Entscheidungsstichwort (Thema)

Beschlussanfechtung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Klage eines Wohnungseigentümers gegen die übrigen Eigentümer auf Feststellung, dass eine bauliche Änderung am Gemeinschaftseigentum mangels Nachteils gemäß § 14 Nr. 1 WEG zustimmungsfrei sei und deshalb nicht von ihm beseitigt werden müsse, fehlt grundsätzlich das Rechtsschutzbedürfnis, wenn der Kläger nicht zuvor gemäß § 22 I 1 WEG einen Beschluss in der Eigentümergemeinschaft hierüber herbeigeführt hat.

2. Die Vorbefassung der Eigentümerversammlung mit der baulichen Veränderung ist nur dann entbehrlich, wenn sie dem Kläger ausnahmsweise unzumutbar ist, weil etwa im Einzelfall eindeutig und ohne weitere Prüfung feststeht, dass keinerlei Nachteile im Sinne des § 14 Nr. 1 WEG ausgelöst werden, oder weil von vornherein sicher ist, dass die übrigen Eigentümer das Einverständnis verweigern.

 

Verfahrensgang

AG München (Urteil vom 18.02.2009; Aktenzeichen 482 C 320/08 WEG)

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Anfechtungsklage als unbegründet abgewiesen und die Feststellungsklage als unzulässig verworfen wird.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

IV. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 4.000 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Von einer Darstellung des Sachverhalts wird gemäß §§ 540 II, 313a I 1 ZPO abgesehen, da ein Rechtsmittel gegen das vorliegende Urteil unzweifelhaft nicht in Betracht kommt: Die Revision wurde nicht zugelassen; eine Nichtzulassungsbeschwerde ist nach § 62 Abs 2 WEG n. F. ausgeschlossen, da es sich vorliegend um eine Streitigkeit nach § 43 Nr. 1, 4 WEG handelt (Spielbauer/Then, WEG, § 62 Rz. 6).

 

Entscheidungsgründe

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das Amtsgericht hat der Klage im Ergebnis zu Recht nicht stattgegeben. Der Tenor des Urteils des Amtsgerichts war nur dahingehend zu präzisieren, dass die Anfechtungsklage als unbegründet zurückzuweisen (1), die negative Feststellungsklage als unzulässig zu verwerfen war (2).

1. Die Anfechtungsklage ist zwar zulässig, aber unbegründet.

a) Sie ist zulässig, insbesondere fehlt ihr nicht das Rechtsschutzbedürfnis.

Zwar geht es hier um einen Negativbeschluss. Die Anfechtung eines solchen Beschlusses ist mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig, wenn der bestandskräftige Beschluss einem späteren Verpflichtungsantrag nicht entgegengehalten werden kann (OLG München NZM 2006, 703). Das könnte man annehmen, wenn der Antrag, den die Eigentümer durch den angefochtenen Beschluss abgelehnt haben, zu unbestimmt ist. Ein bestimmter, konkreter Regelungsgehalt, der einem späteren Verpflichtungsantrag entgegen gehalten werden könnte, wäre dann gerade nicht gegeben. Das Problem, ob ein Beschlussantrag zu unbestimmt ist und daher zu Recht von den Eigentümern abgelehnt wurde, ist aber eine Frage der materiellen Rechtmäßigkeit des Beschlusses und damit der Begründetheit der Anfechtungsklage. Ergibt sich die Schützwürdigkeit der klägerischen Position jedoch erst auf Grund näherer Prüfung materiellrechtlicher (doppelrelvanter) Fragen, darf das Rechtsschutzbedürfnis nicht verneint werden (Zöller/Greger, 27. Aufl., Vor § 253 Rz. 18 a.E.).

b) Die Anfechtungsklage ist unbegründet.

Der Beschluss, durch den der Antrag der Klägerin auf Genehmigung der „Änderung des Geländers” auf der Dachterrasse der Klägerin abgelehnt wurde, entspricht ordnungsgemäßer Verwaltung. Der Antrag war nämlich nicht ausreichend bestimmt und konnte deswegen nicht angenommen werden. Er ist auf Genehmigung irgendeiner nicht näher spezifizierten Änderung des Terrassengeländers gerichtet, wobei die Details erst noch durch die Verwaltung in Abstimmung mit dem Beirat festgelegt werden sollten. Damit ist unklar, welche Änderung hier genau genehmigt werden sollte; der Antrag hatte keinen genehmigungsfähigen (konkreten) Inhalt.

Dass die Klägerin zu dem Zeitpunkt der Eigentümerversammlung das Geländer bereits eigenmächtig umgebaut hatte, ändert daran nichts, weil die Beklagten von diesem Umbau bei der Beschlussfassung unstreitig noch nichts wussten. Die Klägerin hatte ihrem Antrag auch keinerlei Pläne oder ähnliches beigegeben, aus denen die Beklagten einen konkreten Änderungsvorschlag hätten ersehen können.

2. Die Klage auf Feststellung, dass die Klägerin nicht verpflichtet sei, den Umbau des Dachterrassengeländers wieder rückgängig zu machen, ist unzulässig.

Es fehlt das Rechtsschutzbedürfnis für diese Klage.

a) Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt, wenn vorrangige Rechtsschutzmöglichkeiten gegeben sind, die noch nicht ausgeschöpft wurden. So entspricht es allgemeiner Meinung, dass bei auf § 21 IV WEG gestützten Ansprüchen eines Eigentümers gegen die übrigen Eigentümer einer WEG grundsätzlich der Anspruchsteller zunächst die Eigentümerversammlung mit seinem Anspruch befassen muss, bevor er Klage erheben kann (OLG Frankfurt ZMR 2006, 873; Spielbauer/Then, WEG, § 21 Rz. 39; Bärmann/Merle, WEG, 10. Aufl., § 21 Rz. 56; Niedenf...

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