank a.a.O. Rn. 73 speziell für Lärmstörungen). Denn die Anordnung einer Begründungspflicht ergibt nur dann einen vernünftigen Sinn, wenn der Kündigungsempfänger auf Grund der Angaben im Kündigungsschreiben Klarheit über seine Rechtsposition und die Möglichkeiten einer Rechtsverteidigung erhält (so BVerfG WuM 1989, 483; ZMR 1994, 252 zu der rechtsähnlichen Vorschrift des § 564 b Abs. 3 BGB a.F. (= § 573 Abs. 3 BGB n.F.); Schmidt-Futterer/Blank a.a.O. Rn. 71; Lammel, Wohnraummietrecht, § 569 BGB Rn. 54). Wird wegen mehrerer Gründe gekündigt, so müssen alle Gründe angegeben werden (Schmidt-Futterer/Blank a.a.O. Rn. 70). Eine solch präzise Angabe ist selbst dann erforderlich, wenn die Kündigungsgründe – wie hier von den Klägern behauptet – schon vor Ausspruch der Kündigung dem Gekündigten (hier: Mieter) anderweitig bekannt waren, z.B. weil sie ihm mündlich oder schriftlich mitgeteilt wurden (BayObLG RE 14.7.1981 WuM 1981, 200; LG Gießen WuM 1990, 301; LG Detmold WuM 1990, 301; Schmidt-Futterer/Blank a.a.O. § 573 BGB Rn. 246).

Unrichtig ist die Meinung der Kläger, wegen der Vielzahl von Lärmbelästigungen (hier: ca. 80 bis 100 Verstöße) sei es unmöglich bzw. unzumutbar, einzelne Vorfälle konkret im Kündigungsschreiben aufzuführen. Auch bei einer auf eine Vielzahl einzelner Vertragsverletzungen gestützten Kündigung müssen die einzelnen Vertragsverletzungen substantiiert dargelegt werden (vgl. LG Berlin WuM 2003, 208 ff). Wird wegen einer häufigen Lärmbelästigung gekündigt, so genügt es nicht, wenn der Vermieter lediglich darlegt, dass der Mieter „ständig ruhestörenden Lärm” verursacht habe. Vielmehr ist in einem solchen Fall zu verlangen, dass Art, Zeitpunkt und jeweilige Dauer einzelner Lärmstörungen hinreichend genau beschrieben werden. Zumindest muss der Vermieter einen abgrenzbaren Zeitraum darlegen (z.B.: „In der Zeit von … bis … ca. dreimal wöchentlich”); vgl. insgesamt Schmidt-Futterer/Blank, a.a.O., § 543 BGB Rn. 219; § 569 BGB Rn. 73. Im übrigen hätte statt der Angabe aller Vorfälle die Angabe einer solchen Auswahl von schwerer wiegenden Vorfällen genügt, dass daraus insgesamt eine solche Anzahl bzw. Intensität schwerwiegender Verstöße gegen die Hausordnung abzuleiten ist, dass sich daraus die Unzumutbarkeit des weiteren Verbleibs des Gekündigten in der Mietwohnung bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses (vgl. § 569 Abs. 2 BGB) ergibt.

Diesen Maßstäben wurde das Kündigungsschreiben (K 4) nicht gerecht. Die Kläger haben zwar Konkretisierungen der Lärmverursachung im Kündigungsschreiben vom 31.10.2005 (K 4, Bl. 16 ff) angegeben – Türenknallen, Geschrei, Herumtrampeln, schreiende Auseinandersetzungen –; diese bezeichnen jedoch nur verschiedene Arten der Lärmerzeugung, jedoch nicht einzelne, identifizierbare Vorfälle, die durch eine Beweisaufnahme geklärt werden könnten, zumal Angaben über die jeweilige Lärmintensität, Zeitpunkt und Dauer der Vorfälle fehlen. Die Zeitangabe „seit einem Jahr … ständig … auf den ganzen Tag und in der Nacht verteilt” reicht diesbezüglich nicht aus. Dementsprechend ist auch bei dem vergleichbaren Fall einer Unterlassungsklage anerkannt, dass in der Klagebegründung einzelne Störfälle nach Zeitpunkt, Dauer, Häufigkeit, Art und Intensität (der Lärmerzeugung) genau zu beschreiben sind (LG Berlin GE 1992, 675; Sternel PlG 31, 87).

Bei einer auf Verletzung einer Pflicht aus dem Mietvertrag gestützten fristlosen Kündigung ist zudem eine Kündigung grundsätzlich erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten angemessenen...

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