Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertretungsbefugnis des WEG-Verwalters

 

Leitsatz (amtlich)

1. Soweit keine Interessenkollision vorliegt, kann der WEG-Verwalter die Eigentümergemeinschaft im gerichtlichen Verfahren umfassend vertreten. Es reicht regelmäßig, wenn die Wohnungseigentümer durch den Verwalter informiert werden und die Möglichkeit der Beteiligung am gerichtlichen Verfahren haben.

2. Bei der Prüfung der Ordnungsmäßigkeit von Verwaltungsmaßnahmen ist auf den Erkenntnisstand der beschließenden Wohnungseigentümergemeinschaft abzustellen. Spätere Erkenntnisse über die Angemessenheit der Verwaltungsmaßnahmen können weder eine ordnungsmäßige Maßnahme ordnungswidrig machen noch eine zunächst ordnungswidrige Maßnahme ordnungsmäßig werden lassen.

3. Die mit der Jahresabrechnung beschlossenen Aufrechnungsbefugnisse der Wohnungseigentümer hinsichtlich ihrer Abrechnungsguthaben müssen die Bestandskraft der Guthaben voraussetzen und dürfen sich nicht unbestimmt auf mehrere Jahresabrechnungen, Wirtschaftspläne und unbestimmt viele Sonderumlagen beziehen. Eine geltungserhaltende Reduktion von Eigentümerbeschlüssen durch das WEG-Gericht scheidet regelmäßig aus.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 18.09.2001; Aktenzeichen 85 T 83/01 WEG)

AG Berlin-Wedding (Aktenzeichen 70 II 300/00 WEG)

 

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten zu II.6) und 10) haben die Gerichtskosten dritter Instanz zu tragen. Außergerichtliche Kosten sind in keiner Instanz zu erstatten.

Der Geschäftswert dritter Instanz wird auf 25.000 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beteiligten zu I und II bilden die Wohnungseigentümergemeinschaft der im Rubrum bezeichneten Wohnanlage. Die Verwalterin ist als Notverwalterin bestellt.

In der Wohnanlage gilt mangels anderweitiger Regelung in der Teilungserklärung das Kopfstimmrecht. Die weiteren Beteiligten zu 1) bis 10) sind Angehörige der Familie S. bzw. Gesellschaften, die von Angehörigen der Familie S. vertreten werden. Die Beteiligten zu II.1) bis 10) stimmen - abgesehen von gelegentlichen Enthaltungen - in den Eigentümerversammlungen zu den einzelnen Tagesordnungspunkten stets mit gleicher Zielrichtung ab. Gegen die weitere Beteiligte zu 1) wurde am 23.6.1997 das Konkursverfahren eröffnet. Der Konkursverwalter gab die Wohnungen noch im August/September 1997 frei. Über die Wirksamkeit der Freigabe wird in zahlreichen Verfahren gestritten. Die weitere Beteiligte zu II.1) zahlt keine Wohngelder. Ihr Rückstand betrug bei Einleitung des hiesigen Verfahrens ca. 100.000 DM. Gegen sie und die weiteren Beteiligten zu II.2) bis 10) sind bzw. waren bei Verfahrenseinleitung zahlreiche Wohngeldverfahren anhängig. Das Gesamtvolumen dieser Verfahren betrug ca. 130.000 DM.

Die weiteren Beteiligten bezahlten im Jahr 2000 und im Jahr 2001 Wohngelder nur nach rechtskräftiger bzw. für sofort vollstreckbar erklärter gerichtlicher Verpflichtung hierzu.

Am 10.8.1998 beschloss die Eigentümerversammlung eine Liquiditätssonderumlage i.H.v. 300.000 DM. Die Eigentümer beschlossen mit den 10 Stimmen der weiteren Beteiligten zu 1) bis 10) auf der Eigentümerversammlung vom 22.2.2000 zu Tagesordnungspunkt 5a, die Sonderumlage vom 10.8.1998 aufzuheben, und untersagten dabei eine Verrechnung mit laufenden Wohngeldzahlungen. Das AG Wedding erklärte diesen Beschluss der Eigentümerversammlung mit Beschl. v. 24.5.2000 - 70 II 40/00 WEG II - für ungültig. In einem weiteren Verfahren setzte die Kammer mit Beschluss vom 7.3.2000 - 85 T 90/99 WEG - die Liquiditätssonderumlage auf 150.000 DM herab. Dieser Beschluss der Kammer ist rechtskräftig. Die weiteren Beteiligten zu 1) bis 10) zahlten die Sonderumlage nicht freiwillig, die sechs übrigen Eigentümer haben die - zum Teil herabgesetzte - Sonderumlage bezahlt.

Die Jahresabrechnung 1998 wies für einen Teil der weiteren Beteiligten zu 1) bis 10) Guthaben auf. Die Jahresabrechnung 1998 wurde angefochten. Die Kammer erklärte die Jahresabrechnung mit Beschl. v. 6.6.2000 - 85 T 308/99 WEG - für ungültig. Gegen den Beschluss der Kammer legten verschiedene Miteigentümer sofortige weitere Beschwerde ein.

Bis zum 3.12.1999 verwaltete die ... Wohnungsverwaltungs GmbH (im Folgenden: "... GmbH") die Wohnanlage. Die ... GmbH wurde durch Beschluss der Kammer vom 3.12.1999 - 85 T 87/99 WEG - als Verwalterin abberufen. Der Beschluss ist rechtskräftig.

Das AG Wedding berief durch Beschl. v. 25.1.2000 - 70 II 6/00 WEG (= 85 T 40/00 WEG) - die Verwalterin zu III bis zum Dezember 2002 als Notverwalterin mit der Maßgabe, dass diese nur aus wichtigem Grund abberufen werden dürfe. Das AG ordnete die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung an.

Am 12.5.2000 leitete die Verwalterin zwölf Zahlungsverfahren gegen die weiteren Beteiligte zu 1) bis 10) wegen Rückständen aus der bestandskräftigen Jahresabrechnung 1996 sowie aus der herabgesetzten Sonderumlage ein.

Auf der Eigentümerversammlung vom 30.11.2000 beschlossen die Eigentümer mit den Stimmen der weiteren Beteiligten zu 1) bis 10) zu Tagesordnungspunk...

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