Normenkette

StVG §§ 7, 18; StVO § 38; BGB § 839; GG Art. 34

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 24 O 135/00)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten zu 1) gegen das am 9.4.2001 verkündete Urteil der Zivilkammer 24 des LG Berlin – 24 O 135/00 – wird zurückgewiesen.

Auf die unselbstständige Anschlussberufung der Klägerin, die i.Ü. zurückgewiesen wird, wird das am 9.4.2001 verkündete Urteil der Zivilkammer 24 des LG Berlin – 24 O 135/00 – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte zu 1) wird verurteilt, an die Klägerin 6.705,35 Euro nebst 4 % Zinsen aus 4.806,14 Euro seit dem 8.5.1999 und aus 1.899,21 Euro seit dem 11.2.2000 zu zahlen.

Die weiter gehende Klage wird abgewiesen.

Die Kosten der ersten Instanz sind wie folgt zu tragen:

Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten der Klägerin haben der Beklagte zu 1) 80 % und die Klägerin 20 % zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2) hat die Klägerin zu tragen.

Von den außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1) tragen der Beklagte zu 1) 90 % und die Klägerin 10 %.

Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen dem Beklagten zu 1) zu 92 % und der Klägerin zu 8 % zur Last.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Die zulässige Berufung des Beklagten zu 1) ist nicht begründet.

1. Entgegen der Ansicht des Beklagten zu 1) ist das angegriffene Urteil wirksam. Zwar ist das – in vollständiger Form vorliegende und von der Einzelrichterin unterzeichnete Urteil durch die Zivilkammer 24 und nicht durch diejenige Einzelrichterin verkündet worden, auf die der Rechtsstreit übertragen worden war und die das Urteil unterzeichnet hat. Doch führt ein Verfahrensfehler bei der Verkündung nur dann zur Aufhebung und Zurückverweisung der Sache, wenn die Entscheidung auf dem Verfahrensfehler beruht oder zumindest beruhen kann (Zöller/Vollkommer, ZPO, 21. Aufl., § 310 Rz. 9 m.w.N.). Wird ein vom zuständigen Einzelrichter unterzeichnetes Urteil durch einen hierzu nach dem Geschäftsverteilungsplan nicht zuständigen Richter verkündet, so kann grundsätzlich ausgeschlossen werden, dass die Entscheidung auf dem Verfahrensfehler beruht (KG v. 1.2.1999 – 12 U 7681/97, KGReport Berlin 1999, 229; Zöller/Vollkommer, ZPO, 21. Aufl., § 310 Rz. 9; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 21. Aufl., § 310 Rz. 14; vgl. auch BGHZ 17, 118).

2. Im Ergebnis zu Recht hat das LG dem beklagten Land die volle Haftung für die bei dem Verkehrsunfall vom 14.4.1999 am Fahrzeug der Klägerin mit dem polizeilichen Kennzeichen B. entstandenen Schäden auferlegt (§§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG, § 839 BGB, Art, 34 GG). Der Fahrer des von dem Beklagten zu 1) gehaltenen zivilen Polizeifahrzeuges mit dem polizeilichen Kennzeichen B. hat die für ihn durch Rotlicht gesperrte Kreuzung „B.-straße/St.-straße/P.-straße” sorgfaltswidrig überquert und dadurch den Unfall verursacht.

a) Auszugehen ist von den folgenden Grundsätzen, die der st. Rspr. des Senats entsprechen und dem beklagten Land aus mehreren Rechtsstreiten (u.a. KG Urt. v. 12.4.2001 – 12 U 14/99, KGReport Berlin 2003, 40) bekannt sind:

Auch für das Überqueren einer durch Rotlicht gesperrten Kreuzung kann ein Vorrang eines Dienstfahrzeuges durch rechtzeitiges Einschalten von Blaulicht und Martinshorn geschaffen werden (st. Rspr. BGHZ 63, 327 = MDR 1975, 392 = NJW 1975, 648; KG DAR 1975, 78 = VersR 1976, 887; KG DAR 1976, 16 = VersR 1976, 193; v. 13.10.1988 – 12 U 6020/86, VerkMitt 1989, 36 = NZV 1989, 192 = VersR 1989, 268; v. 14.7.1997 – 12 U 1541/96, KGReport Berlin 1997, 211 = MDR 1997, 1121 = VerkMitt 1998, 14; VerkMitt 1998, 90). Dieses Wegerecht wird durch die Signale Martinshorn und Blaulicht eines Einsatzfahrzeuges ausgelöst, und das Gebot nach § 38 Abs. 1 S. 2 StVO, freie Bahn zu schaffen, ist von den anderen Verkehrsteilnehmern unbedingt und ohne Prüfung des Wegerechts zu befolgen (KG v. 14.7.1997 – 12 U 1541/96, KGReport Berlin 1997, 211 = MDR 1997, 1121 = VerkMitt 1998, 14).

Das bedeutet jedoch nicht, dass der Fahrer eines Dienstfahrzeuges „blindlings” oder „auf gut Glück” in eine Kreuzung bei rotem Ampellicht einfahren darf. Er darf vielmehr auch unter Inanspruchnahme von Sonderrechten bei rotem Ampellicht erst dann in die Kreuzung einfahren, wenn er den sonst bevorrechtigten Verkehrsteilnehmern rechtzeitig zu erkennen gegeben hat, solche Rechte in Anspruch nehmen zu wollen, und sich überzeugt hat, dass ihn alle anderen Verkehrsteilnehmer wahrgenommen und sich auf seine Absicht eingestellt haben. Erst unter diesen Voraussetzungen darf er darauf vertrauen, dass ihm von den anderen Verkehrsteilnehmern freie Fahrt gewährt wird (§ 35 Abs. 8 StVO; BGH BGHZ 17, 118; KG v. 14.7.1997 – 12 U 1541/96, KGReport Berlin 1997, 211 = MDR 1997, 1121 = VerkMitt 1998, 14).

Der Fahrer des Einsatzfahrzeuges, der bei für ihn rotem Ampellicht eine Kreuzung überqueren will, muss sich vorsichtig in diese vortasten, um sich auf diese Weise davon zu überzeugen, dass sämtliche Teilnehmer des Querverkehrs die Signale wahrgenommen haben (KG, Urt. v. 5.3.1994 – 12 U 38...

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