Verfahrensgang

AG Berlin-Mitte (Aktenzeichen 13 C 15/19)

 

Tenor

Die Kammer beabsichtigt, die Berufung als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.

 

Gründe

I.

Die Berufung ist gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen, da sie offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat und auch die sonstigen Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 ZPO vorliegen.

Das Amtsgericht hat die von der Klägerin erhobene Räumungsklage zu Recht abgewiesen. Dagegen vermag die Berufung nichts zu erinnern.

Die streitgegenständliche Kündigungserklärung ist unwirksam, da sie den Formvoraussetzungen des § 573 Abs. 3 Satz 1 BGB nicht entspricht. Danach sind die Gründe für ein berechtigtes Interesse des Vermieters in dem Kündigungsschreiben anzugeben. Dem genügt die Kündigungserklärung vom 2. Juli 2018, die sich im Wesentlichen darauf beschränkt, dass die Klägerin, „die bekanntermaßen in London lebt, … die Wohnung für ihre notwendigen Aufenthalte in Berlin als Zweitwohnung …” benötige, nicht.

Der Zweck des gesetzlichen Begründungserfordernisses besteht darin, dem Mieter zum frühestmöglichen Zeitpunkt Klarheit über seine Rechtsposition zu verschaffen und ihn dadurch in die Lage zu versetzen, rechtzeitig alles Erforderliche zur Wahrung seiner Interessen zu veranlassen. Diesem Zweck wird im Allgemeinen Genüge getan, wenn das Kündigungsschreiben den Kündigungsgrund so bezeichnet, dass er identifiziert und von anderen Gründen unterschieden werden kann. Nur eine solche Konkretisierung ermöglicht es dem Mieter, der die Kündigung nicht hinnehmen will, seine Verteidigung auf den angegebenen Kündigungsgrund auszurichten, dessen Auswechselung dem Vermieter durch das Begründungserfordernis gerade verwehrt werden soll. Dementsprechend sind bei einer Kündigung wegen Eigenbedarfs grundsätzlich die Angabe der Person, für die die Wohnung benötigt wird, und die Darlegung des Interesses, das diese Person an der Erlangung der Wohnung hat, ausreichend (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urt. v. 15. März 2017 – VIII ZR 270/15, NJW 2017, 1474, beckonline Tz. 15). Diese Mindestangaben enthält das Kündigungsschreiben nicht.

Zwar benennt das Kündigungsschreiben mit der Klägerin die Person, für die Eigenbedarf geltend gemacht wird. Es fehlt aber an einer hinreichenden Darlegung des Kündigungsinteresses. Im Falle einer Eigenbedarfskündigung reicht die lediglich schlagwortartige Angabe des Nutzungsinteresse grundsätzlich nicht aus. Vielmehr muss zusätzlich ein konkreter Sachverhalt angegeben werden, auf den das Interesse dieser Person zur Erlangung der Wohnung gestützt wird und aus dem sich erkennen lässt, ob vernünftige und nachvollziehbare Gründe vorliegen (vgl. Hannappel, in: BeckOK BGB, 52. Ed., Stand: 1. November 2019, § 573 Rz. 129 m.w.N.).

Bei der kündigungsbedingten Geltendmachung von Eigenbedarf zur Nutzung einer bisherigen Mietsache als bloßer Zweitwohnung liegt es nicht auf der Hand, dass die beabsichtigte Nutzung vernünftig und nachvollziehbar ist. Auch wenn die Nutzung als Zweitwohnung nach der – nicht unumstrittenen und zweifelsfreien – Rechtsprechung des VIII. Zivilsenates des BGH zur Begründdung hinreichenden Eigenbedarfes nicht das Überschreiten einer konkreten „Mindestnutzungsdauer erfordert (vgl. BGH, Urt. v. 22. August 2017 – VIII ZR 19/17, NJW-RR 2018, 138, beckonline Tz. 3), ergibt sich ein hinreichendes Kündigungsinteresse gleichzeitig nur aufgrund einer Würdigung der Umstände des Einzelfalls (vgl. BGH, a.a.O.). Diese Einzelfallumstände müssen in der Kündigungserklärung zumindest im Wesentlichen angegeben sein. Das erfordert bei der beabsichtigten Nutzung der Mietsache als Zweitwohnung als ein wesentlicher von mehreren Einzelfallumständen eine Angabe zum Grund sowie zur Dauer und zeitlichen Intensität der beabsichtigten Nutzung. Denn nicht jede Nutzung als Zweitwohnung beruht auf vernünftigen und nachvollziehbaren Erwägen; vielmehr kann es etwa bei einer sehr seltenen oder kurzzeitigen Nutzung der Wohnung an einem „Benötigen” i.S.d. § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB fehlen oder ein Berufen darauf zumindest rechtsmissbräuchlich sein (vgl. Milger, NZM 2014, 770, 774 f.). Deshalb vermag ein Mieter, auch wenn er in der Regel Rechtsrat einholen wird, nur bei einer vollständigen Angabe der genannten Nutzungsumstände, seine Verteidigungsaussichten mit hinreichender Verlässlichkeit frühestmöglich – und damit vorgerichtlich – zu beurteilen, um im Falle der erfolgversprechenden Rechtsverteidigung sein späteres Prozessverhalten an den in der Kündigungserklärung vom Vermieter angegebenen Umständen des Einzelfalles auszurichten. Diese hinreichend umfassenden und aussagekräftigen Angabe indes enthält das Kündigungsschreiben nicht. Das führt – wie vom Amtsgericht zutreffend erkannt – zur formellen Unwirksamkeit der Kündigung.

Davon ausgehend bedarf es keiner abschließenden Entscheidung der Kammer, ob das von dem Beklagten bestrittene Nutzungsinteresse der Klägerin überhaupt besteht oder ob es sich bei der hier zu beurteilenden Kündigung um eine materiell unwirksame Vorratskündigung handelt (vgl...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt VerwalterPraxis. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge