Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 17.03.2006; Aktenzeichen 22 O 11/06)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 20.03.2008; Aktenzeichen IX ZR 2/07)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 17.3.2006 verkündete Urteil der Zivilkammer 22 des LG Berlin - 22 O 11/06 - teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 22.231,53 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.6.2005 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beitreibbaren Betrages abwenden, sofern nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des beizutreibenden Betrages leistet.

 

Gründe

A. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz einschließlich der dort von den Parteien gestellten Anträge und der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils wird auf das am 17.3.2006 verkündete Urteil der Zivilkammer 22 des LG Berlin - 22. O. 11/06 - Bezug genommen.

Gegen das ihm am 4.4.2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 3.5.2006 Berufung eingelegt und diese zugleich begründet. Er trägt vor, das LG sei im Wege der Überraschungsentscheidung rechtsirrig davon ausgegangen, dass der Kaufvertrag vom 9.5.1995 wirksam gewesen sei.

Der Kläger beantragt, unter Abänderung des Urteils vom 17.3.2006 den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 22.231,53 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.6.2004 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil und tritt dem Vorbringen des Klägers entgegen.

Unter dem 30.6.2006 hat der Senat dem Kläger einen Hinweis nach § 522 Abs. 2 ZPO erteilt, worauf der Kläger mit Schriftsatz vom 28.7.2006 Stellung genommen und ein Schuldanerkenntnis der C.M. GmbH vom 27.7.2006 vorgelegt hat, wegen dessen Inhalt auf die Anlage BK1 (Bl. 114 f. d.A.) Bezug genommen wird.

Wegen des Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

B. Die Berufung ist zulässig und begründet.

I. Dem Kläger steht gegen den Beklagten aus §§ 129, 143 Abs. 1, 130 Abs. 1 Nr. 2 oder 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO ein Anfechtungsrecht zu, denn dem Beklagte ist durch die Auszahlung des hinterlegten Betrages am 26.9.2003 und mithin nach dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom 8.9.2003 die Befriedigung der Mietforderung der S.S.u.M. GmbH (Im Folgenden: S. GmbH) gewährt worden, obwohl die Schuldnerin Z. zu dieser Zeit zahlungsunfähig war und der Beklagte dies auch wusste.

1. Der Beklagte hat aufgrund des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses, den die S. GmbH gegen die Schuldnerin Z. am 4.7.1996 erwirkt hat kein Recht auf abgesonderte Befriedigung aus § 88 InsO. Diesem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss lag kein wirksamer Vollstreckungstitel zugrunde.

a) Wie der Senat bereits in seinem Hinweis vom 30.6.2006 zum Ausdruck gebracht hat, geht er entgegen der Ansicht des LG mit dem Kläger davon aus, dass der notarielle Kaufvertrag vom 9.5.1995, auf dem der Vollstreckungstitel beruht, entsprechend der Begründung des LG Meiningen in den Urteilen vom 31.5.2001 und 28.3.2002 (Anlagen K8 und K10) formunwirksam und damit nichtig ist (§§ 313 BGB a.F., 125 BGB). Es mag sein, dass diese Feststellung als bloße Vorfrage der dortigen Entscheidung nicht in Rechtskraft erwachsen ist und der Senat daher daran nicht gebunden ist. Der Sachverhalt, der zu dieser Beurteilung geführt hat, ist aber auch vorliegend unter Bezugnahme auf die Entscheidungen vorgetragen worden und der Beklagte hat keine Umstände vorgetragen, die eine andere rechtliche Beurteilung rechtfertigen könnten.

b) Wie der BGH wiederholt entschieden hat, ist ein Vollstreckungstitel Grundlage und schlechthin unerlässliche Voraussetzung jeder Zwangsvollstreckung nach der ZPO (BGH NJW 1991, 496 und NJW 1993, 735). Nichtigen Rechtsakten kommt von Haus aus keinerlei Wirkung zu. Auf dieser Grundlage ist davon auszugehen, dass auch dem auf dieser nichtigen Grundlage erlassenen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss keinerlei Wirkung zukommt. Er ist ebenfalls nichtig und nicht nur lediglich anfechtbar. Den Fällen, in denen der BGH nur von einer Anfechtbarkeit ausgegangen ist (vgl. BGH NJW 1993, 735, 737), lagen den Zwangsvollstreckungsmaßnahmen wirksame Titel zugrunde, die nach ihrer Natur als Grundlage für Anordnungen der getroffenen Art grundsätzlich in Betracht kamen und lediglich fehlende Übereinstimmungen von Titelschuldner und Inhaber des Zugriffsobjekts bzw. von tituliertem und gepfändetem Zugriffsgegenstand auftraten. Diese Fälle sind jedoch nicht mit denen vergleichbar, bei denen ein nichtiger Rechtsakt Vollstreckungsgrundlage ist. Sie rechtfertigen daher eine unterschiedliche rechtliche Beurteilung (BGH, a.a.O.). Mit der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vom 4.7.1996 ist daher ke...

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